Seewölfe Paket 1. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.rief er. „Alle Sachen in das Boot!“
Er wollte sich schon wieder umdrehen, als Pete Ballie leise aufschrie.
„Vorsicht, Ferris, das sind Spanier!“
Ferris Tucker riß die Pistole hoch und feuerte auf den ersten Mann, der sich auf ihn stürzen wollte. Die Kugel streckte den Mann sofort nieder. Wenn Tucker gehofft hatte, die anderen Spanier würden sich durch diesen Zwischenfall aufhalten lassen, so hatte er sich getäuscht.
Die Einwohner von Punta Lagens waren diesmal fest entschlossen, nicht zurückzuweichen. Sie hatten den Zeitpunkt abgewartet, an dem sich nur noch wenige Männer am Strand aufhielten. Außer Ferris Tucker und Pete Ballie war nur noch Stenmark in der Nähe. Der blonde kräftige Schwede, der jetzt aus dem Boot sprang, war mit Ballie von der Karakke herübergepullt.
Die Spanier hatten sich mit allem bewaffnet, was ihnen in die Finger geraten war. Einige von ihnen schwangen Bretter und dicke Knüppel über den Köpfen.
Schweigend gingen sie gegen ihre Feinde vor, denn sie wollten verhindern, daß ihnen weitere Engländer oder Neger in die Quere gerieten. Wahrscheinlich hätten sie ihre Beine unter die Arme genommen und sich irgendwo zwischen den Lavafelsen verkrochen, wenn sie auch nur geahnt hätten, daß sie sich ausgerechnet drei der besten Kämpfer genähert hatten, die es in Hasards Mannschaft gab.
In den nächsten Minuten spürten sie es am eigenen Leib. Ferris Tucker und Pete Ballie, der Fäuste wie Ankerklüsen hatte, wüteten unter den Spaniern wie Berserker. Sie kümmerten sich kaum um die Latten und Knüppel, die auf ihre Rücken und Arme sausten. Sie schlugen mit ihren eisernen Fäusten eine Gasse in die Feinde, und wer von den Spaniern das Pech hatte, nicht gleich umzufallen, mußte noch die Schläge von Stenmark einstecken, die ihm dann den Rest gaben.
Innerhalb von zwei Minuten lagen mehr als die Hälfte der Spanier stöhnend im Sand. Ihnen war es nicht gelungen, auch nur einen der Feinde zu erschüttern. Einer von ihnen schrie leise auf und deutete nach rechts.
Ein paar von Batutis Männern, die die Ladung der Karakke zu den Booten schleppten, hatten den Kampf bemerkt und stürmten nun herbei.
Die Spanier hatten genug. Die ersten drehten sich um und liefen davon, und bevor die Schwarzen heran waren, hatten sich auch die restlichen Spanier abgesetzt und waren im Dunkeln verschwunden.
Vier von ihnen lagen noch bewußtlos im Sand. Stenmark wollte sie ins Wasser werfen, aber Ferris Tucker winkte ab.
„Laß sie“, sagte er. „Die verkriechen sich schon, wenn sie aufwachen. Los, wir müssen uns beeilen, damit wir endlich fertig werden.“
Die Schwarzen schleppten die Weinfässer heran, die die Karacke von Flores nach Spanien hatte bringen sollen. Drei von den zehn Fässern befanden sich bereits auf der „Santa Barbara“, zwei weitere auf der „Barcelona“.
Der Kampf auf dem Plateau tobte immer noch. Ab und zu klangen Schüsse auf, doch der Hauptkampf schien sich Mann gegen Mann abzuspielen.
Ferris Tucker hätte gern ein paar Schwarze zur Verstärkung nach oben geschickt, aber dann mußten sie darauf verzichten, die drei Fünfpfünderkanonen an Bord der Karacke zu bringen. Tucker fragte sich zwar, was die Schwarzen damit wollten, denn sie würden sich mit den Dingern höchstens selbst versenken, aber Bogo und Onoba hatten darauf bestanden, die Kanonen mitzunehmen.
Ben Brighton hielt es auf seinem Posten nicht mehr aus. Dort hinten auf dem Plateau tobte der Kampf zwischen den Schwarzen und den spanischen Soldaten. Unten am Strand wurde sicher jede Hand gebraucht, um die Ladung wieder an Bord der Karacke zu bringen. Und er hockte hier mit den drei Negern untätig herum.
Er glaubte nicht daran, daß die Spanier von der Kriegsgaleone es wagen würden; ein zweites Mal ein Boot zur Landung in die Bucht zu schicken. Der erste Versuch hatte sie zu viele Opfer gekostet.
Entschlossen drehte sich Ben Brighton herum. Er packte die Pistolen, die neben ihm lagen und gab den drei Schwarzen, die genauso unruhig waren wie er selbst, ein Zeichen. Sie sprangen sofort auf. Sie schienen froh zu sein, daß Ben Brighton sich endlich entschlossen hatte, den kämpfenden Männern zu Hilfe zu eilen.
