Seewölfe Paket 20. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 20 - Roy Palmer


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      Die „Santa Clara“ war von Hesekiel Ramsgate gründlich umgebaut worden, nichts erinnerte mehr an das typische Bild einer spanischen Galeone. Der Alte hatte sie richtig „umfrisiert“, und zwar zu dem Zweck, sie als zweites Schiff aus der Flotte des Handelshauses der Manteuffels in Kolberg nach Havanna zu schicken, um dort neue Waren für die Schlangen-Insel und Coral Island zu übernehmen und Arne andererseits Perlen aus der Beute der „Santa Clara“ als „Betriebskapital“ zu überbringen.

      Auf den Vorschlag von Renke Eggens war die „Santa Clara“ in „Pommern“ umgetauft worden. Ramsgate hatte ihre weibliche Galionsfigur entfernt und statt dessen als Galionszier einen Greif geschnitzt, das Wappentier von Pommern. Der Greif war rot angestrichen und stellte nach übereinstimmender Meinung von Renke Eggens, Hein Ropers, O’Brien und den anderen „Kolbergern“ ein kleines Meisterwerk dar. Ramsgate war sehr stolz auf dieses Urteil.

      Ferner war die „Pommern“ völlig schwarz gepönt worden und hatte somit nicht mehr die geringste Ähnlichkeit mit der früheren „Santa Clara“. Sie verfügte über zwanzig Culverinen, zehn auf jeder Seite, sowie vorn und achtern je vier Drehbassen, zwei auf jeder Schiffsseite. Außerdem hatte der Alte auf jeder Seite an den Schanzkleidern Halterungen angebracht, in denen beliebig viele Drehbassen zusätzlich montiert werden konnten.

      Der „Stapellauf“ und die „Taufe“ waren natürlich mit einem Umtrunk in „Old Donegals Rutsche“ gefeiert worden, und es hatte wieder mal Marys Stammgericht Calaloo gegeben. Im Grunde genommen hätte das Leben auf der Schlangen-Insel auch weiterhin in seinen üblichen Bahnen verlaufen können, wenn nicht die neue Bedrohung durch die Black Queen und durch Don Juan gewesen wären, die wie ein Damoklesschwert über dem Bund der Korsaren schwebte.

      Die „Pommern“ war ein gesunder, stabiler Dreimaster, und tatsächlich kam nur sie für die Fahrt nach Havanna in Frage, weil sie für die Spanier eben ein „fremdes Schiff“ war.

      „Soweit, so gut“, sagte der Wikinger grollend. „Aber mit welcher Crew soll der Kahn bemannt werden? Und wer, bei Geri und Freki, ist der Kapitän?“

      „Ich“, erwiderte Hasard kühl. „Offiziell wird es allerdings Renke Eggens sein. Ich reise sozusagen inkognito mit.“

      „In – was?“ brüllte Thorfin Njal. „Ich werd’ verrückt! Du willst nach Havanna? Das haut dem Faß den Boden aus!“

      Auch die anderen waren erstaunt. Hasard blieb jedoch völlig ruhig und setzte ihnen auseinander, wie er sich die Bemannung der „Pommern“ im einzelnen vorstellte.

      „Die Spanier werden sich natürlich fragen, wie es angehen kann, daß Renke nach Havanna zurückkehrt“, sagte Hasard. „Dafür geben wir ihnen folgende Erklärung: Auf dem Atlantik hat eine zufällige Begegnung zwischen der ‚Wappen von Kolberg‘ und der ‚Pommern‘ stattgefunden. Bei dieser Gelegenheit hat die ‚Pommern‘ Renke übernommen und als Kapitän eingesetzt, weil er die Havanna-Route ja bereits kennt. Ebenso ist die Hälfte der Crew der ‚Wappen‘ aus Gründen der Zweckmäßigkeit zur ‚Pommern‘ übergewechselt.“

      „Ein tolles Stück“, sagte der alte O’Flynn. „Und du meinst, die Dons schlucken das?“

      „Auf jeden Fall, weil wir es ihnen glaubwürdig genug darstellen.“

      „Und die andere Hälfte der Crew für die ‚Pommern‘?“ verlangte Thorfin Njal zu wissen. „Woher soll die genommen werden? Doch wohl hoffentlich vom Schwarzen Segler!“

      „Nein“, sagte der Seewolf. „Sie wird von der ‚Isabella‘ abgezogen. Deine Männer würden kaum als Deutsche durchgehen.“

      Der Wikinger war immer noch wütend – und verzweifelt. Er wußte nicht, was er unternehmen sollte, um Hasard umzustimmen und die Besatzungsliste zu ändern. So ging es auch den anderen. Hasard hatte gesprochen – punktum und basta.

