Seewölfe Paket 1. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.ohrenbetäubender Lärm donnerte über die Decks. Drüben enterten Ben Brightons Männer und fielen über die Spanier her.
Im Vorbeirauschen sah Hasard verzerrte Gesichter mit entsetzt aufgerissenen Augen, Todesschreie gellten über das Deck der Karacke, Männer brachen zusammen. Batuti stieß einem Spanier das Messer in den Leib. Zwei Spanier flogen von den riesigen Fäusten des Schiffszimmermanns gepackt außenbords zwischen die Schiffswände. Schüsse krachten – die Metzelei war im vollen Gange.
Vorbei!
Sie passierten das Heck, glatt, elegant, und drüben, nur getrennt durch die Breite der Karacke, erschien die „Santa Barbara“.
„Mann! Ist das ein Ding!“ schrie Ben Brighton begeistert. „Sollen wir noch einmal zurückdrehen?“
„Nein, Ben. Sie schaffen es. Wir steuern die Bucht an. Wenn Ferris klar Deck hat, folgt er uns.“
„Aye, aye. Deine Schönen sind hinreißend!“
Die Schönen! Hasard hatte sie fast vergessen.
„Wollt ihr wohl dort weg, ihr Hexen!“ fuhr er sie an.
Sie standen immer noch auf der Steuerbordseite. Nuva löste sich, glitt geschmeidig über die Kuhl ans Achterdeck und schaute zu ihm hoch.
„Du – Mann, du“, sagte sie guttural, „schöner Mann, tapfer ...“
Auch das noch, dachte Hasard. Bleib mir ja vom Leib, du Hexe. Er wischte sich den Schweiß Von der Stirn und ächzte.
„Smoky! Verdammt, schaff mir die Weiber vom Hals. Ich muß mich darum kümmern, wie Wir in die Bucht kommen, verstehst du?“
„Klar, aber ich kann doch auch nicht diese Batuti-Sprache.“
Hasard fluchte. „Mir egal, Mann, schaff sie nach vorn, die machen mich hier ganz nervös.“
„Mich auch“, sagte Smoky, grinste, klopfte Nuva zärtlich aufs Hinterteil und gurrte wie ein Täuberich. „Bitte schön, du schwarze Hexe, dorthin, nach vorn, wie haben hier zu tun, verstehst du das, meine Süße? Schiff dort in die Bucht bringen. Jetzt keine Zeit, verdammt und zugenäht. Na, komm schon!“
Er schob Nuva zum Vorschiff, und Hasard stellte grimmig fest, daß er ein bißchen zuviel an Nuva herumfummelte. Aber sie folgte ihm willig und warf neckende Blicke zurück zu Hasard.
Oh, dieses verdammte Luder. Gottlob schlossen sich ihr die anderen Gazellen an.
Und Donegal Daniel O’Flynn feixte über das ganze sommersprossige, freche Gesicht mit der Stupsnase. Er hatte die Hände in den Taschen, flötete und schaukelte dabei auf den Fußballen.
„Hast du nichts zu tun?“ fuhr ihn Hasard an.
„Noch nicht“, sagte das Bürschchen, „aber sicherlich hast du gleich was für mich zu tun, eh?“
„Eh! Eh! Mach das Lot klar, verstanden? Kutscher! Sieh zu, daß das Ankergeschirr klariert wird. Steht nicht herum, Bewegung! Bewegung!“
Die beiden trollten sich – und natürlich waren dort, wo sie jetzt zu tun hatten, wieder diese verdammten Weiber. Es war zum Auswachsen.
„Frage Kurs?“ Blacky meldete sich wieder.
Hasard schaute nach vorn. Sie segelten auf die Bucht zu, die sich weit vor ihnen öffnete. Links, an Backbord, schwang die Südspitze wie eine Sichel in die See und schirmte die Bucht ab. Hasard konnte Sandstrand erkennen, dahinter stiegen Schroffen hoch, bewaldet und von herrlichem Grün. Zwischen den Bäumen ganz rechts weit hinter dem Strand entdeckte Hasard ein paar Hütten.
Er blickte zurück zur Karacke. Ja, der Kampf war beendet. Die Karacke drehte bereits schon ab, um ihnen zu folgen.
Die Hütten!
