Seewölfe Paket 1. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.Teufels – wie eine durch die Luft pfeifende Peitsche. Er stand am Ende des Achterdecks, die Hände auf die Querbalustrade gestützt, und zeigte seine weißschimmernden Zähne.
Ferris Tucker stieg aufs Achterdeck.
„Der Anker sitzt“, sagte er und blickte zur Insel auf ihrer Backbordseite hinüber. „Tut gut, mal wieder Land zu sehen. Und die Dons sind wir auch quitt. Diese Wanze weigerte sich doch tatsächlich, den Frachtraum zu verlassen. Hast du noch bemerkt, wie er aussah?“
„Nein.“ Hasard lächelte. „Du hattest es ja so eilig, ihn außenbords zu befördern. Wieso, wie sah er denn aus?“
„Die müssen ihm ganz schön die Leviten gelesen haben, nachdem du es ihm besorgt hattest. Sie haben ihm die Augen dichtgeschlagen, ringsum war alles bunt – wie bemalt. Und verschwollen.“
„Geschieht ihm recht. Hau dich aufs Ohr, Ferris. Du hast morgen am meisten von uns zu tun.“
„Und du?“
„Ich penn hier an Deck ein bißchen – mit dem einen Auge. Mit dem anderen paß ich auf, daß keinem gebratene Täubchen ins Maul flattern – gebraten und braunhäutig.“
„Hab ich mir gedacht“, sagte Ferris Tucker trocken und verschwand im Achterkastell.
11.
Die Verblüffung war auf beiden Seiten gleich groß nur reagierten die Männer auf der „Barcelona“ und auf der „Santa Barbara“ schneller.
Sie waren im Morgengrauen ankerauf gegangen und umsegelten die Südspitze von Flores genau in dem Moment, als sich eine Karacke wie eine träge Kuh aus der Bucht wälzte. Sie führte Fock-, Groß- und Besanmast, hatte aber erst das Lateinersegel am Besanmast und die Fock gesetzt. Am Großsegel murksten ein paar Leute herum und hörten prompt mit der Murkserei auf, als sie beiden Galeonen entdeckten, die mit rauschender Fahrt anrückten.
„Ach du Scheiße“, sagte Ferris Tucker entgeistert. Und dann fügte er hinzu: „Nun sieh dir das an! Die freuen sich und winken.“
„Die denken, wir sind Spanier.“ Hasard stand auf der Backbordseite des Achterdecks und überlegte blitzschnell. „Wir greifen sie an, Ferris.“
Ferris Tucker blies die Backen auf. „Du kriegst wohl auch den Hals nicht voll genug.“
„Nicht für mich!“ stieß Hasard hervor. „Für die Neger, Mann! Mit dem Kasten können sie zurück nach Afrika und brauchen nicht hier auf der Insel zu bleiben.“
„Ach so.“ Ferris Tucker spuckte in die Hände. „Dann will ich mal unsere Kanönchen klarmachen.“ Er fegte wie ein Blitz auf die Kuhl und schrie die Männer an, die wie Wiesel losflitzten, Pulver und Kugeln holten und die Lunten vorbereiteten.
Der Seewolf blickte nach Steuerbord hinüber, wo die „Santa Barbara“ querab von ihnen segelte. Ben Brighton hatte anscheinend aufgepaßt, was bei ihm, an Deck der „Barcelona“, vor sich ging, denn auch auf der „Santa Barbara“ arbeiteten die Männer an den Kanonen.
„Sehr gut“, murmelte Hasard und schaute wieder zu der Karacke hinüber. Dort tat sich gar nichts. Die Karacke schaukelte vor sich hin, ihr Großsegel war immer hoch nicht gesetzt, die Männer dort an Bord glotzten, und einige winkten wieder.
Hasard winkte auch. Dann erschrak er. Die winkten, weil sie die Weiber gesehen hatten, die sich seit dem Ankeraufgehen bereits wieder in halbnackter Pracht auf dem Vorschiff in Positur gesetzt hatten und jetzt wie Sirenen auf die Männer dort drüben wirken mußten.
Hasards Fluch war lästerlich. Dann peitschte seine Stimme über das Deck: „Batuti! Schick deine Gazellen unter die Back, bevor ein Unheil passiert, verdammt und zugenäht!“
Eine groteske Situation! Da wollten zwei Galeonen Ihrer Majestät der Königin von England – so formulierte es Hasard in seinem Geist – eine Karacke angreifen, und auf der einen Galeone turtelten siebzehn halbnackte, brüste- und hüftenwakkelnde Negerinnen herum.
