Privatdetektiv Joe Barry - Sein Freund der Henker. Joe Barry

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Privatdetektiv Joe Barry - Sein Freund der Henker - Joe Barry


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dem Teppich. Eine derartige Verwechslung mag Fremden passieren, aber doch niemals der eigenen Ehefrau. Nein, ausgeschlossen!“

      Antony rieb sich hart über das Kinn.

      „Mit anderen Worten — Sie glauben, der Hingerichtete von Scranton war Dyme Lodge. Nickboy hat es verstanden, die zufällige Ähnlichkeit des Mannes und seine Geistesschwäche auszunutzen.“

      „Na, endlich, Starr!“

      „Muß der Bursche bescheuert gewesen sein“, knurrte Antony.

      „Das ändert nichts an der Tatsache. Für Nickboy ist die Sache natürlich doppelt und dreifach vorteilhaft. Er existiert damit offiziell nicht mehr und kann seine Geschäfte um so besser wahrnehmen. Übrigens haben wir schon lange den Eindruck, daß die alte Nickboy-Gang nach wie vor intakt ist. Jetzt wird das auch deutlich. Die Firmenleitung hat ja überhaupt nicht gewechselt.“

      „Nicht so hastig“, bremste ihn Antony. „Es ist das erste Mal, daß man meiner Abteilung den Vorwurf macht, zu einem Justizmord beigetragen zu haben. Das ist eine ernste Sache, Sir.“

      „Ich hab’s nie für einen Witz gehalten.“

      „Bewiesen ist aber noch nichts.“

      „No, und deshalb habe ich noch die Hoffnung, es stellt sich heraus, daß der Hingerichtete doch Nickboy war. Der absolut sichere Beweis wäre, diesen Dyme Lodge zu finden. Aber da sehe ich schwarz.“

      „Die Presse wird uns in der Luft zerreißen“, murmelte der Captain.

      „Yeah, wenn sie es erfährt. Eine Woche wird Hopkins stillhalten, länger nicht. Die Zeitungen werden sich auf den Fall stürzen, besonders nach dem langen Streik. ,Justizmord!‘ —,Anwalt versucht vergeblich, in letzter Minute den Gouverneur zu erreichen‘. Wir sitzen auf einer Bombe, und die Zündschnur brennt schon.“

      „Betrachten wir’s mal ganz nüchtern“, riet Antony. „Um den Vorwurf des Mr. Hopkins zu entkräften, müßten wir nach Dyme Lodge suchen und ihn finden. Wenn das aber bekannt wird, ist es soviel wie ein Eingeständnis, daß wir selbst Zweifel daran haben, ob der Hingerichtete der Richtige war oder nicht. Zweifel bei einem Todesurteil — das sollte nicht Vorkommen. Nehmen wir umgekehrt aber die Suche nach dem möglicherweise noch lebenden Nickboy auf, stecken wir erst recht in der Klemme. Die Polizei kann nicht nach jemanden fahnden, der schon hingerichtet ist.“

      „Das weiß ich alles selbst.“

      „Wir können praktisch nichts tun.“

      „Und abwarten, bis das Gewitter losbricht? Wenn Hopkins sein Material in die Öffentlichkeit bringt, glaubt kein Mensch mehr, daß der Mann, der in Scranton hingerichtet wurde, Nickboy war. Dann lande ich als Reviercop, und Sie bekommen ein Motorrad und dürfen auf dem Pennsylvania Turnpike Streife fahren — günstigstenfalls.“

      „Wäre auch nicht das schlechteste.

      Aber Sie haben mich mißverstanden, Sir. Ich wollte sagen, offiziell dürfen wir nichts unternehmen. Das Center ist ständig von Reportern belagert; undichte Stellen gibt’s genug. Jede Aktion von uns würde als ein Zeichen von Unsicherheit ausgelegt, und dann hätten wir genau das Gegenteil von dem, was wir erreichen wollen.“

      „Wollen Sie die Hände in den Schoß legen?“

      „Das nicht gerade. Natürlich müssen wir die Wahrheit herausfinden. Und wenn tatsächlich ein Unschuldiger hingerichtet wurde, werden wir, sofern wir überhaupt etwas zu verantworten haben, dafür geradestehen. Das versteht sich von selbst. Nur ist es noch lange nicht soweit.“

      „In einer Woche ist es soweit“, brummte Brown düster.

      Antony fingerte in seinen Taschen nach dem Feuerzeug.

