Seewölfe Paket 1. Roy Palmer

Читать онлайн книгу.

Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer


Скачать книгу
am Niedergang. Er schlitterte die Stufen hinunter und knallte dabei mit dem Kopf gegen einen Decksbalken, daß er Sterne sah.

      Das Licht einer Öllampe erhellte das Zwischendeck nur mäßig, aber Hasard konnte die beiden Männer, die sich dort hinten an der Ladeluke auf den Planken wälzten, deutlich erkennen.

      Matt Davies hatte Mühe, sich des Mannes zu erwehren, der ihn von hinten angesprungen hatte. Immer wieder versuchte er, mit seinem spitzgefeilten Haken nach seinem Gegner zu schlagen, aber der wich geschmeidig aus.

      Neben den beiden Kämpfenden lag eine Pistole am Boden. Der Mann, der wie ein Spanier gekleidet war, wollte mit der freien Hand danach greifen, doch Hasard war schneller. Er hatte seine Benommenheit überwunden, war mit ein paar Schritten neben Matt Davies und trat die Pistole, die der Spanier wahrscheinlich als Schlagwaffe hatte benutzen wollen, zur Seite.

      Hasard hörte hinter sich ein Geräusch.

      „Vorsicht, die verdammten Dons kriechen aus ihrem Loch!“ schrie Matt Davies.

      Hasard warf sich mit aller Kraft gegen die Luke und versuchte sie wieder zuzuknallen, bevor es dem ersten Spanier gelang, herauszukriechen.

      Allein hätte der Seewolf es wohl kaum geschafft, aber plötzlich waren sie alle da. Ferris Tucker schlug einem der Spanier, der seinen Kopf durch die Luke steckte, einen Belegnagel über den Schädel. Blacky und Batuti warfen sich auf den Lukendeckel, und das Bürschchen Dan O’Flynn fuchtelte mit seiner Enterpike herum.

      „Verdammt, Junge, sei vorsichtig mit dem Ding“, sagte Ferris Tucker. „Wenn du mich damit piekst, reiß ich dir die Ohren ab.“

      Der Spanier, der Matt Davies von hinten angefallen hatte, fiel auf den Rükken, als Matt ihm den Ellenbogen in den Magen stieß. Angesichts der feindlichen Übermacht versuchte er gar nicht erst, sich wieder zu erheben.

      „Was war los, Matt?“ fragte Hasard. „Wie konnte der Kerl aus der Luke kriechen, ohne daß du es gemerkt hast?“

      „Verdammt und zugenäht! Der Kerl kam nicht aus der Luke!“ Matt Davies war ziemlich beleidigt. „Er muß einen anderen Weg gefunden haben.“

      „Vielleicht ist das der Mann, nach dem wir gesucht haben“, sagte Dan. Er hielt dem Spanier seine Enterpike unter die Nase.

      Der Mann sprudelte ein paar Worte hervor, aber niemand verstand ihn.

      „Werft ihn zu den anderen“, sagte Hasard. Er wollte sich schon umdrehen, als er den blutigen Arm von Matt Davies sah.

      Matt zuckte mit den Schultern.

      „Nur eine kleine Schramme von der Kugel“, sagte er.

      „Geh rauf zum Kutscher und laß dich verarzten“, sagte Hasard. „Carter, du übernimmst hier unten die Wache. Alle halbe Glasen wird hier abgelöst. Wir können es uns nicht leisten, daß einer hier einpennt, klar?“

      „Aye, aye“, sagte Carter, und die anderen Männer trollten sich wieder an Deck, nachdem sie den Spanier zu seinen Kumpanen geworfen hatten.

      Ben Brighton gab Pete Ballie, der am Kolderstock stand, den Befehl, einen Strich weiter nach Steuerbord zu halten. Ben hatte recht gehabt. Der Wind hatte auf Südost gedreht und trieb die schwerfällige „Isabella“ vor sich her.

      Hasard berichtete Ben von dem Vorfall und blickte dann zurück nach Osten, wo sich der Himmel aufklarte und langsam rot färbte.

      Noch war nichts von einem Verfolger zu sehen, aber das konnte sich schnell ändern. Zu wertvoll war die Ladung der „Isabella“, als daß die Dons sie ohne weiteres entwischen lassen konnten.

      Der Sturm hatte auch sein Gutes gehabt. Vielleicht hatte er die Verfolger abgetrieben.

      Hasard schüttelte den Kopf. Es hatte keinen Sinn, über Dinge nachzudenken, die er doch nicht beeinflussen konnte.

