Seewölfe Paket 1. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.verdammt …“ legte Hasard los.
„Drei Soldaten!“ zischte der Junge. „Sie haben sich angeschlichen und wollten uns abknallen. Zwei von ihnen zielen noch auf den Felsen.“
Hasard zog die Pistole aus dem Gürtel und überprüfte sie. Außer ihr hatte er nur noch ein Messer bei sich. Dan O’Flynn war sogar ohne Schußwaffe. Er packte den gekürzten Stiel seiner Enterpike fester und begann auf allen vieren auf einen anderen Felsen zuzukriechen.
Hasard schlug die entgegengesetzte Richtung ein. Als er den Lavafelsen umrundet hatte, konnte er einen Blick hinunter zur Kriegsgaleone werfen. Ein paar Seesoldaten hatten sich an Steuerbord aufgebaut und zielten mit ihren Musketen an Land.
Die Entfernung war für einen sicheren Schuß zu groß, aber Hasard spürte ein Kribbeln zwischen den Schulterblättern, als er daran dachte, was eine der Neunpfünderkanonen der Spanier hier anrichten konnte. Er hoffte, daß die Männer auf der Kriegsgaleone auf ihre Landsleute Rücksicht nahmen.
Er nahm sich nicht die Zeit, vorsichtig zu sein. Er wollte bei seinen Leuten unten in der Bucht sein, wenn sie die Kriegsgaleone entdeckten. Wahrscheinlich hatten sie den Musketenschuß gehört, und wie er den Bootsmann Ben Brighton kannte, würde der sofort ein paar Männer zusammenrufen, um nachzusehen, was oben auf dem Plateau los war.
Hasard mußte das verhindern, denn die anderen Soldaten würden die Gelegenheit sicher nutzen, die Männer in der Bucht anzugreifen. Die Soldaten hatten die Kriegsgaleone bestimmt längst entdeckt, dessen war er sich sicher.
Mit ein paar Sätzen erreichte Hasard den nächsten Felsen. Er hatte keine Ahnung, wie dicht die Spanier waren, aber nach dem Klang des Musketenschusses zu urteilen, war er nicht viel mehr als zwanzig Yards von ihnen entfernt. Er warf einen kurzen Blick zur Seite. Von Dan O’Flynn war nichts zu sehen.
Hasard hob die Hand mit der Pistole, bevor er die Deckung der schwarzen Felsen verließ. Er sah die drei Spanier im selben Augenblick, als auch sie ihn entdeckten. Einer von ihnen war noch mit dem Laden seiner Muskete beschäftigt. Die anderen beiden hatten ihre langen, unhandlichen Waffen auf einer eisernen Gabel liegen und zielten immer noch auf die Stelle, an der Hasard und Dan O’Flynn noch vor Sekunden gestanden hatten.
Sie versuchten, ihre Musketen herumzureißen. Hasard zögerte nicht. Seine Pistole spuckte Feuer und Rauch. Die Kugel traf den Spanier einen Fingerbreit über dem glänzenden Brustschild in den Hals. Der Mann wollte schreien, aber nur ein Gurgeln drang über seine Lippen. Er ließ seine Muskete fallen und griff sich an den Hals. Blut schoß ihm aus dem Mund und tränkte die weiten Ärmel seines Hemdes. Plötzlich sackte er zusammen. Er fiel zur Seite und stieß gegen den anderen Soldaten, der seine Muskete auf Hasard gerichtet hatte.
Die Muskete schwenkte herum. Wirkungslos fauchte die Kugel in den wolkenlosen Himmel, den die letzten Strahlen der untergehenden Sonne blutrot färbten.
Hasard stieß einen wilden Schrei aus und stürzte sich auf den Soldaten. Der Spanier riß seinen Degen heraus, aber er fand nicht mehr die Zeit, die Spitze auf den angreifenden Feind zu richten. Bevor er die Waffe hochschwingen konnte, war Hasard bei ihm und stieß ihm das lange Messer bis zum Heft in die Seite, die vom Brustpanzer nicht mehr geschützt wurde.
Der Soldat sackte schlaff zusammen. Er war sofort tot.
Hasard riß das Messer aus dem Leib des Toten und wirbelte herum. Er sah, wie der dritte Spanier seine Muskete über dem Kopf schwang und sie auf Dan O’Flynn niedersausen lassen wollte. Der Junge lag vor dem Soldaten auf dem Boden und schüttelte benommen den Kopf.
Hasard warf sein Messer. Er wußte, daß er viel Glück brauchte, wenn sein Wurf O’Flynn noch retten sollte. Kaum hatte das Messer seine Hand verlassen, brüllte er den Schlachtruf der Killigrews, um O’Flynn aus seiner Besinnungslosigkeit zu reißen.