      „Wir sitzen auf Dynamit“, stellte er bedächtig fest, „können aber nicht riskieren, selbst dafür zu sorgen, daß wir in die Luft gehen. Grund genug, den besten Mann anzusetzen, den es überhaupt gibt. Er hat den Vorteil, nicht bei der Polizei zu sein. Wenn einer überhaupt hier Klarheit schaffen kann, dann er.“

      „Schon wieder Starr“, knurrte Brown. „Ich möchte wissen, ob wir mal ohne ihn auskommen.“

      Antony grinste.

      „Das haben Experten nun mal an sich. Sie sind unentbehrlich. Habe ich Ihr Einverständnis?“

      „Zum Teufel, was bleibt mir anderes übrig?“

      … wenn ich wieder Attorney werden will, ergänzte der Captain im stillen.

      Er schob seine Geldschrankfigur in die Höhe.

      „Die Akten nehme ich mit. Wollen Sie dafür sorgen, daß Starr jede Unterstützung bekommt, die er braucht?“

      „Geht in Ordnung. Und sagen Sie ihm, er soll mich auf dem laufenden halten. Ich mag seine Geheimniskrämerei nicht.“

      So kam Lieutenant Antony Starr diesmal ins Geschäft.

      Erst am Abend erreichte der Captain den Freund.

      Joe war seit sechs Uhr früh in Newark gewesen. Er hatte es im Auftrag einer Fluggesellschaft auf einen Mann abgesehen, der mit einer Flinte den Kassenboten zu einer größeren Barzahlung überredet hatte. Joe kam die Art des Verbrechens bekannt vor; er tippte auf einen bestimmten Mann, und nach zehn Stunden harter Arbeit bestätigte sich sein Verdacht. Gegen abend nahm er den Burschen fest und konnte auch noch den größten Teil des geraubten Geldes zurückbringen.

      Er war hundemüde, als er nach Bronx zurückkehrte.

      Den Dienstchevy, der vor dem Haus Gun. Hill Road 234 stand, erkannte er sofort. Der Wagen des Captains parkte oft hier.

      Mac, der Hausmeister, begrüßte ihn mit ihrem alten Geheimzeichen: Churchills Victory-Zeichen. Es hieß soviel wie: alles okay.

      „Die Polizei ist da“, sagte er. „Ich habe ihnen den Schlüssel gegeben. Du hast doch nichts dagegen, Joe?“

      „Keine Spur“, sagte Joe und drückte auf den Liftknopf. „Wenn ich verhaftet werde, vererbe ich dir den großen Rubens über dem. Sofa.“

      In der vierten Etage stieß er die Tür auf und kniff die Augen zusammen. Antony war nicht allein gekommen; Leutnant Myers war ebenfalls da.

      „Hallo“, sagte Joe, „hat man euch gekündigt?“

      „Fristlos“, knurrte der Captain.

      Joe fingerte einen Yaleschlüssel aus der Tasche, öffnete den Wandsafe und stellte eine Flasche Kentucky Straight auf den Tisch.

      „Gepriesen sei meine Vorsicht“, sagte er. „Whisky ist das einzige, was ich im Safe aufbewahre. Was wäre wohl mit dieser Flasche geschehen, wenn sie offen hier herumgestanden hätte?“

      „Du irrst. Wir haben den Safe längst geknackt, die Flasche geleert und mit Wasser nachgefüllt“, konterte Antony. „Wo hast du gesteckt? Seit einer Stunde warten wir hier.“

      „Muß ja mächtig eilig sein. Was ist passiert? Hat man den Attorney gekidnappt? Oder das Center in Brand gesteckt?“

      „Wenn es weiter nichts wäre.“

      „Also etwas Ernstes!“ sagte Joe sachlich.

      „Ja, um die Wahrheit zu sagen, wir sitzen da in der Tinte, wo sie am schwärzesten ist.“

      Und Antony gab einen kurzen Bericht. Er erwähnte alles, was wesentlich war, auch die Schwierigkeiten, die sich für die Polizei hinsichtlich der Aufklärung des Falles ergaben.

      „Wir sind kein Geheimdienst“, brummte er. „Wir sind eine große, im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehende Polizeiorganisation. Auf die Dauer können wir keine Untergrundarbeit leisten. Das mindeste, was die Presse erfährt, ist, woran wir arbeiten, und das würde in diesem Falle genügen, um im ganzen Land einen Zeitungssturm zu entfachen.“

      „Das sieht allerdings böse aus“, gab Joe zu. „Ich kann verstehen, daß dem Attorney kalt um die Laufmaschen wird.“


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