Die Abenteuer des Kapitän Hatteras. Jules Verne

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Die Abenteuer des Kapitän Hatteras - Jules Verne


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den Eis­blö­cken durch­fah­ren; es war dem­nach mög­lich, dass je­mand bis zum Schiff kam und die­sen Brief ein­hän­dig­te … der Ne­bel war ziem­lich stark, um den Plan aus­zu­füh­ren …«

      »Und auch um zu hin­dern, dass man die Brigg sah«, er­wi­der­te der Dok­tor; »ha­ben wir nicht ge­se­hen, wie ein Frem­der sich an Bord schlich, wie hät­te die­ser im dich­ten Ne­bel den For­ward er­ken­nen kön­nen?«

      »Das ist son­nen­klar«, sag­te John­son.

      »Ich kom­me also auf mei­ne Hy­po­the­se zu­rück«, sag­te der Dok­tor. »Was mei­nen Sie, Shan­don?«

      »Al­les was Sie wol­len«, er­wi­der­te Shan­don hit­zig, »nur nicht, dass die­ser Mann sich an mei­nem Bord be­fin­de.«

      »Vi­el­leicht«, füg­te Wall bei, »be­fin­det sich un­ter der Be­man­nung ei­ner, der von ihm sei­ne In­struk­tio­nen er­hal­ten hat?«

      »Vi­el­leicht«, sag­te der Dok­tor.

      »Aber wer soll­te das sein?« frag­te Shan­don. »Ich ken­ne alle mei­ne Leu­te, sag’ ich Ih­nen, und von lan­ge her.«

      »Je­den­falls«, fuhr John­son fort, »wenn die­ser Ka­pi­tän er­scheint, Mensch oder Teu­fel, wird man ihn emp­fan­gen; aber man kann aus die­sem Brief noch wei­te­re Aus­kunft schöp­fen.«

      »Und wel­che?« frag­te Shan­don.

      »Dass wir näm­lich nicht bloß in die Mel­ville-Bai, son­dern auch in den Smith-Sund fah­ren sol­len.«

      »Sie ha­ben recht«, er­wi­der­te der Dok­tor.

      »Den Smith-Sund«, ver­setz­te Richard Shan­don me­cha­nisch.

      »Es ist also klar«, fuhr John­son fort, »dass der For­ward nicht die Be­stim­mung ha­ben kann, die nord­west­li­che Durch­fahrt zu su­chen, denn wir sol­len den ein­zi­gen Weg da­hin, den Lan­cas­ter-Sund, links las­sen. Daraus ha­ben wir eine schwie­ri­ge Fahrt in die un­be­kann­ten Nord-Mee­re ab­zu­neh­men.«

      »Ja, der Smith-Sund«, er­wi­der­te Shan­don, »ist der Weg, wel­chen im Jah­re 1853 der Ame­ri­ka­ner Kane ein­schlug, und mit wel­chen Ge­fah­ren. Lan­ge hielt man ihn für ver­lo­ren in die­ser er­schreck­li­chen Zone! Schließ­lich, weil es vor­ge­schrie­ben ist, wird man in den Sund fah­ren! Aber bis wo­hin? Etwa bis zum Pol?«

      »Und warum nicht?« rief der Dok­tor.

      Der Rüst­meis­ter zuck­te die Ach­seln.

      »End­lich«, fuhr Ja­mes Wall fort, »um auf den Ka­pi­tän zu­rück­zu­kom­men, wenn er exis­tiert, so sehe ich an der Grön­län­di­schen Küs­te nur Dis­ko oder Up­per­na­wik, wo er uns er­war­ten könn­te; in ei­ni­gen Ta­gen wer­den wir also wis­sen, wor­an wir uns zu hal­ten ha­ben.«

      »Aber«, frag­te der Dok­tor, »wer­den Sie nicht der Mann­schaft Kennt­nis von die­sem Brief ge­ben?«

      »Mit Er­laub­nis des Kom­man­dan­ten«, er­wi­der­te John­son, »ich wür­de es nicht tun.«

      »Und wes­halb?« frag­te Shan­don.

      »Weil all die­ses Au­ßer­or­dent­li­che, Fan­tas­ti­sche ge­eig­net ist, die Leu­te ein­zu­schüch­tern. Sie sind be­reits sehr in Un­ru­he über das Schick­sal ei­ner so auf­tre­ten­den Ex­pe­di­ti­on. Wenn man sie nun zum Über­na­tür­li­chen hin­drängt, so kann dies schlim­me Fol­gen ha­ben, und wir möch­ten im Mo­ment der Ge­fahr nicht auf sie zäh­len kön­nen. Was sa­gen Sie dazu, Kom­man­dant?«

      »Und Sie, Dok­tor, was hal­ten Sie da­von?« frag­te Shan­don.

