Seewölfe Paket 20. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 20 - Roy Palmer


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Seite. Genaugenommen hatten sie das auch nötig, denn trotz der vielen Betrunkenen waren die Piraten beträchtlich in der Überzahl.

      Die Arwenacks und Kolberger fuhren wie ein Gewitter mitten hinein in das wilde Gelage. Nach dem Abfeuern ihrer Pistolen war für manchen Piraten das Fest zu Ende. Die Frauen, die von diesem Überraschungsangriff genauso überrascht worden waren wie die Schnapphähne, ließen fallen, was sie gerade in der Hand hatten, und suchten schreiend Schutz in den Hütten oder hinter den dicken Stämmen der Palmen und Farnbäume. Vielleicht fürchteten sie sogar, eine neue Piratenbande sei gelandet, um das schlimme Treiben der anderen fortzusetzen.

      Im Handumdrehen wogte ein harter Kampf durch das Fischerdorf – gespenstisch beleuchtet von den lodernden Flammen der Feuer.

      Die Männer von der Schlangen-Insel hatten der üblen Bande wahrhaftig genug Ärger und Schwierigkeiten zu verdanken, deshalb zögerte auch keiner von ihnen, kräftig zuzulangen.

      Die Kolberger droschen drauf wie germanische Recken, nachdem sie ihre Pistolen leer geschossen hatten, und die Arwenacks standen ihnen in nichts nach. Sie alle waren nicht nur hervorragende Schützen, sondern verstanden auch, mit Blankwaffen aller Art zu kämpfen. Wie die Vergangenheit gezeigt hatte, genügten ihnen manchmal sogar die nackten Fäuste.

      Der rothaarige Schiffszimmermann Ferris Tucker ließ seine riesige Axt kreisen. Die drei Kerle, die ihn zähnefletschend und mit Entermessern in der Hand belagerten, gelangten nicht an ihn heran. Als schließlich doch einer von ihnen versuchte, unter der wuchtigen Axt wegzutauchen, um Ferris das Messer in die Brust zu jagen, änderte dieser blitzschnell den Kurs seiner Waffe. Der Schnapphahn ging mit einem lauten Aufschrei zu Boden. Niemand in der Karibik hatte jemals noch etwas von ihm zu befürchten.

      Der zweite erlitt das gleiche Schicksal, als er versuchte, Ferris von hinten anzugreifen. Dem dritten verpaßte der rothaarige Riese einen so gewaltigen Fußtritt, daß er jaulend in einem der Lagerfeuer landete.

      Dan O’Flynn lieferte einem baumlangen Neger einen erbitterten Degenkampf, auf den sich dieser am besten nicht eingelassen hätte, und Pete Ballie setzte einem heimtückischen Burschen, der sich von hinten an Dan heranschleichen wollte, seine geballte Pranken aufs Haupt.

      Al Conroy, Matt Davies und all die anderen mußten sich verbissen mit jeweils mehreren Gegnern auseinandersetzen, auch wenn die Zahl der Schnapphähne schon wesentlich kleiner geworden war.

      Luke Morgan, ein gefürchteter Messerkämpfer, kriegte mit, wie einer der Kerle ein Mädchen, das sich hinter dem Stamm einer Palme versteckt hatte, hervorziehen wollte. Offenbar wollte er die Kleine als Schild benutzen. Doch er schaffte es nicht mehr, denn das Messer Lukes’ zischte durch die Luft und bohrte sich in seine Rippen. Das halbwüchsige Mädchen kehrte weinend und zitternd hinter den Stamm zurück.

      Auch Edwin Carberry war in seinem Element. Wo der Profos hinhieb, wuchs kein Gras mehr. Nachdem er eine Messerattacke erfolgreich abgewehrt hatte, geriet er an Casco. Der Kreole stand geduckt wie ein sprungbereiter Löwe vor ihm, fletschte die Zähne und hielt in jeder Hand ein Messer.

      „Wo haben sie dich denn losgelassen?“ rief der Profos mit Donnerstimme. Seine Blicke hefteten sich auf die plattgeschlagene Nase Cascos. „Dir hat der Teufel wohl persönlich das Gesicht aufgebügelt, wie?“

      Casco schnaubte vor Wut wie ein wilder Stier.

      „Stirb, du Bastard!“ stieß er keuchend hervor und schleuderte dem Profos, der eigentlich einen direkten Angriff erwartet hatte, eines der beiden Messer entgegen.

      Da Ed damit nicht gerechnet hatte, konnte er nur noch wenig tun, um der plötzlichen Attacke auszuweichen. So riß ihm das Messer das Hemd an der linken Schulter in Fetzen und hinterließ eine kleine Fleischwunde.

      Den Profos erschütterte ein solcher Kratzer jedoch nicht. Er nahm seinen Degen blitzschnell in die linke Hand, bückte sich ebenso schnell und riß ein langes Holzscheit, das aus der Glut ragte, an sich.

