Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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zum ersten Tageslicht den Kurs halten könnten.

      Trotzdem stand er auf der Back und versuchte, Hindernisse schon zu erkennen, bevor sie gefährlich wurden, bis ihn Don Juan ablöste.

      Leise unterhielten sich die Mitglieder der Deckswache.

      „Es ist doch besser“, sagte Batuti, „daß wir heute keine Lichter gesetzt haben.“

      „Meinst du allen Ernstes“, fragte Dan, der bei ihnen saß und einen letzten Schluck trank, ehe er sich in seine Koje verholte, „daß dieser Bastard Ruthland nach uns Ausschau hält?“

      „An seiner Stelle würde ich nichts anderes tun. Er kann sich vorstellen, wie der Seewolf zubeißt“, murmelte Blacky.

      „Diese Feuer an Steuerbord“, fragte Batuti, „gehören die zu Fischerdörfern?“

      Dan gähnte und erwiderte: „Fischerdörfer, Holzfäller, Leute, die in den Wäldern Tiere jagen und die Häute verkaufen, was weiß ich. Für uns sind sie nicht gefährlich. Vielleicht können wir von ihnen Proviant einhandeln, wenn die Köche Abwechslung brauchen.“ Er nickte den anderen zu. „Ich lege mich aufs Ohr.“ Dan stand auf und verzog sich unter Deck.

      Mit dem vertrauten Knarren und Knarzen, mit dem Summen des Windes in der Takelage und dem ziehenden Gurgeln des Bugwassers segelte die Schebecke durch die klare Nacht, fast genau auf Nordkurs.

      Die Ruhe würde spätestens in einigen Stunden vorbei sein. Entweder sichteten sie die „Ghost“, oder sie gerieten in gefährliche Fahrwasser. Wahrscheinlich trafen beide Ereignisse zusammen, wie sooft.

      Schon in der kurzen Morgendämmerung konnten die Seewölfe erkennen, daß sich die Umgebung verändert hatte. An Steuerbord breitete sich hinter der Brandungslinie noch immer Wald aus, unterbrochen von kleinen Stränden und Mangrovendickichten.

      „Ich kann kein Segel erkennen, keinen Mast, keinen Rumpf“, sagte Hasard und packte das Spektiv wie einen Knüppel. „Wahrscheinlich gibt es ein paar hundert Schlupfwinkel, in denen die ‚Ghost‘ stecken kann.“

      „Genauso wird’s sein“, antwortete der Erste.

      Steuerbord voraus erstreckte sich eine lange Sandbank, die in der Mitte bewachsen war. Ein Schwarm Vögel flog mit trägem Flügelschlag auf und umkreiste den langgestreckten Wall aus Schwemmgut und bleichem Treibholz, zwischen dem sich Büsche und niedrige Bäume erhoben. Die Schebecke fiel nach Backbord ab.

      „Ebbe?“ erkundigte sich Ferris Tucker und schirmte seine Augen ab, als er nach Osten blickte. „Scheint so, Sir.“

      „Nach Dans Berechnungen und dem, was wir sehen“, erwiderte der Seewolf etwas unwillig, „ist da eine Menge trocken gefallen.“

      Er peilte zum Bug. Dort stand Hasard junior und beobachtete das Wasser vor dem Schiff. Es hatte seine Farbe geändert. Gestern hatte es tiefes Blau gezeigt, jetzt war es von dünnen gelben Schlieren durchzogen, als habe der Fluß, dessen Mündung nicht zu erkennen war, Staub oder Sand mit sich geschwemmt.

      Auch Big Old Shane suchte die Kimm mit dem Kieker ab. Über dem Wasser lag ein fahler Dunst, der sich in der Kraft der Helligkeit der Sonne nur zögernd auflöste. Trotzdem waren voraus und an Steuerbord Buchten und die Mündungen kleiner Wasserläufe zu erkennen. Die Ufer waren dicht bewachsen, jetzt wirkte das Buschwerk und das Gestrüpp drohend und schwarz. Nur wenige dünne Rauchsäulen stießen durch den rötlichen Nebel. Feuchtigkeit schlug sich auf den Planken und den Segeln nieder.

      „Von der ‚Ghost‘ ist nichts zu sehen“, sagte Big Old Shane und zauste seinen struppigen grauen Bart. „Die Masttopps müßten höher sein als die meisten Bäume.“

      „Ich habe nicht erwartet“, erwiderte Hasard grimmig, „daß wir den Hundesohn schnell entdecken.“

      Die Uferlandschaften glitten langsam vorbei.

