Pink Floyd. Mark Blake
Читать онлайн книгу.School oder der International Times.
„Mit manchen Elementen des ‚Undergrounds‘ konnten wir etwas anfangen“, sagt Nick Mason heute. „Man lieferte die Musik, während andere Leute tanzten, sich die Gesichter anmalten und in Unmengen von Götterspeise badeten. Vermutlich da wir der Mittelklasse entstammten und einigermaßen gebildete Leute waren, gelang es uns, unter anderem so zu sprechen, als würden wir einer aktuellen Bewegung angehören.“
Roger Waters sieht das Ganze sogar noch distanzierter. „Bis heute weiß ich immer noch nicht genau, was es mit vielen dieser Dinge überhaupt auf sich hatte“, gibt er zu. „Da wurde zwar vage von einer Revolution gesprochen, aber nichts Spezifisches. Ich las auch die International Times ein paar Male, aber was war die Notting Hill Free School noch einmal? Was war ihre Zielsetzung genau? Ich begriff nie, worum es dabei ging – abseits von ein paar ‚Happenings‘ vielleicht. Diese ‚Happenings‘, die wir veranstalteten, waren nie mehr als ein Witz.“
Zwar konnte EMI überredet werden, der Band einen neue Ford Transit und ein neues Binson Echorec – jenes Wunderding, das für die Space-Geräusche verantwortlich war – zu spendieren, doch für die Hotelkosten wollte die Plattenfirma nicht aufkommen. Nach Gigs im hohen Norden musste die Band daher stets noch die nächtliche Rückfahrt nach London in Kauf nehmen. Die zusammengewürfelte Crew hielt ihnen dabei den Rücken frei. Peter Wynne-Willson verlud die Ausrüstung und schraubte die selbstgemachte Beleuchtungsanlage der Band für ihre Auftritte zusammen. Peter hatte noch keinen Führerschein, weshalb Blackhills Sekretärin, die leider inzwischen verstorbene June Child, als Fahrerin des Vans einsprang. Die hübsche Blondine sollte sich als integraler Bestandteil der Floyd-Crew erweisen und Syd in der Not auch eine Schulter zum Ausheulen bieten. Später heiratete June den Barrett-Jünger Marc Bolan, der ebenso von Blackhill betreut wurde.
„Ich kaufte eine Menge Ausrüstung und Gegenstände, die für Experimente in Bezug auf die Bühnenbeleuchtung eingesetzt wurden“, erinnert sich Peter Wynne-Willson. „Jeden Monat kam June in die Earlham Street, um die Unmengen von Quittungen durchzugehen. Um diesen öden Prozess etwas interessanter zu gestalten, entwickelten wir ein System. Wir saßen einander an einem kleinen Tisch, der unter einem Stockbett stand, gegenüber und legten einen Fuß in den Schritt des jeweils anderen. Das war ein amüsantes kleines Ritual. June trug nur die allerkürzesten Miniröcke.“
Trotz allem sollte die Vielzahl von Gigs schon bald ihren Tribut von Blackhills Star-Act fordern. „Ich warf Jahre später einen Blick auf ihren Terminplan“, berichtet ein Vertrauter der Band. „Wer war bloß dafür verantwortlich, sie auf diese Weise durch England zu scheuchen? Der reinste Wahnsinn. Das wäre jedem über den Kopf gewachsen, geschweige denn den Leuten auf Drogen.“
Matthew Scurfield stand inzwischen kurz davor, seine Karriere als Schauspieler am Theater zu starten. Als er seinen Bruder Ponji in die Earlham Street begleitete, sah er mit eigenen Augen die Auswirkungen, die der neue Arbeitsumfang auf Syd hatte. „Syd war jemand, der nicht hundertprozentig in der Spur lief, so wie die anderen in der Gruppe“, sagt er. „Er war nicht so ehrgeizig wie etwa Roger. Ich hielt Syd immer für einen Außenseiter – sogar innerhalb von Pink Floyd. Es war damals ganz offensichtlich, dass ihr Ehrgeiz ihnen in Bezug auf ihre Kunst einen Strich durch die Rechnung machte. Stets hieß es: ‚Komm schon, Syd, wir müssen weiter!‘“
Immer noch wird viel über Barretts damaligen Drogenkonsum spekuliert. Was nahm Syd, wie viel nahm er und wie oft? „Ich denke nicht, dass Roger und Nick damals irgendwelche harten Drogen nahmen“, erklärt Andrew King. „Ich hielt Roger eher für die Art von Typ, der ein paar Pints im Pub kippte. Rick kiffte gelegentlich. Und Syd probierte einfach alles aus.“
„Syd, Andrew und ich rauchten Dope“, sagt Peter Jenner. „Und obwohl ich mich jetzt nicht dezidiert daran erinnern kann, dass Syd jemals sagte, wir sollten einen Trip einwerfen, wusste ich, dass er LSD nahm. Wie oft? Keine Ahnung. Mir wurde stets erzählt, dass er ein paar Freunde hatte, die echt religiös in Bezug auf ihr Acid waren, obwohl ich mich nicht erinnern kann, dass Syd jemals so gewesen wäre. Allerdings glaube ich schon, dass das LSD einer der Auslöser für Syds Probleme war.“
