Der neue Landdoktor Staffel 9 – Arztroman. Tessa Hofreiter

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Der neue Landdoktor Staffel 9 – Arztroman - Tessa Hofreiter


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er bei der besonderen Überraschung, die Gisbert geplant hatte, Schwierigkeiten machen, aber auch dafür gab es Möglichkeiten. Entweder gab es einen guten Extralohn, damit er mitmachte, oder vorher einen Fußtritt zur Entlassung.

      Zufrieden mit sich und seinen Plänen, versenkte Gisbert die letzte Falle wieder in seinem Rucksack und ging zum Jagdschlösschen zurück. Den Rucksack verstaute er in einer Ecke des Schuppens unter einem alten Sack und ging dann ins Bett. Er wollte wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf haben, ehe der neue Tag mit einem Frühstück begann, um das er sich selbst kümmern musste. Bei dem Gedanken an einen Kaffee ohne die gewohnte astronomisch teure, blitzende Espressomaschine tat er sich selbst leid. Es war tatsächlich höchste Zeit, dass Kathi hier Einzug hielt und sich um diese lästigen Dinge kümmerte.

      *

      Die Bürgerversammlung fand abends im großen Gemeindesaal der Kirchengemeinde statt. Es waren viele Einheimische gekommen und auch aufgeregte Touristen, die sich in den Wäldern nicht mehr sicher fühlten und teilweise lautstark den Verlust ihrer Urlaubsqualität beklagten. »Leute, bleiben wir doch bitte beim Thema!«, verschaffte sich der Förster energisch Gehör. »Dass diese Fallen gefährlich sind, steht außer Frage, aber es ist ja nicht so, als wären unsere Wälder damit geradezu gespickt.«

      »Woher wollen Sie das denn wissen?«, rief eine Frau aufgeregt dazwischen. »Mein Mann und ich sind extra zum Wandern hergekommen und verlangen Sicherheit! An jeder beliebigen Stelle im Unterholz kann so ein Ding versteckt sein, die sieht man doch gar nicht.«

      Lorenz bemühte sich, ruhig und freundlich zu bleiben. »Wir tun, was wir können, und außerdem möchte ich Sie daran erinnern, dass Sie im Unterholz nichts zu suchen haben. Um die Tier- und Pflanzenwelt zu schützen, sollen sich Besucher nur auf den Waldwegen aufhalten und nicht wahllos durchs Gebüsch streifen. Wir haben ein großes Netz von Wanderwegen, die auch durch abgelegene Gebiete führen. Jeder kann die Natur genießen, ohne kreuz und quer durchs Dickicht zu brechen.«

      »Dann sind Sie sicher, dass auf den Wegen keine Fallen lauern?«, fragte ein anderer Tourist.

      »So sicher, wie auf den Wegen auch kein Jäger mit geladenem Gewehr auf der Lauer liegt«, antwortete Lorenz und blickte mit ruhigem Gesicht in die Menge.

      Ein älterer Bauer räusperte sich umständlich. »Ich verstehe nicht so ganz, weshalb sich alle so aufregen. Wilderei und ab und zu einen Fallensteller haben wir doch immer schon mal gehabt, das geht auch wieder vorüber.«

      »Dabei handelte es sich um Schlingen, und das ist schon schlimm genug, aber jetzt geht es um Fangeisen«, antwortete Wendelin aufgebracht. »Weißt du, welche Qualen das für ein Tier bedeutet, wenn es dort hineingerät?«

      »Das sagt der Richtige«, meldete sich ein dunkelhaariger Mann in Wendelins Alter und schaute ihn geringschätzig an. »Wer hat denn früher unsere Hühner und Enten mit vergorenen Kirschen gefüttert, nur um zu sehen, wie sie betrunken über den Hof torkelten?«

      Wendelin senkte beschämt den Kopf. Es ließ sich nicht leugnen, dass er dem Federvieh seines Klassenkameraden Stefan Bitterfeld diesen üblen Streich gespielt hatte. Unbewusst suchte sein Blick Kathis Reaktion, und er staunte. Sah er das richtig? Sie schien sich das Lachen zu verbeißen?

      »Wenn wir schon dabei sind, uralte Geschichten auszugraben, mein lieber Stefan, dann kenne ich einen Bub, der versucht hat, Afras Katze einen Knallfrosch an den Schwanz zu binden«, sagte plötzlich eine resolute Frauenstimme. Sie gehörte zu Traudel, die den Mann ruhig und fest anschaute.

      Stefan verstummte und setzte sich wieder hin.

      Wendelin fühlte sich durch Traudels Zuspruch gestärkt und fuhr fort: »Es geht uns darum, dass wir Waldstücke möglichst systematisch absuchen, und dazu brauchen wir viele Leute. Wer von euch könnte sich daran beteiligen?«

      Bürgermeister Talhuber und Benedikt Seefeld gingen mit gutem Beispiel voran, und noch einige andere Hände gingen in die Höhe, aber es waren zu wenig Menschen für das große Gebiet, das sie durchsuchen wollten.

