Seewölfe Paket 35. Fred McMason

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Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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und die Ausbuchtung war voller Wasser.

      „Oh, großer Geist!“ rief er aus. „Die magische Nadel …“

      „Sie ist weg!“ schrie Chandra. „Das Meer hat sie geholt! Jetzt sind wir verloren!“

      Das verlorengegangene Auge Subedars war ein herber Verlust für sie, den selbst Malindi fürchtete. Aber irgendeine ferne Stimme in ihm frohlockte auch. Sie hatten jetzt keinen Aufpasser mehr, und es hatte sich gezeigt, daß auch das magische Auge der Götter verletzlich war und nicht die Kraft hatte, den wütenden Elementen zu trotzen.

      Sie standen bis zu den Knien im Wasser und blickten sich ratlos an.

      Ringsum war nichts als die gigantische Wasserfläche ohne Land, eine Wüste, die lebte und atmete, wenn sie sich hob und senkte.

      „Wir müssen nach Osten segeln“, sagte Malindi. Er versuchte, sich am Stand der Sonne zu orientieren, aber es fiel ihm schwer. „Weißt du die Richtung genau?“

      „Ich bin mir nicht ganz sicher. Die Sonne hat mich getäuscht, als sie verschwand.“

      Die setzten wieder das Segel und sahen nach, ob ihr Proviant das Unwetter heil überstanden hatte.

      Die Melonen hatten ein paar Druckstellen, aber sonst schien alles in Ordnung zu sein.

      Das Boot lief jetzt nur ganz langsam und behäbig. In jedem Wellental schlug wieder Spritzwasser hinein.

      Chandra nahm eine halbe Kokosnußschale und reichte eine andere Malindi. Damit östen sie das Wasser aus, und es dauerte eine Ewigkeit, bis es wieder da war, wo es hingehörte.

      Dabei entdeckte Chandra das Brettchen. Es hatte sich unter Wasser in der Gräting verklemmt und war dort verkeilt. Mit einem glücklichen Lächeln zeigte er es Malindi.

      „Das Brettchen nutzt uns nichts“, erklärte Malindi Rama fast verächtlich. „Ohne die magische Nadel ist es nur ein wertloses Stückchen Holz und nichts weiter. Wir können es drehen, wie wir wollen, es wird uns keine Richtung anzeigen oder immer die, die wir gerade haben wollen. Wirf es über Bord.“

      „Nein, das werde ich nicht tun. Wir behalten es, auch wenn es ohne den Geist wertlos geworden ist.“

      Chandra Muzaffar legte das Brettchen wieder in den ausgehöhlten Teil der Ducht zurück.

      Sie östen weiter, bis auch das letzte Wasser aus dem Boot war. Als sie die Gräting wieder einsetzten, sah Malindi es an einer Stelle über der Plicht fahl glänzen und bückte sich.

      Das Auge des Subedar sah ihn an mit seinem silbrigen Schimmer. Es lag ganz ruhig da, ohne sich zu bewegen – so, als sei es tot und für alle Zeiten erloschen.

      Malindi blickte es unauffällig an, um nicht Chandras Aufmerksamkeit zu erregen. Wie unabsichtlich stellte er den Fuß über die Nadel und mühte sich mit der Gräting ab.

      Wenn das Auge Subedars da liegen bleibt, dachte er, bin ich den Spion endlich los, der uns immer belauert. Ich kann es ja einfach übersehen haben, und solange die magische Nadel nicht in ihrem Brett auf dem. Nagel sitzt, ist sie kraftlos und hat anscheinend keinerlei Einfluß. Dann kann mich auch keiner mehr beobachten.

      Aber das Auge Subedars war unberechenbar und tückisch. Er rutschte auf dem glatten Teil der Gräting ab und schrie laut auf, als etwas Spitzes in seinen Fuß drang. Er hob das Bein hoch und sah einen Blutstropfen, der herablief.

      Die magische Nadel hatte ihn gestochen, der Geist, der in ihr wirkte, ihn mahnend daran erinnert, nicht leichtfertig zu sein.

      „Was hast du denn?“ fragte Chandra, der gerade die Pinne übernehmen wollte. „Laß mal sehen.“

      Er fand natürlich die Nadel und klatschte laut in die Hände, ohne sich um die kleine Wunde Malindis zu kümmern.

