Seewölfe Paket 34. Fred McMason
Читать онлайн книгу.gesagt hatte. Dort wollten sie versuchen, Handelskontakte zu knüpfen.
Zuerst wurden sie durch wüstes Geschrei aus der Ruhe gerissen, ohne jemanden zu sehen. Der Lärm kam von der anderen Seite der Bucht, wo sich die Skelette befanden und das Ufer mit Knochen übersät war.
„Das sind sie“, sagte Ben Brighton. „Das müssen die Kerle sein, die hier ihre Kämpfe austragen und sich gegenseitig die Köpfe abschlagen.“
Es dauerte nicht lange, bis zwei Boote sichtbar wurden. Es waren lange Boote, und in jedem hockten etwa ein Dutzend Inder zusammengedrängt.
Die Langboote erschienen von dem Fluß, der in die Bucht mündete.
„Jetzt können wir uns auf was gefaßt machen, wenn die Kopfabhacker hier antanzen“, sagte der Profos. „Sicher werden sie an unseren Rüben auch ein bißchen schnippeln wollen.“
Die Arwenacks waren im Nu bewaffnet.
Die beiden Boote hielten respektablen Abstand voneinander. Die Inder, nur bekleidet mit einer Art Lendenschurz, sprangen immer wieder auf und brüllten sich gegenseitig an. Ihr Geschrei hallte über die gesamte Bucht. Sie beschimpften sich ganz offensichtlich in rasender Wut, schwangen dabei Keulen und Messer und brüllten sich heiser.
Sie waren so in ihr Geschrei vertieft, daß sie nicht mal die Schebecke sahen.
Es waren rasende Teufel, die jenen Platz ansteuerten, wo die Skelette lagen. Erst am Strand würden sie sich gegenseitig anfallen und voller Wut niedermetzeln.
„Sikhs“, sagte der Kutscher. „Man sieht es an den eisernen Armreifen. Es müssen verfeindete Kasten oder Stämme sein.“
Das Geschrei wurde noch wilder. Gegenseitig stachelten sie sich an und brüllten wie wilde Tiere.
Lange Messer blitzten in der Sonne auf, und die Armreifen funkelten, während große unhandliche Keulen geschwungen wurden. Was die Inder brüllten, war nicht zu verstehen.
Ganz plötzlich wurde es ruhig in der Bucht.
Die Inder hatten die Schebecke entdeckt und rührten sich nicht mehr. Schwarze Augen starrten zu ihnen.
„Jetzt sind sie platt“, sagte der Profos in die Stille hinein.
Da geschah etwas Seltsames. Die Männer, die sich eben noch wüst angebrüllt und beschimpft hatten, sprachen jetzt leise, aber aufgeregt miteinander, als hätten sie ganz plötzlich Frieden geschlossen. Von Haß war keine Spur mehr zu bemerken. Die Boote glitten zusammen, und es wurde weiter geflüstert und getuschelt.
Hasard deutete das als schlechtes Zeichen.
Schweigend pullten die Inder ihre Boote an den Strand. Dabei starrten sie unverwandt und haßerfüllt zu den Arwenacks hinüber.
Sie waren kaum am Ufer, als sie sich zusammentaten, Messer und Keulen schwangen und ihr haßerfülltes Gebrüll wieder anstimmten. Diesmal galt es jedoch eindeutig den Fremden.
Dann stürmten die Inder wie bis aufs Blut gereizte Fanatiker, die sich selbstmörderisch in einen gnadenlosen Kampf stürzten, auf die Schebecke los.
Hasard rief ihnen etwas zu, doch die Kerle waren wie taub und so fanatisch, daß sie nichts hörten. Der Seewolf wollte ein eventuelles Mißverständnis auf friedliche Weise beilegen, doch daran war nicht zu denken. Offenbar hatten sie in den Augen der Fanatiker doch ein Tabu verletzt, als sie hier in die Bucht eindrangen.
Zwei Kerle rannten allen voraus. Sie schrien gellend, schwangen ihre Messer und Keulen und stürzten sich auf die ersten Arwenacks, um sie gnadenlos niederzumetzeln.
Batuti hatte seinen Morgenstern in der Faust und schwang ihn, als der erste Angreifer heran war.
Der Sikh stürzte sich auf ihn, ohne das Mordinstrument überhaupt zu beachten.
