Jüdische Altertümer. Flavius Josephus

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Jüdische Altertümer - Flavius Josephus


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Hebräer aber, weil sie unter Führung des siegreichen Moyses aus der Knechtschaft der Ägypter sich freizumachen gedachten. Moyses nun wollte die Feinde überfallen, ehe sie von seiner Ankunft Kunde erhielten, und führte daher seine Truppen nicht am Ufer des Flusses entlang, sondern mehr durch das Innere des Landes dem Feinde entgegen. Hierbei zeigte er seine bewundernswerte Weisheit. Da nämlich der Weg wegen der Menge der Schlangen sehr schwer zu passieren war (denn dieser Landstrich erzeugt dieselben in übergroßer Zahl, darunter auch einige Arten, die sich sonst nirgendwo finden und die sich durch ihre Schädlichkeit und, ihren ungewohnten Anblick sehr von den anderen unterscheiden, ja sogar geflügelte, die nicht nur auf der Erde verborgen schaden, sondern auch aus der Höhe oft plötzlich Unheil bringen), ersann er, um das Heer sicher und ungefährdet weiterführen zu können, folgenden wunderbaren Plan. Er ließ Geflechte aus Papyrusbast in Gestalt von Kästchen anfertigen und führte dieselben, mit Ibissen gefüllt, bei sich. Denn die Schlangen fürchten diese Tiere sehr und fliehen vor ihnen, da sie von ihnen ebenso wie von Hirschen verschlungen werden. Die Ibisse sind übrigens nur wild gegen Schlangen, sonst aber zahm und gutmütig. Doch will ich mich nicht weiter darüber verbreiten, da die Griechen den Ibis wohl kennen. Da nun das Heer in die Gegend kam, die von Schlangen wimmelte, ließ er die Ibisse auf sie los, die mit Wut über sie herfielen und sie unschädlich machten. So vollendete er unangefochten seinen Marsch, überfiel unversehens die Äthiopier, schlug sie und nahm ihnen die Hoffnung auf die Eroberung Ägyptens. Auch griff er ihre Städte an, zerstörte dieselben und richtete unter den Äthiopiern ein großes Blutbad an. Nach diesen glänzenden Kriegstaten des Moyses schreckte das Heer der Ägypter vor keiner Anstrengung mehr zurück, sodass schließlich den Äthiopiern nur die Wahl zwischen Gefangenschaft und gänzlicher Vernichtung blieb. Zuletzt wurden sie nach Saba, der Königsstadt Äthiopiens, zurückgedrängt, die später Kambyses nach seiner Schwester Meroë nannte, und hier belagert. Dieser Platz war aber fast uneinnehmbar, da der Nil rings um ihn floss, und auch noch andere Flüsse, Astapus und Astabora, den Angriff erschwerten. So bildete die Stadt gleichsam eine Insel; außer dem Schutz, den die Flüsse gewährten, hatte sie auch eine starke Ringmauer, und zudem noch große Dämme hinter der Mauer zur Abhaltung von Überschwemmungen, die der Stadt beim Anschwellen der Flüsse drohen. Das alles machte dem Feind, auch wenn er die Flüsse überschritten hatte, die Einnahme der Stadt sehr schwierig. Während nun Moyses darüber verstimmt war, dass sein Heer hier müßig liege (denn der Feind wagte keinen Kampf), begab sich Folgendes. Der König der Äthiopier hatte eine Tochter namens Tharbis. Diese sah, wie Moyses sein Heer an die Stadtmauer führte und selbst tapfer kämpfte, und wunderte sich über das, was er schon ausgedacht und in Angriff genommen hatte, wie er nämlich nicht nur den Ägyptern, die an ihrer Befreiung schon verzweifelten, dieselbe glücklich verschafft, sondern auch die Äthiopier, die bereits ruhmreiche Taten verrichtet, in die äußerste Enge getrieben hatte; und sie wurde von heftiger Liebe zu ihm ergriffen. Und da ihre Neigung von Tag zu Tag größer wurde, schickte sie ihre vertrautesten Diener zu ihm und ließ ihm die Ehe anbieten. Moyses ging hierauf ein unter der Bedingung, dass ihm die Stadt übergeben würde. Und als er einen Eid darauf geleistet, dass er sie zur Ehe nehmen und dass er nach Übergabe der Stadt an dem Vertrage festhalten wolle, schritt man vom Worte zur Tat. Darauf dankte er Gott für die Besiegung der Äthiopier, feierte seine Hochzeit und führte das Heer der Ägypter in die Heimat zurück.

      ELFTES KAPITEL

      Wie Moyses aus Ägypten floh und nach Madian kam.

      1. Statt aber dem Moyses für ihre Errettung zu danken, verlegten sich die Ägypter eifrig darauf, Ränke gegen ihn zu schmieden. Denn man argwöhnte, er werde infolge seines Kriegsglückes übermütig werden und den Ägyptern neuen Schaden ersinnen, und drang deshalb in den König, ihn töten zu lassen. Dieser aber hatte auch schon dasselbe überlegt, teils aus Neid über Moyses’ glücklichen Feldzug, teils aus Furcht, von ihm gestürzt zu werden. Und da er auch noch von den Schriftkundigen aufgereizt wurde, brannte er vor Verlangen, ihr umbringen zu lassen. Als aber Moyses von diesen Plänen hörte, suchte er sich zu verbergen, und da die Wege durch Wächter besetzt waren, nahm er seine Flucht durch die Wüste; an diese Möglichkeit hatten seine Feinde nicht gedacht. Und obgleich er hier Mangel an Nahrung litt, so ertrug er denselben doch geduldig und starkmütig. Endlich kam er zur Stadt Madian, die am Gestade des Roten Meeres lag und von einem der Söhne Abrams und der Chetura ihren Namen hatte. Hier ruhte er, von seinen Mühen erschöpft, zur Mittagszeit an einem Brunnen nicht weit von der Stadt aus, als er infolge der Gebräuche des Landes Gelegenheit fand, seine Tugend offenkundig zu machen und sich den Weg zur Verbesserung seiner Lage zu bahnen.

