Seewölfe Paket 35. Fred McMason
Читать онлайн книгу.er damit einverstanden ist oder nicht. Ich bin nicht versessen darauf, auch Läuse sonstwo zu haben.“
„Das wird ihm nicht gefallen, Sir.“
„Mir gefällt das auch nicht. Aber hier entscheidet die Mehrheit und nicht ein einzelner.“
Mac Pellew erklärte sich bereit, den Burschen einzuseifen und ihm eine prächtig funkelnde Glatze zu verschaffen.
„Das ist mir zweimal lieber, als wenn wir alle mit einer Platte herumlaufen müssen“, sagte er verdrießlich. „Läuse, pfui Teufel! Ich kann die Biester nicht ausstehen. Die sind noch schlimmer als Wanzen.“
Die Zwillinge verklarten Malindi sehr höflich, daß sein Kopfputz fallen müsse, und sprachen von kleinen Tierchen, die sich bei ihm eingenistet hätten. Und weil die anders nicht wegzukriegen seien, müsse er eben ein paar Haare opfern, die ja ohnehin bald wieder nachwachsen würden. Es sei nicht weiter schlimm.
Für die Arwenacks war das wirklich nicht weiter schlimm. Aber Malindi sah das völlig anders und erschrak tödlich. Er begann zu zittern, bis sie seine Zähne klappern hörten, und er riß ein paarmal den Mund auf, um etwas zu sagen.
„Ich bin ein heiliger Mann“, sagte er drohend. „Ein heiliger Wanderasket. Meine Religion verbietet mir, die Haare schneiden zu lassen. Wer sie mir schneidet, der tötet mich, und wer das mit Gewalt versucht, den werde ich töten.“
„Ich denke, du bist ein Fischer“, sagte Hasard argwöhnisch. „Jetzt bist du auf einmal ein Heiliger und ein Asket?“
„Ich bin alles“, sagte Malindi stolz.
„Religion hin, Religion her“, knurrte der Profos finster. „Ihm geschieht ja nichts weiter, als daß er ein paar Haare läßt. Ich traue dem Burschen nicht. Der belügt uns aus irgendeinem mir unbekannten Grund. Aber er kriegt eine Platte verpaßt, so wahr ich Edwin Carberry heiße und auf keinem Läusekahn fahre.“
„Dann also mit Gewalt?“ fragte Philip.
„Wenn er nicht freiwillig will, dann mit Gewalt“, bestätigte der Mann der Edwin Carberry hieß und auf keinem Läusekahn fuhr.
Dennoch versuchten es die Zwillinge noch einmal mit Geduld und Überredungskunst. Sie sagten auch, daß es für alle sehr unangenehm sei, von diesen Blutsaugern befallen zu werden, und Malindi müsse das – bitte sehr – doch einsehen.
„Faßt mich nicht an!“ schrie Malindi gellend.
Er sprang auf die Füße, blitzschnell wie ein Panther, zog sein spitzes Messer und stach damit wild um sich. Dann drehte er sich um seine eigene Achse und senste mit dem Messer durch die Luft.
Philip und Jung Hasard mußten sich ducken, sonst wären sie von dem Messer getroffen worden.
Ziemlich verdutzt blickten sie ihm nach. Der dürre Kerl zeterte und kreischte wie ein Irrer und rannte nach vorn, wobei er jeden mit seinem Messer bedrohte, der ihm den Weg zu versperren drohte.
Stenmark wich verblüfft zurück und konnte einem wild geführten Stich gerade noch ausweichen.
Blacky mußte vor dem rasenden Kerl ebenfalls in Deckung gehen, der jetzt regelrecht Amok lief.
Hasard sah das Drama mit schmalen Augen.
„Das hat nichts mit seiner Religion zu tun“, sagte er hart. „Da steckt etwas anderes dahinter. Fangt den Kerl ein, bevor er noch jemanden umbringt. Der wird ja immer gefährlicher.“
Malindi bewegte sich schnell wie ein Affe. Er ging auf Big Old Shane los und senste mit dem Messer durch seinen Bart. Der grauhaarige Ex-Schmied war so verblüfft, daß er dem rasenden Kerl nur fassungslos nachstarrte.
Jetzt aber begann die Jagd auf Malindi, denn der kriegte es in seinem Wahn fertig und erstach noch ein paar Männer. Er war wie ein Tobsüchtiger, der nur noch Feinde um sich sah, und er geriet fast in einen Blutrausch, als er mit einem wilden Satz Luke Morgan ansprang.