„Syd nahm ganz sicher nicht jeden Tag in der Earlham Street LSD“, betont Peter Wynne-Willson. „Es lag vielleicht eher am Dope als am Acid. Ich weiß, dass das Dope heutzutage viel stärker ist als damals, aber junge Männer zwischen 18 und 20 sind besonders gefährdet, mentale Schäden abzubekommen, wenn sie ein sensibles Naturell haben. Was Syd angeht, so kann ich mich nicht an einen Trip erinnern, der den Ausschlag gegeben hätte. Mitunter fühlte er sich nicht wohl, wenn er bekifft war, aber das traf nicht auf LSD zu. In England gab es in erster Linie Hasch. Syd und ich rauchten in der Regel Joints und manchmal auch aus Shillums. Wir rauchten nur sehr selten pures Hasch aus Pfeifen.“
Für Peter Jenner überschnitt sich Pink Floyds (der bestimmte Artikel „The“ ging im Laufe des Jahres verloren) Auftritt bei „The 14-Hour Technicolor Dream“ im Alexandra Palace im April mit dem „Höhepunkt des Acid-Konsums in diesem Sommer“. Die Fundraiser-Veranstaltung für die International Times, bei der gerade erst eine Razzia stattgefunden hatte und welche daraufhin auf polizeiliche Anweisung hatte zusperren müssen, war der letzte organisatorische Beitrag von John Hokpins, bevor er ins Gefängnis musste. „Ich war derjenige, der die Saalmiete ausverhandelte“, sagt Hoppy heute. „Und noch Jahre später waren sie auf der Suche nach mir. Das war vielleicht ein Spaß! Es müssen zehntausend Leute durch die Türen gegangen sein. Die Freunde von Michael X fungierten de facto als Sicherheitspersonal. Was wir erst Jahre später herausfanden, war, dass sie das Eintrittsgeld, das die Leute zahlten, einfach einsteckten. Also floss nur wenig Geld dahin, wohin es eigentlich sollte.“
Neben Pink Floyd sollten außerdem noch die Pretty Things, The Soft Machine und der neueste Overground-Held des Underground, Arthur Brown, auftreten. Letzterer würde schon bald mit „Fire“ seinen ersten Hit landen, den er in der Regel mit brennender Kopfbedeckung performte. Zusätzlich gab es noch Avantgardefilm-Vorführungen, Beatnik-Gedichtlesungen, eine Spiralrutsche sowie ein Fiberglas-Iglu, in dem man Bananenschalen rauchen konnte. Unter den Besuchern, die sich den Wahnsinn nicht entgehen lassen wollten, befand sich auch John Lennon.
Am selben Abend hatten Pink Floyd zuerst noch einen Auftritt im niederländischen Fernsehen zu absolvieren, bevor die Band zurück nach London flog, um anschließend im halsbrecherischen Tempo zum Alexandra Palace in Muswell Hill zu rasen. Peter Jenner, der anscheinend das Maximum aus dem Abend herauszuholen gedachte, hatte sich bereits etwas zu früh einen Trip eingeworfen. „Ich fuhr immer noch den Van, als ich wieder zu mir kam“, erzählt er. Gleichzeitig befand sich Peters alter Kumpel von der Uni, „Alternativmediziner“ Sam Hutt, in einer ähnlichen Lage. „Ich fuhr zusammen mit Rick Wright und war auf LSD“, erinnert er sich. „Autofahren auf Acid? Nicht sehr empfehlenswert. Alles, an was ich mich erinnern kann, ist, dass ich ganz auf dieses glänzende Cape, das Rick trug, fixiert war – zumindest glaubte ich, dass er so etwas tragen würde.“ Im Inneren der Location zog schließlich die Spiralrutsche Hutt in ihren Bann. „Rauf und runter, rauf und runter! Und jedes Mal wurde ich erneut geboren“, lacht er heute darüber.
Für Robert Wyatt von The Soft Machine war Pink Floyds Auftritt um 4 Uhr morgens „einer ihrer besten Gigs überhaupt. Ich war total von den Socken“. Andere wiederum behaupteten fälschlicherweise, dass Syd zu bedient gewesen wäre, um noch aufzutreten – und doch zeigen Fotos aus jener Nacht, wie Barrett seine Hände an der Gitarre hat und absolut noch in der Lage ist zu spielen. Allerdings war Richard Wrights Cape nicht ganz so glänzend wie in Dr. Hutts Erinnerung.
Für den Event-Organisator, John „Hoppy“ Hopkins, war Pink Floyds Performance im Morgengrauen nur von zweitrangiger Bedeutung. „Einer unserer Freunde war Chemiker“, erinnert er sich, „und brachte etwas mit, von dem wir heute annehmen, dass es mit DMT [das Halluzinogen Diemethyltrytamin] verwandt war. Egal was es auch war, meine Freundin und ich verspürten ein angenehmes, warmes Gefühl und beobachteten schließlich vor dem Alexandra Palace den Ausblick über die Lichter Londons. Ich sah Pink Floyd also gar nicht spielen. Und wenn ich das doch tat, kann ich mich nicht mehr daran erinnern.“
Peter Jenners Erwähnung von Syds LSD-Freunden könnte sich gut auf einen seiner Mitbewohner in diesem Jahr beziehen. Ende 1967 ließ Syd die Earlham