      2. Da nämlich in jener Gegend Wassermangel herrschte, gaben sich die Hirten Mühe, zuerst die Brunnen in Beschlag zu nehmen, damit nicht, wenn sie von anderen geleert wären, ihr Vieh des Wassers entbehre. Zu dem Brunnen kamen nun sieben Schwestern, Töchter des Priesters Raguel und noch Jungfrauen, deren Vater von den Bewohnern der Gegend hoch geehrt wurde. Sie hüteten die Herden ihres Vaters, denn nach alter Sitte der Troglodyten mussten auch Weiber diesen Dienst verrichten. Als sie nun, bevor die anderen kamen, hinreichend Wasser für ihr Vieh in die dazu verfertigten Mulden aus dem Brunnen geschöpft hatten, wollten die Hirten, die etwas später anlangten, sie vertreiben und das Wasser für sich in Beschlag nehmen. Moyses aber, der es für unwürdig hielt, das Unrecht, das den Jungfrauen angetan wurde, ruhig geschehen zu lassen und zuzugeben, dass die rohe Gewalt der Männer mehr gelte als das gute Recht der Jungfrauen, leistete den Hirten Widerstand und half den Mädchen, wie es sich geziemte. Jene bedankten sich für die Hilfe, und als sie zu ihrem Vater kamen, berichteten sie ihm von der schlechten Handlung der Hirten und dem Beistand, den ihnen der Fremdling geleistet. Darauf baten sie den Vater, die Wohltat nicht unbelohnt lassen zu wollen. Raguel aber lobte ihre dankbare Gesinnung gegen ihren Wohltäter und hieß sie den Moyses zu ihm geleiten, damit er ihm den Gefallen vergelten könne. Als dieser angelangt war, teilte er ihm mit, was seine Töchter ihm von seiner bereitwilligen Hilfe erzählt hatten, bewunderte sein edles Verhalten und sagte ihm, er habe diese Wohltat keinem Undankbaren erwiesen. Vielmehr werde er ihm nicht nur mit gleichem, sondern mit noch viel größerem Danke vergelten. Und einige Zeit nachher nahm er ihn an Kindes statt an und gab ihm eine von seinen Töchtern zur Ehe. Außerdem machte er ihn zum Hüter und Herrn seiner Viehherden, in welchen damals der ganze Reichtum der Barbaren bestand.

      ZWÖLFTES KAPITEL

      Von der brennenden Brombeerstaude und dem Stabe des Moyses.

      1. Da nun Moyses von Jothor (das war der Beiname Raguels) solche Wohltaten erfahren, blieb er bei ihm und hütete seine Herde. Als er nun einst wieder das Vieh weidete, kam er zum Berge Sinai, der der höchste von allen Bergen der Gegend war und die schönsten Weideplätze darbot. Denn er war reich an guten Gräsern und vorher nie abgeweidet worden, weil man allgemein glaubte, hier wohne Gott selbst, und fromme Scheu den Hirten verbot, ihn zu besteigen. Dort bot sich ihm ein wunderbares Ereignis dar. Feuer nämlich ergriff einen Brombeerstrauch, und die Flamme ließ die Blätter und Blüten, wie auch die Frucht tragenden Zweige unversehrt, obgleich sie hell und stark leuchtete. Von dieser ihm neuen und wunderbaren Erscheinung ward Moyses betroffen; noch mehr aber erstaunte er, als aus dem Feuer eine Stimme ertönte, die ihn beim Namen nannte und ihm seine Verwegenheit vorwarf, da er sich nicht gescheut, diesen heiligen und noch von keinem Menschen bisher berührten Ort zu betreten, auch ihm den Rat gab, sich so weit als möglich von der Flamme zu entfernen und sich an dieser Erscheinung genügen zu lassen, die zu sehen er wegen seiner und seiner Vorfahren Tugend gewürdigt worden sei, und über die er nicht weiter neugierig nachforschen solle. Ferner verkündete ihm die Stimme, wie große Ehre und wie großen Ruhm er bei den Menschen durch Gottes Vorsehung und Hilfe erlangen werde, und sie hieß ihn vertrauensvoll sich nach Ägypten wenden. Dort werde er der Führer des hebräischen Volkes werden und seine Stammesgenossen von der grausamen Tyrannei der Ägypter erlösen. »Denn dein Volk«, fuhr die Stimme fort, »wird jenes glückliche Land bewohnen, das Abram, euer Stammvater, dereinst besessen hat, und alle Güter genießen, und du sollst es durch deine Weisheit dorthin führen.« Und nachdem er die Hebräer aus Ägypten geführt, solle er daselbst ihm ein Dankopfer darbringen. Da erkannte Moyses, dass Gottes Stimme aus dem Feuer zu ihm gesprochen habe.

      2. Moyses aber, von Staunen ergriffen über das, was er gesehen, und noch mehr über das, was er gehört, sprach zu Gott:


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