Seewölfe Paket 35. Fred McMason

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Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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und das Segel gesetzt. Es war nur ein kleines Mattensegel, aber der Wind blähte es und schob das Boot ziemlich rasch über das Wasser.

      Malindi setzte sich an die Pinne und bewegte das Ruder so, bis sie genau nach Osten segelten. Zitternd zeigte die Nadel nach Norden. Es war ganz einfach, das Boot nach ihr auszurichten, sobald man erst ein wenig Übung darin hatte.

      Chandra nahm sein Messer und zerteilte damit eine der großen Wassermelonen. Er schnitt sie in halbe Scheiben und reichte eine davon Malindi.

      Das Fruchtfleisch war rosarot und sehr saftig, und es löschte hervorragend den Durst.

      Von jetzt an ging alles spielend leicht, und sie hatten nichts weiter zu tun, als sich alle paar Stunden an der Pinne abzulösen.

      Schon nach kurzer Zeit versank der Küstenstrich hinter ihnen und wurde zu einem dunstigen Gebilde, das sie nach einer weiteren halben Stunde aus den Augen verloren.

      „Bis hierher fahren die Fischer immer hinaus“, sagte Chandra. „Ich glaube, soweit, wie wir jetzt draußen sind, ist noch kein Fischer jemals hinausgefahren.“

      „Bestimmt nicht. Ich war auch noch nie soweit draußen, aber das ist ja erst der Anfang. Wir müssen noch viel weiter hinaus.“

      Nach einer Weile wurde allen beiden etwas unbehaglich zumute. Nirgendwo war mehr Land zu sehen. Sie bewegten sich fast lautlos auf einer riesigen Fläche, die scheinbar keinen Anfang und kein Ende hatte.

      „Keine Angst“, sagte Malindi und gab sich etwas überlegen. „Wir schaffen es schon. Es ist nur etwas ungewohnt, und wir müssen beten, daß kein Sturm losbricht.“

      Weil sie alle beide Angst hatten, flehten sie die Götter an, ihnen keinen Sturm zu schicken.

      Die Götter erhörten ihre Gebete jedoch nicht, und auch der große Subedar schien die Kontrolle über sie verloren zu haben.

      Am späten Nachmittag jagten dunkle Wolkenbänke heran, die rasch größer wurden und immer stärker aufquollen. Sie ballten sich zusammen, bis sich der Himmel verfinsterte.

      „Das ist der Kal-baishakhi“, flüsterte Chandra. „Der Gewittersturm, den wir schon vor ein paar Tagen erlebt haben. Er hat sich verspätet, wie er das oft tut.“

      Malindi nickte nur und blickte in den finsteren Himmel. Dort, wo Himmel und Wasser sich scheinbar berührten, war alles schwarz, und man konnte oben und unten nicht mehr unterscheiden.

      Überall sah es jetzt so aus. Auch der Wind flaute merklich ab, um neue Kräfte zu sammeln.

      Sie kannten diesen Gewittersturm, der mit verheerender Gewalt über das Land und Meer raste. Er fegte auch durch die Sümpfe und knickte Bäume und Sträucher, und er wühlte im Sumpf, den er zu großen Blasen aufwarf, bis er zu kochen schien.

      Nach einer Weile war es totenstill um sie herum geworden. Das Meer war dunkel, tief und ruhig wie schwarzes Glas, durch das man nicht hindurchsehen kann. Das Segel hing schlaff vom Mast, und die ganze Welt hielt den Atem an.

      „Wir sollten das Segel wegnehmen“, sagte Malindi heiser. „Wenn der Wind einfällt, kann er es zerfetzen. Dann sind wir hilflos.“

      In aller Eile holten sie das Segel ein und sahen nach, ob auch die eingebauten Holzkammern dicht waren.

      „Das Auge Subedars ruht nicht mehr wohlgefällig auf uns“, sagte Chandra verzweifelt. „Was haben wir falsch gemacht?“

      Malindi dachte an seine bösen Gedanken und wurde erneut von Zweifeln gemartert. Es konnte sein, daß der Geist der Nadel sie nur auf die Probe stellen wollte. Es konnte aber auch sein, daß er etwas gemerkt hatte und jetzt böse wurde.

      Inzwischen hatte sich der Himmel noch weiter verfinstert. Es war jetzt so dunkel wie bei der kurzen Dämmerung. Auch das Meer hatte die gleiche, unheimliche Farbe angenommen.

      Da sahen sie, wie der dunkle Himmel sich spaltete. Er zeriß übergangslos in zwei riesige Teile.

