Privatdetektiv Joe Barry - Sein Freund der Henker. Joe Barry

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Privatdetektiv Joe Barry - Sein Freund der Henker - Joe Barry


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      Jerry Cotton

      Privatdetektiv Joe Barry

      Sein Freund der Henker

      SAGA Egmont

      Privatdetektiv Joe Barry - Sein Freund der Henker

      Copyright © 1963, 2017 Joe Barry Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

      All rights reserved

      ISBN: 9788711669105

      1. Ebook-Auflage, 2017

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt og Ringhof gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

      1. Kapitel

      Der Mann, der unter dem Namen Nickboy in die Geschichte der amerikanischen Unterwelt eingehen sollte, blieb bis zu seiner Hinrichtung im Staatsgefängnis Scranton, Pennsylvania, in mancher Hinsicht rätselhaft. Es gab nur wenige Dinge, die man über ihn wußte. Dazu gehörte

      l. daß Nickboy mit richtigem Namen Nick Romano hieß, aus Neapel stammte und zwischen 1957 und 1959 illegal in die Vereinigten Staaten gelangt war;

      2. daß er der Chef einer Bande war, die vom Rauschgifthandel über Kidnapping bis zum Raubüberfall keine Sparte krimineller Möglichkeiten ungenutzt ließ;

      3. daß er es meisterhaft verstand, seine Spuren zu verwischen, weswegen man ihm in dieser Hinsicht nichts nachweisen konnte;

      4. daß er aber hinreichend überführt war, am 31. Oktober 1962 den Bankkassierer Steve Forester in Utica, New York, vorsätzlich ermordet zu haben.

      Während Punkt 2 und 3 von dem Geschworenengericht als zwar wahrscheinlich, aber unbeweisbar betrachtet wurden, sah man Punkt 1 und 4 als erwiesen an. Die Beweise durch Zeugenaussagen und Indizien schienen lückenlos. Nicht zuletzt verdankte man diesen Erfolg einer Sonderkommission der Polizei, die aus New York City in das kleine Utica gekommen war. Das Verbrechen hatte weithin Abscheu erregt; um so anerkennender berichteten die Zeitungen über die erfolgreiche Arbeit der Polizei.

      Am 15. März 1963 trat das Schwurgericht in Utica zusammen und fällte nach zweitägiger Verhandlung seinen Spruch. Alle Geschworenen stimmten für schuldig. Nick Romano wurde zur Höchststrafe verurteilt, und das bedeutete Hinrichtung auf dem Elektrischen Stuhl.

      Er wurde nach Scranton in die Todeszelle gebracht. Im April 1963 waren alle Revisionsmöglichkeiten erschöpft; ein Gnadengesuch, vom Anwalt des Verbrechers, Cyril Hopkins, gestellt, wurde erwartungsgemäß abgelehnt. Auch ein Appell, den einige Gegner der Todesstrafe an den Gouverneur richteten, blieb ungehört. Cyril Hopkins, der Anwalt, versuchte noch im letzten Augenblick die öffentliche Meinung zu mobilisieren. Er mußte aber erleben, daß die Presse einstimmig gegen seinen Mandanten Stellung nahm. Nick Romano hatte keine Sympathien mehr.

      Das Datum der Hinrichtung wurde festgesetzt.

      Am 15. Mai war es soweit.

      Die grelle Deckenlampe brannte Tag und Nacht; in der großen quadratischen Zelle herrschte eine unerträglich stikkige Luft. Der Gefangene, den man seit sieben Monaten keine Sekunde aus den Augen gelassen hatte, schlief. Die Zeiger der elektrischen Wanduhr krochen langsam auf sechs Uhr zu.

      Mat Mahonney erhob sich aufseufzend. Seit zwei Jahren tat er im Trakt der Todeskandidaten Dienst und noch immer hatte er sich nicht daran gewöhnt. Sein Kollege Pharson war da besser dran; fünfzehn Jahre im Bau, der kälteste aller Pharisäer.

      Die beiden Beamten waren ausschließlich zur Bewachung von Nick Romano abgestellt. Neben der Zelle war ein schmaler Raum, durch ein Fenster mit der Zelle verbunden. Ein Beamter hielt sich ständig in der Zelle auf, einer in dem Raum daneben — so wollte es die Vorschrift. Alle sechs Stunden war Ablösung.