      Hin und wieder konnten die Seewölfe in eine Bucht sehen. Auf Pfählen standen kleine Hütten, von denen Leitern hinunterführten zu den schmalen Booten, die im Wasser schaukelten. Zwischen den Matten, aus denen die dünnen Wände bestanden, schwelten Feuer, deren Rauch durch die löchrigen Dächer abzog.

      Schweigend und gegen die Sonne blinzelnd, starrten die Seewölfe hinüber. Aber es gab nicht das geringste Zeichen dafür, daß sich die Karavelle dort versteckte.

      Hasard winkte zu Ben Brighton hinüber. „Nehmt die Fock weg. Wir sind zu schnell.“

      „Aye, aye, Sir“, erwiderte der Erste.

      Die Schebecke wich etwas nach Nordwesten vom bisherigen Kurs ab. Am Ende der langen Sandbank ragten einige abgestorbene Bäume aus dem trüben Wasser.

      Jung Philip wandte sich an seinen Vater. „Soll ich in den Großmast?“

      „Ja“, entgegnete der Seewolf zerstreut, ohne das Spektiv zu senken.

      „Ein Strich nach Westen abfallen!“ rief Ben Brighton.

      Entlang der Grenzen, die das Meer und das Wasser der Buchten bildeten, standen Fischer in den Booten und warfen Netze aus. Andere hielten lange Speere in den Händen und holten unterarmlange, zappelnde Fische aus dem Wasser. Ab und zu winkten sie zum Schiff hinüber und riefen unverständliche Worte.

      „Ob sie uns was mitteilen wollen?“ rätselte Roger Brighton.

      Hasard zuckte mit den Schultern. Er beobachtete die Fischer, aber sie kümmerten sich nur um ihre Boote und ihren Fang. Wenn einer von ihnen in eine bestimmte Richtung gezeigt hätte, würde er es bemerkt haben. Aber die Fischer schienen die „Ghost“ nicht gesehen zu haben.

      „Glaube ich nicht“, murmelte der Seewolf, aber er ließ die wenigen Boote und braunhäutigen Männer nicht aus seinen Augen. „Warum sollten sie uns auch helfen?“

      Es war für alle so gut wie unvorstellbar, daß Francis Ruthland die Sprache dieser Fischer beherrschte, ebensowenig wie die Seewölfe, von den wenigen Worten abgesehen, die Doglee den Zwillingen beigebracht hatte.

      Wieder verschwand eine Ausbuchtung der Küste hinter dem Heck der Schebecke. Vor einem hügeligen Abschnitt an der Steuerbordküste erstreckte sich der trockengefallene Meeresboden, zwischen dessen Pfützen Krabben und Wasservögel zu sehen waren.

      „Wir suchen weiter!“

      Hasards Befehl war eigentlich überflüssig. Keiner der Arwenacks dachte an etwas anderes als daran, in den nächsten Stunden die „Ghost“ zu sichten und die Mündungen der Geschütze auf sie zu richten.

      Immer wieder stoben Vogelschwärme aus den Baumkronen. Das gellende Geschrei der Tiere ließ die Seewölfe argwöhnisch zusammenzucken. Vielleicht lag hinter dem nächsten Vorsprung oder im folgenden Einschnitt der Mangroven der Verfolgte.

      Aus der Tonne im Großmast rief Philip junior: „Anluven, Piet! Untiefe voraus!“

      „Aye“, antwortete der Rudergänger und stemmte sich gegen die Pinne.

      Die Segel killten, Tauwerk knarrte, Schritte polterten auf den Planken, als die Schoten dichter geholt wurden. Die Schebecke legte sich etwas über und richtete den Bug nach Nordwesten. Die Färbung des Wassers ändert sich wieder, als das Schiff eine Kabellänge zurückgelegt hatte.

      Knapp eine halbe Seemeile weiter schrie Philip wieder auf die Kuhl hinunter: „In Ordnung! Freies Fahrwasser voraus!“

      „Verstanden!“ brüllte Piet Straaten zurück.

      Die Küstenlinie schien, abgesehen von den vielen Buchten und Vorsprüngen, einigermaßen geradlinig von Norden nach Süden zu verlaufen, wie es auch die Karten zeigten. Möglicherweise erreichte die Schebecke in den letzten Stunden des Tages das nördliche Ende dieses Ufers. Dort mündete von Osten der Fluß, und, wenn die Karten zuverlässig waren, erstreckte sich dort auch ein Mündungsdelta von beträchtlicher Größe.

      Wahrscheinlich gab es mittendrin, ein paar hundert Verstecke für Ruthland.

      


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