      „Ich beantrage Abstimmung“, sagte er.

      Nur zögernd gab der Bund seine Zustimmung für den Vorschlag. Tatsächlich aber wußte auch keiner einen Gegenvorschlag vorzubringen. Nur Old O’Flynn erhob einen Einwand.

      „Du könntest in Havanna erkannt werden, Hasard“, sagte er. „Dann sieht es nicht nur für Arne, Jussuf und Jörgen schlecht aus, sondern für euch alle.“

      „Ich werde mich dort tagsüber nicht an Deck zeigen.“

      „Aber da ist noch was“, sagte Jean Ribault. „Die Kampfkraft der ‚Pommern‘ reicht gegen den Zweidecker der Black Queen garantiert nicht aus. Es ist also noch die Frage, ob sich die eine Aktion mit der anderen verbinden läßt.“

      Hasard setzte ein grimmiges Grinsen auf. „Auch daran habe ich gedacht. Ich habe nicht die Absicht, meine Männer und mich selbst in einem sinnlosen Gefecht zu verheizen. Vielmehr werde ich in die Trickkiste greifen, um der Queen und ihrem Anhang zur verdienten Höllenfahrt zu verhelfen.“

      „Wie?“ fragte Siri-Tong.

      „Das findet sich noch.“

      „Das hört sich aber wirklich vage an.“

      Er sah sie an. „Dann laß du dir doch etwas einfallen.“

      „Als Handelsfahrer getarnt, könntet ihr die ‚Caribian Queen‘ in eine Falle locken. Vielleicht sind die Spanier sogar zur Zusammenarbeit bereit“, sagte sie.

      „Wir schlagen die Queen also mit ihren eigenen Waffen – dem Feind Spanien, dessen sie sich bedient?“ Hasards Miene drückte wenig Überzeugung aus. „Das klingt nicht gut. Ich hasse Intrigen. Wir werden versuchen, sie auf dem direkten Weg zu vernichten.“

      „Dann bietet sich an, daß weitere Schiffe die Schlangen-Insel verlassen und sich mit der ‚Pommern‘ an der Südküste von Kuba treffen“, sagte die Rote Korsarin. „An diese Möglichkeit hast du noch nicht gedacht. Im Verband können wir die Queen leichter schlagen.“

      „Das ist ein brauchbarer Vorschlag“, sagte Hasard. „Aber laß mich erst mal die Lage sondieren. Danach sehen wir weiter.“

      Er wollte allein aufbrechen, daran ließ sich nicht rütteln. Unterschwellig begriffen seine Kameraden, daß er genau das Richtige und in dieser Lage Ratsamste tat, aber sie hatten auch den Wunsch, ihm Unterstützung zu leisten. Daß sie auf der Schlangen-Insel zurückbleiben und praktisch mit gebundenen Händen die weitere Entwicklung abwarten sollten, behagte ihnen gar nicht.

      Doch es ließ sich nicht ändern. Die „Pommern“ wurde noch an diesem Abend im Licht von Laternen und Öllampen ausgerüstet und munitioniert. Es war keine Zeit zu verlieren.

      Hasard überlegte sich die Auswahl seiner Crew sehr genau. Schließlich entschied er sich für Dan O’Flynn, Ferris Tucker, Big Old Shane, Ed Carberry, Smoky, Blacky, Al Conroy, Stenmark, Gary Andrews, den Kutscher, Pete Ballie, Matt Davies, Sam Roskill, Luke Morgan und die Zwillinge. Auch Plymmie, die Wolfshündin, war mit von der Partie.

      Die ersten zwölf sollten der „harte Kern“ der Crew sein, was aber keine Zurücksetzung der anderen bedeutete. Mit weiteren vierzehn Männern aus der Crew der „Wappen von Kolberg“ war die „Pommern“ am Ende also einschließlich Hasards, Renke Eggens’ und der Zwillinge mit zweiunddreißig Mann besetzt.

      Voll ausgerüstet und munitioniert ging sie noch vor Mitternacht in See und nahm Kurs auf Havanna. Gleichfalls in dieser Nacht flog der Täuberich Izmir zurück nach Havanna, um Arne von Manteuffel über das bevorstehende Eintreffen der „Pommern“ zu informieren.

      „Hoffen wir, daß alles klappt“, sagte Old O’Flynn in dieser Nacht. Heftig drückte er den Kameraden die Daumen – und das taten auch die anderen. Sie alle wußten, was von einem Gelingen der Aktion abhing: die Zukunft der Schlangen-Insel und Coral Islands – und das Leben ihrer Bewohner. Von daher war es nur zu verständlich, daß Hasard die Sache persönlich in die Hand genommen hatte.

       7.

      Carnera


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