      Er mußte die „Isabella“, mit den dreißig Tonnen Silberbarren im Bauch nach England bringen – eine Aufgabe, die ihm und seinen Männern alles abverlangen würde. Und obendrein hatten sie noch achtundvierzig Dons und ihren Capitan an Bord. Sie würden nicht die ganze Fahrt über stillhalten. Wie leicht es zu einer Explosion kommen konnte, das hatte Hasard vorhin erlebt.

      „Auf nach Old England“, sagte Ben Brighton grinsend, als hätte er Hasards Gedanken erraten. „Ich freue mich schon auf das Gesicht von Kapitan Drake, wenn er von deinem Coup in Cadiz erfährt ...“

      ENDE

image

      1.

      Capitan Romero Valdez lauschte auf die vertrauten Geräusche, die ihn umgaben. Er hörte das Ächzen des Rumpfes, das Knarren der Blöcke und Taljen und über sich das Pfeifen der Wanten vom Besanmast, an denen der steife Ostwind herumsägte.

      Unruhig ging er in der schmalen Kammer seines Ersten Offiziers auf und ab. Er spürte die Demütigung, auf seinem eigenen Schiff Gefangener zu sein, fast körperlich. Seit drei Jahren fuhr er die „Isabella von Kastilien“. Vier Fahrten in die Neue Welt hatte er mit diesem Schiff bereits hinter sich, und nie war es irgendeinem Feind gelungen, auch nur einen Fuß auf die Decksplanken der „Isabella“ zu setzen.

      So sicher wie mit Romero Valdez – das gehörte jetzt der Vergangenheit an. Dieser Spruch würde so schnell vergessen sein, wie er vor einem Jahr aufgetaucht war, als er als einziges Schiff einer Flota den Freibeutern von Hispanola hatte entkommen können.

      Er dachte an die wertvolle Ladung des Schiffes, die er nach Sevilla hatte bringen sollen. Dreißig Tonnen Silber. Ein Vermögen, das dieser schwarzhaarige Teufel von einem Engländer der spanischen Krone geraubt hatte und nach England brachte.

      Am Zittern der Planken unter seinen Füßen merkte Valdez, daß die Galeone mit vollem Zeug segelte. Er trat an das kleine rechteckige Fenster, das zur Heckgalerie hinausführte, und warf einen Blick auf den nachtschwarzen Himmel. Nur ab und zu blitzte ein Stern am Firmament auf, dann wurde er von drohend geballten Wolkenfeldern wieder verschlungen.

      Die See zeigte weiße Schaumköpfe. Es schien, als hole der Wettergott zum nächsten, härteren Schlag aus.

      Capitan Romero Valdez ballte die Hände zu Fäusten und trommelte in stiller Verzweiflung gegen die Holzwand. Nicht so sehr das Schicksal, das ihn in England erwartete, setzte ihm zu – nein, diese Erniedrigung würde er durchstehen wie ein Mann. Die Schmach, die der Engländer der spanischen Flotte im Hafen von Cadiz angetan hatte, schmerzte ihn viel mehr.

      Valdez hatte in den vierundzwanzig Stunden, die seit der Kaperung seines Schiffes vergangen waren, die Hoffnung aufgegeben, daß eines der in Cadiz vor Anker gegangenen Schiffe die Verfolgung der „Isabella“ aufgenommen hatte. Zu stark blies der günstige Ostwind. Und wie sollten die spanischen Schiffe herausfinden, welchen Kurs der Engländer genommen hatte? War er hinaus nach Osten in den Atlantik gesegelt, um später nach Norden zu drehen, und die englischen Häfen von Südwesten anzusteuern? Oder hielt er nordöstlich auf Kap Sao Vicente zu?

      Romero Valdez wußte, daß es fast unmöglich war, bei diesem Wetter ein Schiff zu verfolgen und zu finden, auch wenn es schwerfällig war wie die „Isabella von Kastilien“, in deren Frachträumen dreißig Tonnen Silber verstaut waren.

      Der Capitan dachte an seine Leute, die sich von den verfluchten Engländern hatten überrumpeln lassen. Beschämt gestand er sich ein, daß sein Verhalten nicht gerade dazu beigetragen hatte, seine Männer zum Widerstand zu treiben. Aber wer hatte schon damit gerechnet, daß es den Engländern gelingen könnte, ein Schiff der spanischen Krone aus einem spanischen Hafen zu entführen, der von schweren Kriegsschiffen abgeriegelt war?

      Valdez preßte die Lippen aufeinander. Seine rechte Hand griff an die linke Hüfte, aber sein Degen war nicht da. Der Engländer hatte ihn ihm abgenommen. Er besaß keine Waffe mehr. Nicht einmal ein kleines Messer, mit dem er den Riegel der Tür hätte öffnen können.

      Der


Скачать книгу