Das Messer traf den Spanier auf der Rückenplatte seines Panzers. Der Stoß genügte, um ihn etwas abzulenken. Der Lauf der schweren Muskete strich haarscharf an Dan O’Flynns Kopf vorbei. Der Schwung riß den Spanier vor. Er stolperte über den am Boden liegenden Jungen, ließ die Muskete fallen und stützte sich mit beiden Händen ab.
Hasard war sofort bei ihm. Bevor sich der Soldat in seiner Rüstung, die seine Bewegungsfreiheit ziemlich beschränkte, herumdrehen konnte, hatte Hasard ihm den Degen aus der Gürtelhalterung gezogen und die Spitze an den Hals gesetzt.
Die Augen traten dem Spanier aus dem Kopf. Er stammelte ein paar Worte und schwieg dann, als er bemerkte, daß der Engländer sie nicht verstand.
O’Flynn hatte sich inzwischen aufgerappelt, aber er schien immer noch nicht ganz bei Besinnung zu sein. Seine Augen waren noch leicht glasig. Seine rechte Hand tastete über eine Stelle an seiner Schläfe, wo die Haut aufgeplatzt war.
Hasard wartete, bis Dan O’Flynn wieder klar war. Dann befahl er dem Jungen, die Musketen den Felsabhang hinunterzuwerfen und die anderen Waffen der Spanier einzusammeln. Als der Junge damit fertig war, trat Hasard von dem regungslos daliegenden Spanier zurück.
Er nickte zu den beiden Toten hinüber und sagte: „Du kannst dich um sie kümmern, wenn du willst.“
Er wußte nicht, ob der Spanier verstanden hatte, was er meinte, aber das kümmerte ihn nicht mehr. Er rief Dan zu, er solle vorauslaufen und Ben Brighton berichten, daß alles in Ordnung sei.
Sekunden später folgte er ihm, nachdem er noch einen Blick auf die Kriegsgaleone geworfen hatte, die jetzt vor der Bucht beidrehte und quer zu dem schmalen Buchtzugang vor Anker ging.
Hasard konnte nur hoffen, daß die Spanier sich sicher genug fühlten, die Nacht abzuwarten und erst mit dem neuen Tageslicht ihre Aktionen zu beginnen.
4.
Ben Brighton hatte genau richtig reagiert. Als er den Musketenschuß oben in den Felsen vernommen hatte, wollte er im ersten Moment wirklich Hasard mit ein paar Männern zur Hilfe eilen.
Doch dann hatte der Kutscher, der als Ankerwache auf der „Santa Barbara“ eingeteilt war, die spanische Kriegsgaleone gesichtet.
Ben Brighton hatte sofort den Gambia-Negern befohlen, sich mit Musketen zu bewaffnen und den Felsabhang zu beobachten, ob die Soldaten von Land aus einen zweiten Angriff wagten.
Er selbst hatte alle Männer, die Ferris Tucker im Augenblick entbehren konnte, auf die beiden Galeonen befohlen, den Anker hochholen lassen und die Schiffe dicht neben der schmalen Buchtenge in den Schutz der ins Meer hinauslaufenden Felsvorsprünge manövriert. Er hatte Smoky auf den Großmast der „Barcelona“ gejagt, um festzustellen, ob er die Mastspitzen der Kriegsgaleone sehen könne. Doch zum Glück waren die Lavafelsen hoch genug, um die seitliche Bucht vor dem Blick vom Meer aus zu schützen.
Hasard hatte sich zur „Santa Barbara“ hinausrudern lassen. Er sprach kurz mit Ben Brighton.
Der Bootsmann war kühl. Hasard konnte ihm keinerlei Erregung anmerken. Als Hasard ihn nach seiner Meinung fragte, sagte er: „Völlig aussichtslos. Das einzige, was uns bleibt, ist zu kämpfen, bis sie uns alle getötet haben, oder aber die Waffen zu strecken.“
Hasard blickte den erfahrenen Bootsmann skeptisch an. Er hatte von Ben Brighton mehr erwartet. So leicht durfte ein englischer Seemann nicht aufgeben.
„Morgen früh werden sie ihre Seesoldaten an Land setzen“, sagte Ben Brighton. „Dann werden sie uns von zwei Seiten angreifen. Gegen die Geschütze der Kriegsgaleone nimmt sich unsere Bewaffnung aus wie ein Zahnstocher gegen ein Entermesser. Wenn du meine Meinung hören willst, Hasard, morgen bei Sonnenaufgang hat unser letztes Stündlein geschlagen.“
Hasard machte eine wilde Handbewegung.
„Unsinn, Ben“, sagte er hart. „Morgen früh sind alle drei Schiffe auf See, und auch die Galeone da draußen wird uns nicht am Auslaufen hindern!“
Damit drehte er sich um und gab den Männern an Bord den Befehl, die beiden Galeonen nach Einbruch der Dunkelheit wieder an ihre alten Plätze zu bringen, damit sie die Karacke vom Strand ziehen konnten, wenn