Die Ehe des Dr. Jorg - Liebesroman. Marie Louise Fischer

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Die Ehe des Dr. Jorg - Liebesroman - Marie Louise Fischer


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Sie trank den Kaffee, der eigentlich für ihren Mann bestimmt gewesen war und rauchte eine Zigarette.

      Richard war nicht mehr zufrieden mit ihr. Aber sie würde ihm schon zeigen, was für eine gute Hausfrau sie war. Sie entschloß sich, im Wohnzimmer heute morgen einen ganz gründlichen Hausputz zu veranstalten, und wenn er dann aufstand, würde alles blitzen und blinken, so daß er sie einfach loben mußte!

      Unternehmungslustig stand sie auf, räumte das Geschirr in den Spülstein, zog einen blauen Baumwollkittel an, band sich ein buntes Tuch um das lockige Haar und machte sich im Wohnzimmer an die Arbeit. Sie räumte sämtliche Stühle und Sessel heraus, rollte den Teppich zusammen und fuhrwerkte voller Begeisterung herum. Sie merkte gar nicht, wie die Zeit verging und daß es allmählich draußen hell wurde. Plötzlich stand ihr Mann – in Schlafanzug und Hausschuhen – in der Tür, sah sich mit gerunzelter Stirn um.

      „Richard“, sagte sie unbefangen, „du bist schon auf? Warte eine Sekunde, ich mache dir rasch das Frühstück!“

      „Darf ich fragen, was das hier werden soll, wenn es fertig ist?“

      „Ich mache Hausputz!“

      „Ausgerechnet heute, wo ich dienstfrei habe?“

      „Aber ich bin doch in einer halben Stunde fertig, und dann hast du es hier ganz gemütlich!“

      „Ich möchte lieber wieder ins Bett.“

      „Ach so!“ sagte sie verwirrt. „Also dann mache ich wohl lieber erst das Schlafzimmer!“

      „Na, dann kann ich mich ja grad so gut anziehen!“ Er drehte sich auf der Türschwelle um und schlurfte ins Bad.

      Beinahe wäre sie ihm nachgelaufen, aber dann tat sie es doch nicht. Schon wieder traten ihr die Tränen in die Augen, diese blöden Tränen! Sie wischte sich mit dem Handrücken darüber.

      Es hatte keinen Zweck. Sie konnte es ihm nicht recht machen. Das Beste war es, beschloß sie, ihn sich einfach ausknurren zu lassen. Er würde schon von selber wieder zur Vernunft kommen.

      Sie bereitete ihm das Frühstück, leistete ihm dabei aber keine Gesellschaft, und er machte auch keine Anstalten, sie dazu aufzufordern. Sie putzte das Wohnzimmer weiter, jetzt aber nicht mehr so gründlich, sondern schnell, damit er einen Raum hatte, wo er sich aufhalten konnte. Dann holte sie ihr Töchterchen herunter, wusch es, zog es an, gab ihm zu essen. Sie wollte es zu ihrem Mann bringen, aber als sie einen Blick ins Wohnzimmer tat, saß er, anscheinend in ein Buch vertieft, und da wagte sie nicht, ihn zu stören. Sie hielt es für besser, das Kind bei sich zu behalten.

      Kurz vor Mittag – Inge wollte gerade den Auflauf aus dem Rohr nehmen – klingelte es an der Wohnungstür. Sie lief hin und öffnete.

      Eine junge Dame stand draußen – hochelegant von den Spitzen ihrer hochhackigen Pumps bis zu dem kleinen Hut auf ihrem dichten blauschwarzen Haar. Sie trug einen schwarzen Mantel mit einem hellen Nerzkragen, eine große Krokodilledertasche unter dem Arm.

      Inge fühlte sich auf einmal sehr schäbig, fast unangezogen in ihrem einfachen Kittel. „Sie wünschen?“ fragte sie.

      „Ich bin Olga Krüger“, erklärte die Fremde in einem Ton, als wenn Inge ihren Namen unbedingt kennen müßte.

      „Ich weiß nicht . . .“, sagte Inge unsicher.

      „Ich möchte zu Herrn Dr. Jorg.“

      „Ach so . . .“, sagte Inge, aber sie war immer noch so verwirrt, daß sie gar nicht daran dachte, das elegante Fräulein Krüger hereinzubitten.