In der Dunkelheit war es nicht einfach, durch die zerrissenen Lavafelsen zu klettern. Ben Brighton hatte sich die Umgebung genau eingeprägt, und trotzdem mußten sie immer wieder Umwege in Kauf nehmen, weil sie nicht wußten, wie tief die Schluchten waren, die ihnen den Weg versperrten.
Das Kampfgetümmel hatte inzwischen an Heftigkeit abgenommen. Es schien fast so, als sei bereits eine Entscheidung gefallen. Ben Brighton hoffte, daß Bogo und seine Männer es geschafft hatten, die spanischen Soldaten abzuschlagen. Wenn er es grob überrechnete, konnte die Stärke der spanischen Truppe nur noch knapp fünfzehn Mann betragen. Wie Ben Brighton den Seewolf kannte, hatte der sicherlich die gleiche Rechnung aufgestellt und dementsprechend die Leute eingeteilt.
Ab und zu krachte ein Schuß, und eine Mündungsflamme zuckte durch die Dunkelheit. Ben Brighton fragte sich, auf was die Spanier eigentlich schossen. In dieser Dunkelheit war doch nichts zu erkennen, schon gar nicht ein Schwarzer. Vielleicht machten sie sich mit diesen Schüssen selbst Mut.
Vom Rand des Plateaus aus wurde nicht ein einziger Schuß abgefeuert. Ben Brighton überlegte, ob er es wagen sollte, die Spanier von hinten anzugreifen. Er konnte dabei leicht in die Feuerlinie seiner eigenen Leute geraten.
Er mußte es wagen. Er konnte die Männer am Rande des Plateaus durch einen Ruf warnen und darauf hinweisen, daß er in den Kampf eingegriffen hatte.
Die drei Schwarzen verstanden, was Ben Brighton vorhatte, und ihre weißen Zahnreihen leuchteten, als sie grinsend nickten.
Der Bootsmann schlich voraus. Er orientierte sich nach dem letzten Mündungsblitz. Er hoffte, daß die Spanier alle zusammenhockten. Wenn sie sich über ein größeres Gelände verteilt hatten, konnte er in einige Schwierigkeiten geraten.
Sie hörten Stimmen. Spanische Worte drangen an ihre Ohren, und dann krachte es wieder, und eine Mündungsflamme blitzte nur ein paar Yards vor ihnen auf. Sie erhellte die Felsbarriere, hinter der sich fast ein Dutzend spanische Soldaten verbargen, für Sekundenbruchteile.
Ben Brighton packte seine Pistole fester. Er würde sie als Schlagwaffe benutzen, wenn er sie abgeschossen hatte. Sie mußten über die Spanier herfallen wie die Kastenteufel, und bevor die sich von ihrem Schrecken erholt hatten, mußten ihnen die Männer vom Plateaurand zu Hilfe geeilt sein.
Ben wartete noch ein paar Minuten, bis der nächste Spanier seine Muskete abfeuerte. Wie auf Kommando sprangen die Schwarzen auf. Ben konzentrierte sich auf den Mann, der eben geschossen hatte. Er glaubte das erschrockene Gesicht des Spaniers zu sehen, aber wahrscheinlich narrten ihn die Lichtreflexe des Mündungsfeuers, die sich wie ein Echo in seinen Augen wiederholten.
Er spürte, wie seine Faust gegen etwas Hartes krachte. Ein heißer Schmerz zuckte bis zu seiner Schulter hoch. Er warf sich nach vorn, und während er brüllte: „Wir haben die Dons in der Klemme!“, bohrte sich sein Knie in den Unterleib des spanischen Soldaten.
Neben Ben Brighton zuckte eine Flamme in die dunkle Nacht. Die Kugel zischte über seinen Rücken hinweg. Er hörte die Schwarzen neben sich nun ebenfalls schreien. Der Kampf war im vollen Gange.
Ben feuerte seine Pistole ab. Er schoß einfach in die Luft, denn er wollte nicht irgendeinen seiner eigenen Männer treffen. Dann schwang er die Waffe herum und hieb sie dem Spanier, der seine Hände nach oben streckte und nach Bens Hals griff, auf den Helm. Es gab einen hellen Klang. Der Helm flog zur Seite. Ben schlug abermals zu, und diesmal sackte der Spanier mit einem leisen Seufzer zusammen.
Das Geschrei, das plötzlich vom Plateaurand herüberwehte, war Musik in Ben Brightons Ohren. Wie ein Berserker warf er sich in das Getümmel, das um ihn herum tobte.
Kein Schuß war bisher mehr gefallen. Vielleicht hatten die Spanier ebenfalls Angst, einen der eigenen Leute zu treffen.
Ben Brighton spürte eine Bewegung neben sich und packte zu. Seine Hände krallten sich in nackte Haut. Sofort ließ er wieder los und rief leise: „Brighton!“