Seewölfe Paket 1. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer


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Achterschiff der Kriegsgaleone an Steuerbord der „Isabella“ krängte zur See hin. Hasard hörte das Gurgeln des Wassers, das wahrscheinlich in die geöffneten Stückpforten schoß und den Untergang noch beschleunigte.

      Das bewegte Wasser wimmelte von schwimmenden Männern. Dazwischen trieben Stücke von zerfetzten Planken und zersplitterten Spieren. Ein paar Männer versuchten sich an das Dingi zu klammern, das die „Isabella“ hinter sich herschleppte. Der Schwede Stenmark feuerte seine Muskete dicht über den Kopf eines Dons ab, der entsetzt die Schleppleine losließ und ins Wasser zurückfiel.

      Mitten zwischen den beiden zerstörten Kriegsgaleonen brauste die immer schneller werdende „Isabella“ hindurch. Die „Barcelona“, deren Vorschiff in hellen Flammen stand, trieb langsam auf eine andere Galeone zu. Der Capitan hatte die Gefahr bemerkt. Männer krochen auf den Rahen herum und setzten Segel. Hasard fürchtete schon, das Schiff würde die Gelegenheit nutzen, der „Isabella“ den Weg abzuschneiden, doch die Furcht des Capitans, seine kostbare Ladung zu verlieren, ließ ihn sofort eine Halse fahren, nachdem die brennende „Barcelona“ an ihm vorübergetrieben war. Im Schutz zweier anderer Kriegsgaleonen ging er wieder vor Anker.

      Hasard hörte seine Männer Begeisterungsrufe ausstoßen, als sie die Wracks hinter sich zurückließen. Er atmete ebenfalls auf. Bis zum Schluß hatte er immer noch befürchtet, daß irgend etwas Unvorhergesehenes geschah, das ihnen einen Strich durch die Rechnung machte.

      Noch waren sie nicht außer Gefahr, darüber war er sich völlig im klaren. Die „Isabella“ war nicht besonders schnell – kein Wunder bei einer solchen Ladung. Wenn die anderen Kriegsgaleonen sofort unter Segel gesetzt wurden und die Verfolgung aufnahmen, sanken ihre Chancen auf ein Minimum.

      Hasards beste Verbündete waren der steife Ostwind und die Dunkelheit. Verdammt noch mal, sie mußten es einfach schaffen!

      Die brennenden Schiffe blieben hinter ihnen zurück. Die Heckankertrosse der einen Kriegsgaleone war gebrochen, und der Wind hatte das Schiff mitsamt der in ihr verkeilten „Santa Barbara“ herumgetrieben.

      Hasard hielt unwillkürlich den Atem an. Sie hatten mächtiges Glück gehabt, daß das erst jetzt geschah, denn sonst hätte ihnen der Rumpf der brennenden Kriegsgaleone den Weg in die Freiheit versperrt.

      Hasard wollte sich gerade umdrehen, als er die Stichflamme in den schwarzen Himmel stechen sah. Sekunden später rollte der Donner einer gewaltigen Explosion über das Wasser.

      Die Kriegsgaleone war in die Luft geflogen. Wahrscheinlich hatte das Feuer die Munitionskammern erreicht und die Pulvervorräte des Kriegsschiffes entzündet. Von der „Santa Barbara“ war nicht mehr viel übriggeblieben, als sich der Qualm der Explosion verzog.

      Hasard beobachtete die Reede von Cadiz durch seinen Kieker, und dann sah er, was er befürchtet hatte. Zwei der Kriegsgaleonen begannen Segel zu setzen. Viel zu spät zwar, aber vielleicht noch früh genug, um die „Isabella“ zurückzuerobern.

      Hasard drehte sich zu Ben Brighton herum.

      „Zwei von ihnen setzen Segel“, sagte er. „Was meinst du, wollen wir genau nach Westen halten oder lieber auf Kap da Roca zu?“

      „Was ist das Vernünftigste?“ fragte Ben Brighton zurück.

      „Genau nach Westen hinaus auf den Atlantik“, sagte Hasard und blickte den Bootsmann erstaunt an.

      Ben Brighton verzog sein wettergebräuntes Gesicht zu einem leichten Grinsen.

      „Dann wirst du Kurs auf Kap da Roca nehmen, wie ich dich kenne“, sagte er. Doch gleich darauf fügte er hinzu: „Die Dons werden ebenfalls annehmen, daß wir genau vor dem Wind segeln, um möglichst viele Meilen zwischen uns und Cadiz zu bringen. Vielleicht schaffen wir es so, sie abzuhängen.“

      Hasard nickte und betrachtete den untersetzten Bootsmann von der Seite. Sonst war Ben Brighton für Hasards Geschmack immer ein bißchen zu vorsichtig gewesen, aber wenn er erst einmal auftaute, war er nicht abgeneigt, mit der Großmutter des Teufels ein Tänzchen zu wagen.