Hasard kaute auf der Unterlippe. Feindliche Inselbewohner oder nicht? Man würde sehen.
Er ließ die Segel aufgegeit, bis auf das Lateinersegel. Es reichte, um mit genügender Fahrt in die Bucht zu laufen.
Zehn Minuten später hatte Smoky den Anker geworfen. Sie lagen etwa vierzig Yards vom Strand entfernt. Vogelstimmen lärmten vom Land herüber. Ein stiller Frieden lag über der Bucht. Oder täuschte die Ruhe?
Neben ihnen ankerte die „Santa Barbara“. Dann lief die Karacke ein und warf den Anker. Hasard rieb sich die Hände.
„Smoky, Dan! Setzt das Boot aus und bringt die Gazellen auf die Karacke hinüber.“
„Aye, aye.“ Aber sehr zügig arbeiteten die beiden nicht gerade, und sehr begeistert sahen sie auch nicht aus.
Hasard grinste spöttisch. „Blacky, Kutscher! Helft den beiden, sonst brechen sie noch zusammen!“
„Aye, aye.“
Auch auf der „Santa Barbara“ wurde ein Boot ausgesetzt und ebenfalls auf der Karacke.
Hasard verschwand im Achterkastell, als die Gazellen schnatternd von Bord stiegen. Er hatte genug von allen Nuvas und Wobias und wie sie heißen mochten. Als auf dem Deck wieder Ruhe herrschte, ging er auf die Kuhl. Immerhin, winken konnte er ja. Und die Gazellen winkten zurück.
Ferris Tucker und zwei seiner Männer pullten mit Batuti längsseits und enterten.
Batuti sprang als erster an Deck, voller Blutspuren, aber selbst unverletzt.
Hasard blickte ihn verwundert an.
Batuti scharrte mit den nackten Füßen, wand sich vor Verlegenheit und schaute hilfesuchend zu Ferris Tucker, der jetzt an Deck sprang.
„Der Herkules will bei uns an Bord bleiben“, sagte Ferris Tukker und grinste fröhlich.
„Was denn, bei uns? Er will nicht zurück nach Afrika?“
„Nein, Ssör, bitte. Batuti bei dir bleiben, du guter Mann, bitte. Mit dir segeln, Ssör, immer, bis Ende der Welt, ja?“
Hasard war platt und starrte den Riesen verblüfft an.
„Ein Mann mehr zur Verstärkung unserer Besatzung wäre nicht schlecht“, sagte Ferris Tucker, „und dieser Herkules ist nicht von schlechten Eltern, Hasard.“
„In Ordnung“, sagte der Seewolf. „Er bleibt bei uns.“
Batuti hätte ihn fast umgerissen vor Freude.
Der Strand hatte eine hölzerne Anlegestelle – und dort lagerten Kisten mit Musketen, Pistolen, Piken, Pulver, Kugeln, Werkzeugen, zehn Weinfässer und vier Fünfpfünderkanonen. Mit fünf Weinfässern an Bord zog die Karacke ostwärts davon und verschwand hinter der Kimm – und mit ihr einunddreißig Neger und siebzehn samthäutige Schönen.
Die Bucht hieß Punta Lagens, und die Karacke hatte Waffen, Wein und Werkzeuge dort ausgeladen – und dreißig spanische Soldaten, wie sie von einem Inselbewohner erfuhren. Sie sollten auf dem Morro Grande, dem höchsten Gipfel der Insel, eine Beobachtungsstation errichten.
Und noch während Ferris Tucker am Strand eine vierzig Fuß lange, schlanke Pinie zum Fockmast herrichtete, wußte Hasard, daß es Kampf mit den Spaniern geben würde ...
ENDE
1.
Die See war glatt wie eine geschliffene Marmorplatte. Die Seevögel, die noch vor Minuten die kleine Karacke begleitet hatten, waren so plötzlich verschwunden, als hätte das Meer sie verschluckt. Schlaff hingen die Segel von den Masten. Es war, als hätte die Welt aufgehört zu atmen.
Die Männer aus Gambia standen an Deck und starrten sich aus großen Augen an, in denen die Furcht vor dem Unbekannten zu lesen war.
Die jungen Frauen und Mädchen hatten sich unter der Back verkrochen und hockten