Malindi entwickelte ungeahnte Kräfte und tobte wie ein Berserker über die Decks.
Luke duckte sich, konnte aber nicht verhindern, daß das Messer eine Spur durch seinen Arm zog. Der Stich ritzte gerade seine Haut auf, und da explodierte der jähzornige Luke Morgan.
Er wirbelte herum und feuerte eine brettharte Rechte ab. Seine knochige Faust erwischte Malindi unter dem Kinn, und von da ab war für den Kerl alles gelaufen.
Er blieb abrupt stehen, als sei er gegen einen Mast geprallt, wankte ein bißchen, kriegte glasige Augen und torkelte drei Schritte zurück. Er fiel über eine Gräting an Deck und blieb mit ausgestreckten Armen auf den Planken liegen.
Der Profos schnappte sich den Dürren und paßte auf, nicht in zu enge Berührung mit ihm zu geraten.
„Fesseln!“ befahl Hasard. „Der Kerl ist unberechenbar. Geht kein Risiko ein.“
Das Messer nahm der Kutscher an sich, während der Profos dem wilden Bürschchen eine Leine um den ausgemergelten Körper schlang und ihm die Arme so fesselte, daß er sich nicht mehr bewegen konnte.
Dann setzten sie ihn auf die Gräting, und Mac Pellew brachte mit Bitterleidensmiene eine Kupferschere zum Vorschein.
„Beeil dich bloß“, sagte Carberry, „sonst hauen die Läuse ab, und wir haben sie.“
Mac schnippelte schnell die erste Strähne des langen Haares ab und warf sie über Bord. Dabei zog er ein Gesicht wie ein Clown, dem man einen faulen Fisch ins Maul geschoben hat.
Eine Strähne nach der anderen fiel, und dann kam Malindi ganz plötzlich wieder zu sich und schlug die Augen auf.
Er schrie wie am Spieß, konnte sich aber nicht bewegen, denn was der Profos einmal zusammengeknotet hatte, das hielt bis zum Sankt Nimmerleinstag. Als alles nichts half, spuckte er die Arwenacks an, und der Profos wollte ihm schon ein kleines Hämmerchen verpassen.
Aber Mac Pellew war schneller. Er hatte einen Rasierpinsel neben sich liegen, der voller Schmierseife war.
Den stopfte er Malindi ungerührt in die brüllende Futterluke, und danach war der Inder still und friedlich und nuckelte an dem Pinsel herum. Nur an seinen wildrollenden Augen war zu erkennen, daß ihm diese Art Nuckel absolut nicht schmeckte.
Als die letzte Strähne gefallen war, schimmerte die Kopfhaut seltsam dunkelblau und unnormal.
Mac rieb den Kopf mit Seife ein, nahm das Messer und schabte die letzten Stoppeln weg.
Die Gesichter der Arwenacks wurden immer länger und verblüffter, als Mac mit Wasser nachspülte und die Platte danach blitzblank war.
Fassungslos starrten sie auf ein kleines Meisterwerk, das jetzt auf dem kahlen Schädel prangte. Sie umstanden Malindi im Halbkreis und konnten es nicht fassen.
Auf der Kopfhaut befand sich eine Karte, sauber und exakt eintätowiert für alle Zeiten. Sie zeigte, so nahm Hasard jedenfalls an, einen Teil der Insel Ceylons, die hinter der Kimm an Steuerbord lag.
„Das sieht wie eine Tempelanlage aus“, sagte der Seewolf verblüfft. „Es kann natürlich auch eine Schatzkarte sein.“
„Eine lebende Schatzkarte, das ist es!“ sagte Old Donegal heiser. „Jetzt verstehe ich auch, warum sich der Kerl so seltsam benommen hat. Na klar, jemand hat ihm diese Karte auf den Schädel tätowiert, und dann sind die Haare wieder nachgewachsen.“
„Zweifellos sind zwei Tempel zu erkennen“, sagte auch Dan O’Flynn staunend. „Das erklärt natürlich manches.“
„Und das erklärt auch, daß er uns angelogen hat“, sagte Hasard. „Seine Geschichte stimmt vorn und hinten nicht. Aber das ist nicht unsere Angelegenheit.“
Die Zwillinge fragten Malindi aus, doch der schwieg tödlich beleidigt und völlig verstockt. Er starrte sie nur haßerfüllt an.
„Sollen wir ihn losbinden?“ fragte der Profos.
„Nur, wenn er verspricht, keine Dummheiten zu begehen“,