      „Bring die alte Dame auf Kurs Nordwest, Ben“, sagte der Seewolf. „Die Dons sollen uns noch suchen, wenn wir schon längst in der ‚Bloody Mary‘ in Plymouth sitzen und das vergiftete Zeug von Nat Plymson saufen!“

      11.

      Die Augen fielen Hasard vor Müdigkeit bald zu. Steuerbord achteraus zeichneten sich die ersten grauen Streifen über der Kimm ab. Noch immer jagten dunkle Wolkenfetzen über den nachtschwarzen Himmel.

      Hasard sah, daß seine Männer genauso fertig waren wie er. In der Nacht hatte sich der steife Ostwind zu einem ausgewachsenen Sturm gesteigert. Es war so schnell gegangen, daß Hasard, der die Segel noch möglichst lange hatte stehen lassen wollen, den Befehl zum Bergen der Marssegel zu spät gab.

      Die Männer schafften es noch, das Großmarssegel zu bergen, aber ehe sie damit fertig waren, hatte das Fockmarssegel schon in Fetzen von den Rahen gehangen.

      Hasard war nichts weiter übriggeblieben, als auch noch das Großsegel zu reffen und nur mit der Fock zu fahren. Lewis Pattern saß seither unter Deck und nähte ein neues Fockmarssegel.

      Die anderen, die in der kalten feuchten Witterung an Deck aushalten mußten, hatten ihn beneidet.

      Erst eine Stunde vor dem Morgengrauen hatte der Sturm nachgelassen. Inzwischen fuhren sie schon wieder mit Großsegel, Blinde und Lateinersegel am Besan.

      Hasard hoffte, daß Lewis Pattern mit dem Marssegel bald fertig war, denn wahrscheinlich würden sie bald wieder mit vollem Zeug fahren können.

      Der Seewolf war über die schwere Ladung froh gewesen, denn dadurch lag die „Isabella“ auch im dicksten Sturm noch ziemlich ruhig. Hasard mochte die Galeone. Sie war zwar etwas plumper als die englischen Galeonen, aber sie war stabil und konnte eine Menge vertragen. Die Dons verstanden es schon, gute Schiffe zu bauen.

      Hasard nickte Ben Brighton zu, der neben ihm auf der Poop stand.

      „Ich schau mal nach den Männern“, sagte er. „Wir müssen sehen, daß wir alle ein wenig Schlaf kriegen. Hoffentlich bleibt der Wind so wie jetzt.“

      Ben Brighton blickte nach Osten.

      „Könnte sein“, sagte er. „Ich nehme an, daß er noch mehr nach Süden dreht.“

      „Wäre nur gut für uns“, murmelte Hasard, schwang sich aufs Quarterdeck und war mit ein paar Schritten am Niedergang zur Kuhl.

      Hasard sah seinen Männern an, daß sie am Ende ihrer Kräfte waren. Selbst die bärenstarken Ferris Tucker, Blakky und Batuti sahen aus wie durch die Mangel gedreht. Ihre Kleidung troff vom Wasser, das immer wieder in Gischtschleiern über das Deck wehte.

      Hasard zog Ferris Tucker beiseite und erklärte ihm, daß es keinen Zweck hatte, wenn sie sich kaputt arbeiteten. Der Schiffszimmermann sollte die Leute einteilen und die Hälfte unter Deck schicken, damit sie sich ausschlafen konnten.

      Danach ging Hasard weiter zur Back. Der Kutscher fluchte leise vor sich hin. Er war nie zufrieden mit dem Fraß, den er kochte, obwohl sich noch niemand von der Crew beschwert hatte.

      Gary Andrews lag in eine Decke gewickelt. In der Nacht hatte er noch Fieber gehabt, aber jetzt blickten seine Augen wieder klar. Hasard hoffte, daß er endgültig über den Berg war. Aber für die Arbeit fiel er auch weiterhin aus. Eine einzige heftige Bewegung würde genügen, um die Brustwunde wieder aufreißen zu lassen.

      Hasard wandte sich an den Kutscher.

      „Ich dachte, du bewachst die Spanier?“

      „Sie haben mich zum Kochen hochgeholt“, sagte der Kutscher brummig. „Matt hat die Wache am Niedergang übernommen.“

      Hasard wollte noch ein paar Worte an Gary Andrews richten, als der Schuß das Heulen des Windes übertönte. Für Sekunden standen alle Männer an Deck still.

      Hasard reagierte als erster. Der Schuß war unter Deck gefallen,


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