Der Morgenstern schwirrte durch die Luft, und die schwere, dornengespickte Eisenkugel fegte gleich beide Sikhs von den Beinen.
Hasard feuerte einen Schuß ab, um den sinnlosen Angriff zu stoppen. Es nutzte nichts. Es versetzte die Kerle nur noch mehr in blinde Raserei.
Da senste Ferris Tucker mit der Zimmermannsaxt um sich, als etliche Kerle von allen Seiten auf ihn eindrangen. Er schlug zu wie ein Berserker und hieb zwei Mann zu Boden.
Die Inder kämpften mit einer Wut, die selbst den Arwenacks unbegreiflich war.
Ein Sikh sprang Luke Morgan an und stach mit dem Messer zu. Er erwischte Luke am Oberarm, und da sah der explosive Mann nur noch rot.
Mit dem Schiffshauer verteidigte er sich und trieb den Sikh ins Wasser. Der hob selbst im Tod noch das Messer, aber da war der Profos zur Stelle und schlug ihn nieder.
Ein Kampf Mann gegen Mann entbrannte.
Die Sikhs schrien weiter, haßerfüllt. Von Raserei und Blutdurst getrieben, stachen und hieben sie auf alles ein, was in ihrer Nähe stand.
Ausnahmslos alle Arwenacks hatten jetzt das Schiff verlassen und stürzten sich in das Kampfgetümmel.
Hasard schoß zwei Männer nieder, als sie auf den alten Will Thorne losgingen. Ein dritter wurde von einer Kugel gestoppt. Er wollte gerade Bill von hinten den Schädel einschlagen.
Die Arwenacks zeigten jetzt, was sie konnten. Sie waren nicht so wild und fanatisch, obwohl auch sie jetzt die Wut gepackt hatte. Aber sie waren erprobte und berechnende Kämpfer, und so überwältigten sie einen Sikh nach dem anderen.
Die Skelettküste trug ihren Namen zu Recht, denn immer mehr Inder bedeckten jetzt den Sand, der sich langsam rot färbte.
Die letzten Fanatiker kamen erst zur Besinnung, als sie sahen, daß nur noch ein kläglicher Rest von ihnen übrig war. Da war es schlagartig mit ihrer Wut vorbei.
Sie starrten ihre Gegner an, als sähen sie sie zum ersten Male. Dann warfen sie ihre Waffen weg und flüchteten über, den Strand zu ihren Booten. Sie brauchten nur noch eins. Lediglich ein halbes Dutzend war von ihnen übriggeblieben.
Sie sprangen in das Boot und pullten los – dahin, von wo sie gekommen waren. Noch einmal drang ihr Geschrei herüber, danach verschwanden sie wie ein böser Spuk.
„Die kehren wieder zurück und bringen Verstärkung mit“, vermutete Don Juan. „Das lassen sie nicht auf sich sitzen.“
„Hoffentlich sind wir bis dahin weg“, sagte Hasard. „Langsam reicht es mir, daß wir ständig überfallen werden.“
Die Sikhs kehrten nicht zurück, jedenfalls nicht am anderen Tag. Aber da waren die Arbeiten abgeschlossen und die Schebecke wieder manövrierfähig wie zuvor.
Die Männer pullten aus der Bucht und setzten auf dem Tapti die Segel. Sie sahen auch von der „Ghost“ und von der Jolle mit den vier Bastarden nichts mehr. Wahrscheinlich hatten sie wieder zusammengefunden und waren Hals über Kopf geflüchtet.
Die Arwenacks jedenfalls würden nach Bombay segeln, das war ihr nächstes Ziel …
ENDE
1.
Der Sommermonsun, ein Südwestwind, der vom Meer her landeinwärts weht und den ausgetrockneten Feldern der indischen Bauern den langersehnten Regen beschert, störte die Mannschaft der „Madre de Deus“ nicht im geringsten.
Im Gegenteil – die heftigen Regenfälle, die vom Juni bis September die Landschaft in einen dampfenden Kessel verwandeln, ersparten den Portugiesen häufig den mühsamen Gebrauch von Dweil und Scheuerstein.
So manche Pütz Wasser brauchte gar nicht erst an Bord gehievt zu werden, da die zum Schrubben der Decksplanken erforderliche Feuchtigkeit oft sintflutartig aus heiterem Himmel hervorbrach.
Für einen Teil der Decksleute war Freiwache.