      »Meis­ter John­son«, er­wi­der­te der Dok­tor, »scheint mir ver­stän­dig zu ur­tei­len.«

      »Und Sie, Ja­mes?«

      »Bes­se­res vor­be­hal­ten«, ver­setz­te Wall, »tre­te ich der Mei­nung die­ser Her­ren bei.«

      Shan­don sann ei­ni­ge Au­gen­bli­cke nach, las noch ein­mal acht­sam den Brief.

      »Mei­ne Her­ren«, sag­te er, »Ihre An­sicht ist ge­wiss gut, aber ich kann sie nicht tei­len.«

      »Und wes­halb, Shan­don?« frag­te der Dok­tor.

      »Weil in dem Brief förm­lich vor­ge­schrie­ben ist, die Mann­schaft von sei­ten des Ka­pi­täns zu be­glück­wün­schen; nun hab’ ich bis­her stets blind sei­nen Be­feh­len ge­horcht, in wel­cher Wei­se auch sie mir zu­ge­stellt wur­den, und ich kann nicht …«

      »Doch …«, ver­setz­te John­son, der mit Recht um die Wir­kung be­sorgt war, wel­che der­glei­chen Mit­tei­lun­gen auf den Geist der Ma­tro­sen ha­ben wür­den.

      »Wa­cke­rer John­son«, ent­geg­ne­te Shan­don, »ich be­grei­fe, dass Sie dar­auf drin­gen, Ihre Grün­de sind vor­treff­lich, aber le­sen Sie:

      Er bit­tet Sie, der Mann­schaft sei­nen Dank da­für aus­zu­spre­chen.«

      »Nun so ver­fah­ren Sie dem­nach«, fuhr John­son fort, der üb­ri­gens sonst stren­ge den Ge­hor­sam zu wah­ren ver­stand. »Soll man die Mann­schaft auf dem Ver­deck ver­sam­meln?«

      »Tun Sie das«, er­wi­der­te Shan­don.

      Die Neu­ig­keit von ei­ner Mit­tei­lung des Ka­pi­täns ver­brei­te­te sich au­gen­blick­lich an Bord. Die Ma­tro­sen ka­men un­ver­züg­lich an den Platz für ihre Re­vue, und der Kom­man­dant las laut den ge­heim­nis­vol­len Brief.

      Man hör­te mit dump­fem Schwei­gen dem Ver­le­sen zu; die Leu­te ga­ben sich tau­send Ver­mu­tun­gen hin; Clif­ton konn­te sich nun al­len Ab­schwei­fun­gen sei­ner aber­gläu­bi­schen Fan­ta­sie über­las­sen; er schrieb dem Ka­pi­tän Hund sei­nen red­li­chen An­teil da­bei zu und ver­fehl­te nicht ihn zu grü­ßen, als er zu­fäl­lig ihm in den Weg kam. Ein je­der war über­zeugt, dass des Ka­pi­täns Schat­ten oder Geist an Bord wach­te; die Ge­schei­tes­ten hü­te­ten sich von nun an, ihre Ver­mu­tun­gen ge­gen­ein­an­der zu äu­ßern.

      Am 1. Mai er­gab die Auf­nah­me zu Mit­tag 68° Brei­te und 56° 32' Län­ge. Die Tem­pe­ra­tur war ge­stie­gen, und das Ther­mo­me­ter zeig­te fünf­und­zwan­zig Grad un­ter Null (-4° hun­dert­tei­lig).

      Der Dok­tor hat­te das Ver­gnü­gen zu­zu­schau­en, wie eine wei­ße Bä­rin am Ran­de ei­nes, längs der Küs­te schwim­men­den Eis­blocks mit zwei Jun­gen spiel­te. Er mach­te mit Wall und Simp­son einen Ver­such, in dem Boot Jagd auf sie zu ma­chen; aber das eben nicht kampf­lus­ti­ge Tier schlepp­te rasch sei­ne Jun­gen mit sich fort, und man muss­te auf ihre Ver­fol­gung ver­zich­ten.

      Vom Wind be­güns­tigt fuhr man wäh­rend der Nacht ums Kap Chid­ley her­um, und bald sah man am Ho­ri­zont die ho­hen Ber­ge von Dis­ko sich er­he­ben; rechts ließ man die Bai Go­dauhn, wo der Ge­ne­ral­gou­ver­neur der dä­ni­schen Nie­der­las­sun­gen re­si­dier­te. Shan­don hielt nicht für an­ge­mes­sen, sich hier auf­zu­hal­ten, und fuhr an den Pi­ro­guen der Es­ki­mos, wel­che zu ihm zu ge­lan­gen be­müht wa­ren, rasch vor­über.

      Die In­sel Dis­ko heißt auch Wal­fi­schin­sel. Von hier aus schrieb am 12. Juli 1815 Sir John Fran­klin zum letz­ten Mal an


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