      Ein gewaltiger Blitz hieb ins Meer. Bevor er verschwand, verästelte er sich wie ein Baum. Ein gewaltiges Donnergrollen war zu hören. Es ertönte von überallher und brüllte in ihren Ohren, und es schien kein Ende mehr zu nehmen. Auch roch die Luft plötzlich so ganz anders.

      Die beiden zuckten zusammen und kauerten sich zwischen den Duchten nieder. Angstvoll starrten sie auf das sich ankündigende Unwetter.

      „Hilf uns!“ flehte Malindi.

      Er blickte auf die Nadel und zuckte abermals zusammen, als sie immer stärker zu zittern begann. Als wieder ein Blitz niederfuhr und der Donner in ihren Ohren wild und tosend rumorte, drehte sich die Nadel wie verrückt im Kreis und fand nur sehr schwer in ihre übliche Lage zurück.

      Über das blanke Meer fuhr ein Lufthauch, der es nervös kräuselte. Winzige Trichter erschienen im Wasser und drehten sich rotierend um ihre eigene Achse. Dem Lufthauch folgte ein wilder Atem, der wütend über die gekräuselte Oberfläche blies und sie weiter aufwühlte.

      Nach dem dritten Blitz mit seinem ohrenbetäubenden Krachen und Donnern begann es über der See zu rauschen.

      Eine Wasserwand rückte auf sie zu wie eine dunkelgraue Mauer, die sich aus dem Meer erhob.

      Der Regen prasselte nur so nieder. Wind fuhr in ihn hinein und trieb ihn fast waagerecht über das Wasser. Der Regen tat weh, obwohl er lauwarm war. Er bohrte sich scharf in die Haut und peitschte sie wild.

      Chandra und Malindi lagen jetzt zusammengekauert unter den Duchten und wagten nicht, sich zu rühren.

      Der Regen rann über ihre Körper und sammelte sich im Boot. Es schien kein Ende mehr zu nehmen.

      Noch schärfer wurde der Wind. Er fuhr mit tausend Armen über das Wasser, das in immer stärkere Bewegung geriet und sich zu hohen Wellen auftürmte. Das Boot begann wild zu schaukeln.

      Die beiden Inder ließen alles über sich ergehen. Sie hatten keinerlei Erfahrung auf See und wußten nicht, wie sie sich verhalten sollten.

      An Land wären sie einfach in die nächste Hütte gerannt, um sich darin zu verkriechen. Hier konnten sie aber nur kauern und warten, bis alles vorbei war.

      Das Boot schlingerte jetzt so wild, daß sie sich verzweifelt an die Duchten krallen mußten. Es legte sich weit über, und jedesmal schoß ein dicker Wasserstrahl hinein. Schon nach kurzer Zeit schwamm die kleine Gräting auf, weil sich unter ihr ein kleiner See gebildet hatte.

      Sie merkten nicht, daß sie laut brüllten und heulten. Sie flehten alle Götter an, und sie schwiegen erst dann entsetzt, als ein unglaublich harter Schlag das Boot erschütterte und halb auf die Seite warf.

      Da nahm Malindi an, sein und Chandras letztes Stündlein habe geschlagen.

      Das Boot torkelte hilflos durch die See, gepeitscht vom Wind und vom fauchenden Regen, hochgeworfen von den sich auftürmenden Wogen und wieder in tiefe Wellentäler zurückgeschleudert. Jedesmal krachte und knackte es, als würde das Boot sich auflösen.

      Sie scheuerten sich die Hände wund, ihre Knie bluteten, und mehr als einmal schluckten sie salziges Wasser, das im Hals brannte und Übelkeit erzeugte.

      Stundenlang ging das so. Sie hoben aus lauter Angst nicht mal die Köpfe. Sie waren fertig und erledigt und fest davon überzeugt, jeden Augenblick sterben zu müssen.

      Nach einer Weile hob Malindi vorsichtig den Kopf. Chandra starrte ihn aus großen, entsetzten Augen an. Das fürchterliche Tosen hatte aufgehört, und das Rauschen war verklungen.

      Langsam erhoben sie sich und sahen sich ungläubig um.

      Ganz hinten an der Kimm schien wieder die Sonne durch die sich langsam verziehenden Wolkenbänke. Es regnete nicht mehr, nur die See war noch aufgewühlt und schaukelte das Boot hin und her. Die riesige Wolkenwand zog mit ihren Wassermassen und den fürchterlichen Blitzen weiter.

      „Wischnu hat uns errettet“, sagte Chandra atemlos. „Wir haben es überlebt.“

      „Ja, wir haben …“


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