      „Ich wußte es!“ rief er erfreut. „Ich habe gewußt, daß das Auge über uns wacht. Es hat uns geholfen, und es wird uns wieder den richtigen Weg weisen.“

      Wie ein Heiligtum nahm er die Nadel und setzte sie wieder auf die alte Stelle zurück. Kaum berührte sie den Nagel, da begann sie auch schon zu zittern und zu kreisen, bis sie wieder auf den alten Punkt wies, wo sich das Zentrum der unbekannten Macht befand.

      Jetzt war es nur noch ein Kinderspiel, den Kurs auszurichten und weiter nach Osten zu segeln.

      Sie segelten in die Nacht hinein. Der Himmel war voller Sterne wie aufgezogene Perlenschnüre, und auch der Mond schien hell und silbern auf das Wasser.

      In seinem silbrigen Schein schien die Spitze der Nadel zu glühen und zu blinken und wies ihnen auch weiterhin den Weg.

      Sie aßen etwas, tranken dazu das mitgenommene Wasser und starrten schweigend über die Unendlichkeit des Meeres. Irgendwo, noch weit vor ihnen, mußte Ceylon liegen, die Perle Indiens, das Juwel des Ostens, wie es die Araber nannten.

      Von den Aufregungen des Tages müde geworden, suchte sich Chandra ein Plätzchen zum Schlafen unter der vorderen Ducht, während Malindi an der Pinne hockte und finster in die Nacht starrte.

      Der Subedar oder sein Geist war wieder bei ihm, und er war auch nicht loszuwerden. Malindi fragte sich, was wohl geschehen würde, wenn er das Brettchen in die Hand nahm und ins Wasser warf. Würden die Geister wieder an die Oberfläche zurückkehren und Rache an ihm nehmen? Oder würden sie ganz still und friedlich in dieser unauslotbaren Tiefe für alle Zeiten versinken?

      Er wußte es nicht, und als er einmal die Hand ausstreckte, da war ihm, als tauche der große Subedar mit seinem weißen Bart aus der See auf und schüttele drohend den Kopf.

      Sofort zog er die Hand zurück, als habe sie Feuer berührt.

      Ein paar Stunden später verspürte er Schmerzen im Fuß, wo ihn die Nadel gestochen hatte. Im Mondlicht sah er, daß der Fuß dick angeschwollen war und bei jeder Bewegung weh tat.

      Er weckte Chandra, damit der ihn ablöste und zeigte ihm das Bein.

      „Das sieht aber schlimm aus“, sagte Chandra besorgt. „Die Geister haben dir die Wunde beigebracht“, weil du sie mit Füßen getreten hast.

      „Ich habe sie nicht gesehen“, log Malindi. „Ich bin nur aus Versehen draufgetreten.“

      „Vielleicht hattest du schlechte Gedanken, die dem großen Subedar nicht gefallen haben, und er hat dich dafür bestraft.“

      „Quatsch, ich habe keine schlechten Gedanken. Ist denn der Gedanke an den Raub der Reliquie schlecht?“

      „Nein, das glaube ich nicht. Wir erzürnen dadurch ja nicht die Götter, sondern nur die Singhalesen.“

      Sie säuberten die Wunde, so gut sie konnten, aber nach zwei weiteren Stunden wurde Malindi schlecht, und er fieberte.

      Er fing an zu phantasieren und redete fortlaufend von dem wilden Auge, das ihn ständig verfolgte. Manchmal flehte er auch laut die Götter und geheimen Kräfte an, sie mögen ihm vergeben wegen seiner schlechten Gedanken.

      Am anderen Morgen hatten die Götter ein Einsehen, offenbar weil Malindi zerknirscht um Gnade gebeten hatte. Die Schwellung ging zurück, und das Fieber klang ab.

      Mit einem wechselnden Gefühl aus Haß und Liebe blickte er auf die geheimnisvolle Nadel.

      Er nahm sich vor, in Zukunft sehr vorsichtig zu sein.

       3.

      Am Vormittag des dritten Tages verschluckte sich Malindi vor Aufregung an einer Melonenscheibe. Er biß gerade hinein, als er einen dunstigen Strich voraus sah.

      „Land!“ rief er. „Land, Chandra, da vorn!“

      Das Segel war so weit ausgebaumt, daß Chandra es nicht gleich bemerkt hatte. Er blickte genauer hin und verriß vor Aufregung die Pinne.

      „Wahrhaftig, Land“, sagte er andächtig. „Das Auge Subedars hat uns zum Land geführt.“

      „Und


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