      Casco wollte die kurze Ablenkung nutzen, um sich mit dem anderen Messer auf den bulligen Mann mit dem Rammkinn zu stürzen, doch der hielt ihm einerseits die Degenklinge entgegen und mit der anderen Hand hieb er ihm das glühende Holzscheit über den Schädel. Die Funken stoben in alle Richtungen, das durchgekohlte Ende löste sich in tausend glühende Bröckchen auf.

      Die Wucht des Hiebes ließ Casco zurücktaumeln, und um ein Haar wären ihm die Knie eingeknickt. Er heulte wie ein getretener Hund, und wäre er nicht ohnehin von schwarzer Hautfarbe gewesen, hätte man jetzt sein verrußtes Gesicht bewundern können.

      Die Brandwunden, die den noch frischen Kratzern Pepitas hinzugefügt worden waren, ließen den Oberschnapphahn einige Luftsprünge vollführen. Dabei geriet er unversehens in das „Revier“ von Matt Davies, dem eine spitzgeschliffene Hakenprothese die fehlende rechte Hand ersetzte.

      Casco mußte sich wohl oder übel diesem neuen Gegner zuwenden, auch wenn er von irrsinnigen Schmerzen gepeinigt wurde. Seine Gesichtshaut brannte höllisch, hinzu gesellten sich noch die unbändige Wut und sein zügelloser Haß. Er konnte trotzdem nicht verhindern, daß ihm der scharfe Haken Matts einen Teil der Hose vom Leib fetzte und eine blutige Spur auf dem rechten Oberschenkel hinterließ.

      Der Kampf tobte erbittert hin und her, manchmal sah es sogar danach aus, als würden die Männer von der Schlangen-Insel ein Stück zurückgedrängt werden, weil die Übermacht der Piraten immer noch gegeben war. Doch die Arwenacks und Kolberger gaben nicht auf, auch wenn der eine oder andere schon eine kleinere Verwundung davongetragen hatte. Sie waren sich darüber im klaren, daß es hier um Leben und Tod ging.

      Die Piraten, die bereits die männliche Bevölkerung dieses Küstendorfes nahezu ausgerottet hatten und nicht einmal vor wehrlosen Frauen zurückschreckten, kannten kein Pardon. Man mußte ihnen deshalb mit der gleichen Einstellung begegnen, anders konnte diesen Schurken niemals das Handwerk gelegt werden. Dans Mannen bedauerten nur lebhaft, daß ihre „Königin“, die schwarze Piratin, nirgends zu entdecken war.

      Die Entscheidung ließ nicht mehr lange auf sich warten, denn ganz plötzlich geschah etwas, womit niemand gerechnet hatte: Die Frauen des Dorfes griffen in den Kampf ein – jene Frauen, die von den Piraten lange genug gepeinigt worden waren. Viele von ihnen waren durch den brutalen Überfall dieser Halunken zu Witwen und Waisen geworden. Sie hatten offensichtlich begriffen, daß vom Ausgang dieses Kampfes auch ihr weiteres Schicksal abhing. Ja, jetzt zeigte sich, daß auch Frauen kämpfen konnten.

      Der erste, der dies erfahren mußte, war der säbelbeinige Silo. Der heimtückische Kerl, der auf kriecherische Weise versucht hatte, sich bei Casco anzuschmeicheln, schlich sich von hinten an Luke Morgan heran, um ihm sein Messer in den Rücken zu stoßen. Er hatte dazu die besten Erfolgsaussichten, denn Luke hatte es vollauf mit einem Burschen zu tun, dem er ein Degenduell lieferte.

      Da stürzte plötzlich das Mädchen, dem Luke zuvor geholfen hatte, hinter dem Baumstamm hervor und hieb Silo kraftvoll einen riesigen Wasserkrug auf den Kopf. Der säbelbeinige Bursche brach lautlos zusammen, die Scherben des zersplitterten Krugs flogen durch die Gegend.

      Einige Frauen stürzten mit Töpfen, Pfannen und Knüppeln aus den Hütten und versuchten, den Männern tatkräftig zur Hand zu gehen.

      Vor allem die schwarzhaarige Pepita raste wie eine Furie zwischen die kämpfenden Parteien. Zu ihrem Leidwesen entdeckte sie in dem Getümmel Casco nicht, deshalb mußte ein anderer Schnapphahn seinen Schädel als Zielscheibe für ihre gußeiserne Bratpfanne zur Verfügung stellen.

      Bevor Sancho, der ohnehin schon eine prächtige Beule auf der Stirn hatte, merkte, daß ihm von der dunkelhäutigen Schönen Gefahr drohte, gab es auch schon einen dumpfen Laut, und der Kerl stürzte seitwärts ins Feuer. Da er bei dieser Gelegenheit einen Dreifuß umriß, an dem ein dampfender Kessel hing, blieb das nicht ohne bittere Folgen für ihn.

      „Sehr gut, Miß!“ brüllte Edwin Carberry begeistert. „Hau diesen Affenärschen nur die Rübe ein!“ Fast zur selben Zeit verpaßte er Puso, der mit seinem zugeschwollenen Auge sowieso nur die halbe Welt sah, einen fürchterlichen Tritt gegen den Achtersteven. Puso segelte mit einem lauten Schrei durch die Gegend und riß einen seiner Kumpane mit zu


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