Seewölfe Paket 16. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.Schuß abzufeuern. Ihr werdet also nachher an Deck Aufstellung nehmen, und ich suche zwölf Mann aus. Dann werdet ihr hinübergepullt.“
Ferris Tucker schluckte hart. In seinen Augen glomm es auf. Carberry räusperte sich die Kehle frei und sah Hasard unverwandt an.
„Und dann“, sagte Hasard fast heiter, „werden wir uns mit der ‚Isabella‘ aus der Reichweite seiner Geschütze verholen, damit die Karten des Earls nicht mehr stechen.“
„Und dann?“ fragte Ferris heiser.
„Dann gebt ihr den Kerlen voll eins auf die adligen Schnauzen und bringt ihnen das Fürchten bei. Jeder erhält unauffällig eine Pistole, die er am Körper versteckt. Schrei bloß nicht hurra, Mister Carberry“, sagte Hasard sanft, „die Kerle dürfen nichts merken, sie werden uns genau durch ihre Spektive beobachten.“
Der Profos schrie nicht „Hurra“. Aber er grinste so infam wie schon lange nicht mehr.
„Das freut mich“, sagte er richtig dankbar, „das freut mich von ganzem Herzen. Den Kerlen voll eins in die adligen Schnauzen hauen. Das hast du sehr gut gesagt, Sir.“
Ferris Tucker nickte ebenfalls zustimmend, hatte aber doch einige Bedenken vorzubringen. Der Profos ging immer gleich in die vollen, ohne lange zu überlegen, für ihn war wichtig, daß er sich in den „adligen Schnauzen“ mal wieder richtig austoben konnte. Ferris dachte in dieser Hinsicht zwar so ähnlich, aber seine Überlegungen gingen immer eine Kabellänge weiter.
„Damit allein ist es nicht getan“, wandte er ein. „Wir haben eine mindestens sechsfache Übermacht gegen uns.“
„Das habt ihr nicht“, sagte Hasard. „Ed hat das gerade eben betont. Die Mannschaft sieht so aus, als könne sie es kaum erwarten, ihre Vorgesetzten totzuschlagen. Das ist richtig, und das nutzen wir aus. Den Männern steht der Haß auf die Schiffsführung deutlich in den Gesichtern. Offenbar gab es da schon eine Meuterei, denn die Atmosphäre ist wie vor einem Gewitter geladen. Ich halte meinen Kopf dafür hin, daß die Mannschaft nichts unternimmt. Ihr habt nur die Schiffsführung und den Profos gegen euch. Gegen den siehst du übrigens aus wie ein zartes Engelchen, Ed, ohne dir damit zu nahe treten zu wollen.“
Ed grinste immer noch hocherfreut. Das würde mal eine nette Abwechslung geben, dachte er.
„Dann sollten wir Luke Morgan auch mitnehmen“, schlug Ferris Tucker vor. „Der ist wie Schießpulver und geht immer gleich hoch.“
„Gut, dann nehmt ihn mit. Diesmal erhältst du das Kommando, Ed, denn mit deinem Profos-Kollegen kommst du garantiert nicht klar. Ihr beiden seid wie Tag und Nacht. Aber die Aktion beginnt erst, wenn wir weit genug verholt haben. Alles andere besprechen wir an Deck. Hopp auf jetzt und setzt eure traurigen Gesichter auf.“
Auf der Kuhl erklärte der Seewolf in knappen Worten, was der Earl verlangte. Sofort wurde Protest laut, wie Hasard nicht anders erwartet hatte. Das war echt und wirkte auch drüben auf der „Goliath“ echt. Danach erklärte er alles Weitere.
„Benehmt euch so, als wäret ihr alle stinksauer. Die Kerle dürfen keinen Verdacht schöpfen. Al“, wandte er sich an den untersetzten Waffen- und Stückmeister, „du verteilst zwölf geladene doppelläufige Pistolen unauffällig an die Männer, die ich aufrufe. Beeile dich, es muß alles schnell gehen. Jan Ranse und Mac Pellew werden dir dabei helfen. Ihr anderen nehmt jetzt Aufstellung. Keine Diskussion jetzt. Ed hat das Kommando und wird euch unterwegs notfalls noch einmal alles genauer erklären. Wir selbst segeln inzwischen weiter nach Osten, kehren dann um und nähern uns mit ausgerannten Kanonen der ‚Goliath‘. Alles klar?“
„Alles klar, Sir“, sagten die Arwenacks. Dabei blieben ihre Gesichter jedoch ernst und verschlossen, denn vom Achterdeck der Kriegsgaleone waren deutlich zwei Spektive zu erkennen, die auf die Kuhl gerichtet waren.