      Wendelin versuchte sein Bestes, um die Leute zu motivieren, aber er hatte kein Glück.

      Die Tierärztin Rieke schaute unzufrieden in die Runde. »Leute, wir haben alle genug zu tun, aber es kann doch nicht sein, dass sich außer den wenigen Freiwilligen keiner mal zwei Stunden freinehmen und in den Wald gehen kann. Woran liegt’s also?«

      »Vielleicht daran, dass ein gewisser Jemand viel zu viel Wind um die Sache macht? Vielleicht ist seine große Besorgnis nur ein Ablenkungsmanöver?«, sagte Stefan langsam.

      Wendelin war sprachlos und konnte nicht antworten. Wieder suchte er Kathis Blick und sah, dass sie ärgerlich die Augenbrauen runzelte. Dachte sie etwa so wie Stefan?

      »Ein Ablenkungsmanöver wovon?«, fragte der Förster scharf.

      Stefan zuckte unbehaglich mit den Schultern und schaute in die Runde. Ihm begegneten einige aufmunternde Blicke, und er fuhr fort: »Ich meine, dass der Wendelin vielleicht noch etwas ganz anderes mit den Fallen zu tun haben könnte.«

      »Was denn? Jetzt mal Butter bei die Fische!«, fuhr Rieke den Mann an. Sie stammte von der Nordseeküste, und wenn sie sich aufregte, dann redete sie manchmal so, dass sie im bayerischen Bergmoosbach nicht gleich verstanden wurde.

      Stefan allerdings verstand sie sehr gut. »Also, die Burgl hat mir erzählt, dass sie auch denkt, dass …«,

      »Einen Moment!« Sebastian war aufgestanden und hatte den Mann ruhig unterbrochen. »Wir wollen doch nicht so unhöflich sein und über Notburga Krämsers Kopf hinweg so reden, als ob sie gar nicht anwesend sei. Bitte, Frau Krämser, sagen Sie uns selbst, worüber sie mit Herrn Bitterfeld gesprochen haben.«

      Burgl stand auf und reckte herausfordernd das Kinn in die Höhe. »Das ist schnell getan, Herr Doktor. Ich glaube, dass der Wendelin selbst die Schlingen ausgelegt hat und jetzt nur so scheinheilig tut.«

      Jetzt stand auch Gregor Leutner auf, der die örtliche Polizeistation leitete. »Das ist eine harte Behauptung, Burgl, mit der du vorsichtig sein solltest. Hast du denn irgendwelche Beweise?«

      Burgl bekam hektische rote Flecken, aber sie redete unbeirrt weiter. »Schaut euch doch mal Wendelins Leben an, ist das nicht Beweis genug? Er hat nichts und lebt von der Hand in den Mund. Da kommt so ein Stück Wild oder ein Fell, das man unter der Hand verkaufen kann, doch gerade recht. Der denkt doch nur an den eigenen Vorteil. Erinnert ihr euch daran, als er hier diese Versicherungen verkaufen wollte und dabei die Leute über den Tisch gezogen hat? Und diese Schnapsidee mit der Werbeagentur, an der man sich beteiligen sollte?«

      Wendelin fühlte sich schrecklich, als seine gescheiterten Projekte so gnadenlos ans Licht gezerrt wurden, und er wünschte sich so weit weg wie möglich. Warum nur war ihm die Idee mit der Gemeindeversammlung so wichtig gewesen? Er hätte doch wissen müssen, dass man nicht auf ihn hören würde.

      Aber nicht nur die Tierärztin stärkte ihm den Rücken. »Frau Krämser, Sie reden Blödsinn«, platzte Rieke heraus. »Wendelin hat den gefangenen Fuchs zu mir gebracht anstatt ihm das Fell über die Ohren zu ziehen. Er hat zuerst an das verletzte Tier gedacht und dann erst an seinen Arm. Ihre Anschuldigung ist völlig haltlos.«

      »Das kann ich nur bestätigen«, sagte Sebastian ruhig.

      »Ja, wenn sich die Frau Doktor und der Herr Doktor einig sind, dann kommen wir kleinen Leute natürlich nicht dagegen an«, antwortete Burgl gehässig.

      Damit war sie zu weit gegangen, im Saal erhob sich unwilliges Gemurmel. Kathi sprang auf und schaute die alte Frau herausfordernd an. »Der Gedanke von Wendelin als Fallensteller ist so blöd, dass ich darüber gar nicht reden will. Wenn sich jetzt keine Freiwilligen mehr melden, wollen wir dann nicht für heute Schluss machen, ehe noch mehr Unsinn geredet wird?«

      »Du hast mir das Wort aus dem Mund genommen«, sagte Bürgermeister Talhuber hastig. Die Auseinandersetzung war ihm sehr peinlich und er fürchtete den schlechten Eindruck, den die Touristen von Bergmoosbach bekommen könnten. Rasch sprach er ein paar nette Abschiedsworte, um die Wogen zu glätten. Einzeln oder in Grüppchen verließen danach die


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