      Sie trat unaufgefordert, mit größter Selbstsicherheit näher, drückte die Tür hinter sich ins Schloß. „Würden Sie mich bitte dem Herrn Doktor melden?“

      Inge begriff plötzlich, daß die Fremde sie für eine Hausangestellte zu halten schien, und das Blut schoß ihr in die Stirn. „Mein Mann“, sagte sie mit Nachdruck, „fühlt sich nicht ganz wohl.“

      „Oh, er ist doch nicht ernsthaft krank?“

      „Nein, nein, nur . . .“

      Olga Krüger lächelte, und regelmäßige perl weiße Zähne leuchteten zwischen ihren vollen, sehr sorgfältig nachgezogenen Lippen. „Ich bin nämlich die Frau, der er gestern das Leben gerettet hat . . . sicher hat er Ihnen doch davon erzählt?“

      Inge rang nach Atem. „Ja natürlich“, behauptete sie – um keinen Preis wollte sie sich der anderen gegenüber eine Blöße geben.

      „Das war eine wirkliche Heldentat“, sagte Fräulein Krüger, „Sie können sehr stolz auf Ihren Mann sein!“

      Inge gab sich einen Ruck. „Bitte, kommen Sie herein . . . hier geradeaus geht es ins Wohnzimmer!“ Sie ging voran, öffnete die Tür. „Richard“, sagte sie mit erstickter Stimme, „ein Fräulein Krüger möchte dich besuchen, es ist die Dame, der du gestern das Leben gerettet hast!“

      Richard Jorg blickte befremdet auf. Dann legte er rasch das Buch beiseite und erhob sich. Er verbeugte sich steif.

      „Ich freue mich, daß es Ihnen schon wieder so gut geht . . .“

      „Ja, nicht wahr?“ sagte Olga Krüger lächelnd. „Es ist wie ein kleines Wunder . . . ich habe nichts, aber auch gar nichts davongetragen. Nicht einmal eine Erkältung oder eine Gehirnerschütterung.“ Sie reichte ihm die Hand. „Trotzdem, Herr Doktor, wenn Sie nicht gewesen wären, wäre ich umgekommen! Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll!“

      „Ich habe nur meine Pflicht getan.“

      „Sagen Sie das doch nicht! Ich kenne niemanden, der einen solchen Mut aufgebracht hätte!“

      Evchen begann nach der Mutter zu schreien, aber Inge rührte sich nicht vom Fleck. Sie stand wie gebannt und beobachtete ihren Mann und diese schöne fremde Frau.

      „Irgendwie möchte ich meine Dankesschuld loswerden“, sagte Olga Krüger, „aber ich weiß nicht recht, wie ich das anstellen soll! Darf ich Sie einmal einladen?“ Nach einer kleinen Pause fügte sie hinzu: „Sie und Ihre Frau!“

      Inge Jorg sah ihren Mann flehend an, versuchte, ihm ihre Gedanken mitzuteilen: Tu es nicht, Richard, sag nein, ich bitte dich! Was geht uns diese Fremde an? Sie wird nur Unfrieden in unsere Ehe bringen!

      „Gern“, sagte Dr. Jorg, „sehr gern. Wann?“

      „Morgen abend?“

      „Warten wir lieber noch ein paar Tage. Ich bin krank geschrieben, und da möchte ich nicht gern . . .“

      „Ich verstehe“, sagte Olga Krüger, „also sagen wir . . . am ersten Abend, an dem Sie Ihren Dienst angetreten haben! Wann wird das sein?“

      „Donnerstag!“

      Inge ertrug es nicht länger. Sie entschuldigte sich und eilte aus dem Zimmer.

      Die nächsten Tage wurden für Dr. Richard Jorg und seine junge Frau zur Qual.

      Er empfand die Enge seines Heims, in dem er sich bisher so wohl gefühlt hatte, die kindliche Hilflosigkeit seines Töchterchens und den unausgesprochenen Vorwurf in den Augen seiner Frau als eine kaum noch erträgliche Belastung. Alles wurde ihm von Stunde zu Stunde unerträglicher, ohne daß er begriff, daß er selber es war, der sich verwandelt hatte.

      Inge spürte seine Ablehnung, seine Verschlossenheit, seine gereizte Unruhe, und da sie keine andere Erklärung dafür wußte, mußte sie seine Veränderung in Zusammenhang mit dem Auftauchen Olga Krügers bringen. Sie versuchte sich diesen Gedanken auszureden, machte sich klar, daß die beiden sich doch kaum kannten, daß die Fremde sie nie besucht hätte, wenn schon eine Verbindung zwischen ihr und Richard bestanden hätte, daß er sich ihr gegenüber durchaus nicht verliebt oder auch nur besonders herzlich benommen hatte.

      Aber warum hatte er dann zu Hause nichts von dieser Lebensrettung erzählt? Was hatte es überhaupt damit auf sich? Und warum hatte er so bereitwillig ihre Einladung angenommen?

      Sie


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