Aber dann erkannte er, daß dies genau der Trick war. Die da drüben stierten sich die Augen aus den Höhlen und verschlangen die halbnackten Schönen, aber daß an Bord der beiden Galeonen die Messer gewetzt wurden, das entging ihnen dabei.
„Batuti!“ rief Hasard. „Laß die Gazellen schön langsam verschwinden, nicht zu hastig, bitte sehr, und sie können – äh – ruhig etwas mehr von – äh – dem zeigen, was sie von uns unterscheidet.“
Da hatte er mal wieder herrlich drumherumgeredet. Aber Batuti schien begriffen zu haben – und ebenso die Männer, wie er an ihrem Grinsen erkannte. Dieses dämliche Grinsen!
Batuti sagte etwas, und die Schönen lächelten entzückend. Und Nuva ging graziös über die Kuhl auf ihn zu – auf ihn, o Himmel! Was für Brüste! Und Wobia! Und die anderen! Sie paradierten vor ihm, vor Philip Hasard Killigrew, dem Seewolf, dem Kapitän der „Barcelona“ und Befehlshaber eines Flottenverbandes von zwei gekaperten Galeonen.
O Himmel, Arsch und Zwirn!
Er schwitzte und fror und hätte diesen ganzen verdammten Kasten samt grinsenden Männern und wackelnden Negerinnen in Klump hauen können.
Und diese schmelzenden Blicke!
Die Wackelprozession zog unter ihm vorbei, rüber zur Steuerbordseite, voraus, entlang des Vorkastells, zur Backbordseite und wieder auf ihn zu. Immer reihum im Quadrat.
„Fein?“ fragte Batuti.
Nimm dich zusammen, Philip Hasard Killigrew, ermahnte sich der Seewolf und zeigte ein wüstes Grinsen, vor dem selbst der Teufel Reißaus genommen hätte.
„Hör zu, mein Junge“, sagte Hasard mit mühsam beherrschter Stimme. „Die Karacke dort drüben wird euer Schiff. Aber ihr müßt es stürmen. Wir helfen euch. Ich werde halsen, im Gegenkurs haarscharf mit meiner Steuerbordseite an der Karacke vorbeischeren – und das ist der Moment, in dem ihr entern müßt. Bis zu diesem Zeitpunkt stelle bitte deine Gazellen nebeneinander – front zu der Karacke – an der Steuerbordseite auf. Und da sollen sie zeigen, was sie haben, verstanden?“
„Verdammich, verdammt und zugenäht! Jetzt verstanden. Und Karacke dann unser Schiff?“
„Jawohl, euer Schiff. Aber ihr müßt blitzschnell hinüberspringen, wie Raubkatzen. Sag das deinen Männern.“
Batuti fletschte die Zähne. „Wir alle kämpfen wie Löwen, Ssör.“
Er wandte sich um, sagte etwas zu den Gazellen und sprach mit den fünfzehn anderen Negern, die plötzlich mit den Augen zu rollen begannen und eifrig nickten.
„Ferris!“
„Ja?“
„Du hast mitgehört, was ich Batuti sagte. In dem Moment, in dem sie entern, feuere eine Kanone ab, nur eine. Die Kugel wird über die Wasserlinie in den Rumpf der Karacke schlagen und wohl keinen Schaden anrichten, der nicht behoben werden kann. Aber mir geht’s um die Wirkung. Krach ist immer gut. Und dann verteil Waffen an die Schwarzen. Sie sollen sich bis zum Entern hinter dem Steuerbordschanzkleid verbergen – zu Füßen der Schönen. Wer entert von unseren Männern mit?“
„Alle“, sagte Ferris Tucker prompt.
„Ach? Und wer bleibt dann auf diesem Kasten?“
„Du natürlich.“
„Natürlich. Und ich bediene die Segel und stehe gleichzeitig am Ruder, wie?“
Ferris Tucker kratzte sich am Kopf.
Hasard sagte: „Dan O’Flynn, Smoky und der Kutscher bleiben hier an Bord, aus, vorbei. Wir haben nicht mehr viel Zeit, die Karacke liegt schon hinter uns. Wahrscheinlich denken die, hier seien Verrückte an Bord. Wenn ihr die Karacke im Griff habt, steuern wir in die Bucht und gehen dort vor Anker.“
„Aye, aye. Und Ben?“
Hasard nickte. „Der kriegt