      Mat warf noch einen Blick durch das Fenster. Neben dem schlafenden Gangster saß Pharson. Die Mütze im Nacken, spielte er mit der Schlaufe seines kurzen, ungestrichenen Holzknüppels. Sturer Bursche, dachte Mat. Dann fiel sein Blick wieder auf Nick Romano.

      Der schlief, wirklich und wahrhaftig; zwanzig Minuten vor seiner Hinrichtung schlief er. Die lange, sehnige Gestalt hob und senkte sich unter den regelmäßigen Atemzügen. Selbst jetzt zeigte das Gesicht noch den gewohnt energischen Ausdruck: die zusammengezogenen Brauen, schwere, beschattete Lider, seine Haut, straff gespannt über den Backenknochen und gelblich geworden in den Monaten der Haft.

      Das Nervenkostüm könnte ich bei meiner Alten gebrauchen, dachte Mat.

      Es war bei weitem nicht die erste Hinrichtung, die er mitmachte, aber er hatte sich nie daran gewöhnen können. Und wieder wurde ihm klar, daß ihm das auch nie gelingen würde. Mat Mahonney war ein empfindsamer Mensch; in seiner Freizeit züchtete er Rosen.

      Sein Blick wanderte zur Wanduhr. Fünf vor sechs.

      Er zog den Gürtel straff und trat hinaus auf den Gang.

      Auf dem langen, eisenbeschlagenen Zellengang näherte sich eine kleine Prozession. Die Gentlemen waren pünktlich. Noch nie war es vorgekommen, daß eine Hinrichtung nicht auf die Minute genau stattgefunden hätte.

      Der Leutnant von der Wachstube betätigte den Schieber der letzten Tür. Fünf Sicherungen umgaber. den Todestrakt; noch nie war ein Ausbruch von hier gelungen.

      Einzeln traten die Männer durch die schmale Öffnung in dem zollstarken Gitter.

      Der Zuchthausdirektor, klein, dick und nervös; der District Attorney, schmallippig und beherrscht; die gesetzlich vorgeschriebenen Zeugen, alle in Schwarz; die Cops. Ein großer Mann mit unbewegtem Gesicht, in Polizeiuniform — der Henker; und Cyril Hopkins, ein Gentleman wie vom Rennplatz, der sich unablässig den Schweiß von der Stirn wischte.

      Weiter hinten konnte Mat die Cops sehen, die auf Posten zogen. Wenn eine Hinrichtung stattfand, wurden überall im Zuchthaus die Wachen verstärkt. Im Jahre 1938 hatte es bei dieser Gelegenheit einmal eine blutige Revolte gegeben.

      Mat wartete, bis die Männer herangekommen waren, und machte dann seine Meldung.

      „Keine besonderen Vorkommnisse!“

      „Was macht er?“ fragte der Direktor nervös.

      „Schläft, Sir. Hat die ganze Nacht geschlafen. Der Arzt wollte ihm ein Schlafmittel geben, aber das hat er abgelehnt.“

      „Okay.“ Nervös sah der kleine Mann auf die Uhr und gab dann dem Leutnant ein Zeichen.

      „Holt ihn heraus. Ich hoffe, er macht keine Schwierigkeiten!“

      „Glaub’ ich nicht“, brummte Mat. „Das ist eine von den Typen, die noch Witze reißen, wenn sie schon festgeschnallt sind.“

      „Also vorwärts“, sagte der District Attorney. „Es ist Zeit!“

      Nick Romano schlief doch nicht so fest, wie der Wärter geglaubt hatte. Als Pharson ihn antippte, kam er sofort in die Höhe. Sein Gesicht verzog sich, als er die Männer entdeckte, die um die offene Tür gruppiert waren.

      „Nick Romano“, sagte der District Attorney, „es ist soweit. Wie Ihnen bereits mitgeteilt wurde, hat der Gouverneur einen Hinrichtungsaufschub abgelehnt. Das bedeutet, daß Sie — hm — jetzt mitkommen müssen.“

      Die Männer starrten den Gangster schweigend an. Nur die schweren Atemzüge füllten den Raum.

      Nick Romano studierte jedes einzelne Gesicht. Dann schob er sich von der Pritsche; die Stahlfesseln klirrten. Sein Blick blieb an Hopkins hängen.

      „Mr. Hopkins …“

      „Nick“, sagte der Anwalt hastig, „Sie wissen, daß ich alles versucht habe, was menschenmöglich war. Ich habe für Sie getan, was getan werden konnte.“


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