Die Crew der „Isabella“ nahm wie befohlen Aufstellung, während in der Waffenkammer die Pistolen geladen wurden.
Al Conroy steckte sie den Männern so unauffällig zu, daß man es von drüben garantiert nicht sah. Zuerst versorgte er Ferris und den Profos, dann wartete er, bis Hasard die anderen aufrief.
„Ed und Ferris“, sagte er laut und deutete mit der Hand auf die angetretene Mannschaft. „Weiter werden überstellt: Shane, Batuti, Roger, Jack Finnegan, Paddy Rogers, Jan Ranse.“
Der schob sich gerade unaufällig eine Pistole seitlich in den Hosenbund und knöpfte die Segeltuchjakke wieder zu.
„Weiter Smoky, Matt, Bill und Luke. Habe ich mich verzählt, oder sind das jetzt zwölf Mann?“
„Zwölf Mann“, bestätigte Ben Brighton.
Und der graubärtige Exschmied von Arwenack nickte dazu scheinbar grimmig.
„Alle versorgt, alles unauffällig versteckt?“ erkundigte sich Hasard und musterte das Dutzend scharf. Aber da gab es nichts zu sehen. Lediglich die Entermesser waren zu erkennen, aber ein Entermesser trug schließlich jeder Seemann.
Wieder wurde genickt. Von drüben sah es wie eine Bestätigung aus.
„Dann die ersten sechs Mann ab in das Boot. Gary und Blacky werden euch hinüberpullen und dann die anderen holen.“
Über die außen angebrachten Tritte ging das erste halbe Dutzend in das Boot, das gleich darauf ablegte und zur „Goliath“ pullte.
Die sechs restlichen wurden noch einmal vergattert, auf Carberrys Kommando zu hören und nichts zu unternehmen, bis die „Isabella“ aus der Reichweite der Navy-Geschütze war. Die Distanz berechnete der Seewolf etwas großzügig mit drei Kabellängen.
Das Boot kehrte wieder zurück, und jetzt enterten die sechs restlichen Seewölfe ab, muffig und verbiestert nach außen hin, innerlich aber ungemein fröhlich und grinsend. Auch unterwegs gaben sie sich mürrisch und blickten düster drein.
Dann kehrte auch das Boot mit Gary Andrews und Blacky wieder zurück, und die Männer enterten auf.
Jetzt befanden sich von den ursprünglich neunundzwanzig Mann Besatzung nur noch siebzehn an Bord, und die hatten alle Hände voll zu tun, um die Segel zu setzen und anschließend die Kanonen zu laden.
Hasard warf einen Blick zur „Goliath“, wo das Dutzend Arwenacks noch einmal schwach zurückwinkte.
Er hob nur kurz die Hand, sauer und verärgert, wie es schien, als würden ihn die Leute nicht mehr interessieren.
Aber er sah Ben Brighton an und grinste unmerklich. Ben und Dan grinsten ebenso unmerklich zurück.
Das Tänzchen konnte beginnen.
3.
Der Profos der „Goliath“ nahm die Seewölfe auf der Kuhl in Empfang.
Als Carberry dieses Ungeheuer zum ersten Mal sah, da wollte er schon die Arme in die Hüften stemmen und sein berüchtigtes „Was, wie“ losdonnern, besann sich dann aber noch rechtzeitig auf seine Rolle und starrte den Roßschlächter nur an.
Himmel, war das ein Kerl, fand er, und das fanden die anderen auch. Der Blutsäufer legte auch gleich los.
„Ein rührseliger Abschied“, röhrte er wie ein Stier. „Stehen da wie Windelpisser und winken. Hättet euch wohl gern von eurem Captain mit Handschlag und Küßchen verabschiedet, was?“
„Was, wie?“ sagte Carberry, in dessen Augen ein sehr eigentümliches Funkeln lag.
„Was – wie?“ fragte der Kerl grob. „Quasselt nicht dämlich rum. Nehmt da am Großmast Aufstellung und haltet eure Schnauzen! Werde mir mal eure Visagen ansehen. Danach zieh ich euch die Gräten lang, damit ihr Säcke mal wißt, wie es sich bei der Navy fährt.“
„Bestimmt sehr gut“, versicherte Ed und grinste seinen Profos-Kollegen an, der ihm über alle Maßen gefiel, in der Art und im Aussehen gleichermaßen.
Der Profos kümmerte sich jedoch nicht um Ed. Er verschränkte