Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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Tauwerk, Ersatz“, sagte Hasard höhnisch.

      „Was Sie darunter verstehen, Mister Killigrew“, sagte der Earl kalt und leidenschaftslos, „interessiert mich nicht, und darüber gibt es auch keine Diskussion. Ich requiriere zwölf Kerle im Namen der Krone, und Sie haben diesem Befehl zu gehorchen.“

      „Sie meinen, Sie pressen zwölf freie Männer mit Gewalt“, stieß der Seewolf zornig hervor.

      „Zwölf Kerle“, beharrte der Earl und pochte mit den Knöcheln der rechten Hand nachdrücklich auf die Schmuckbalustrade. Gleichzeitig verfinsterte sich sein Gesicht ob dieser Unbotmäßigkeit. „Das ist eine Sache des Vaterlandes, die von erstrangiger Bedeutung ist und der sich jeder unterzuordnen hat.“

      Sekundenlang stellte sich Hasard zwölf seiner Arwenacks gepreßt auf diesem höllischen Eimer der Navy vor, unter dem Kommando des Earls und seiner hochnäsigen Chargen. Die zwölf würden innerhalb kürzester Zeit eine Revolte anzetteln und hier aufräumen. Dann lachte er hart und trocken auf und hielt dem Earl die Mappe unter die Nase.

      „Auch das hier ist eine Sache des Vaterlandes“, betonte er scharf. „Ich bin ebenfalls in geheimer Order unterwegs, im Namen der Königin, befohlen durch den Sonderbeauftragten Ihrer Majestät, Lord Cliveden.“

      Der Earl of Cumberland zog die Augenbrauen hoch, rümpfte leicht die Nase und wandte dann den Blick ab. Seine Lippen preßten sich zu schmalen Strichen zusammen.

      „Mister Killigrew“, sagte er scharf, „ich verbitte mir jegliche Diskussion darüber. Sie haben der Royal Navy und dem Adel zu gehorchen, und Sie werden es gefälligst mir überlassen, zu entscheiden, welche Mission wichtiger ist. Meine geht in jedem Fall vor.“

      Der Erste, ein hagerer dünner Mann, trat einen Schritt vor. Sein Blick war empört auf Hasard gerichtet.

      „Hören Sie schlecht?“ fauchte er. „Sie überstellen gefälligst zwölf Ihrer Kerle und widersprechen nicht ständig.“

      „Wenn Sie zwölf meiner Leute pressen, kann ich mein Schiff nicht mehr segeln“, sagte Hasard mühsam beherrscht. „Ich muß dann meine Mission als gescheitert betrachten.“

      „Ihre Mission“, sagte der Earl zynisch. „Lächerlich! Wenn Sie nicht augenblicklich gehorchen, dann können Sie hier vom Achterdeck aus gleich mit ansehen, wie Ihr Schiff versenkt wird. Vierzehn Stücke sind darauf gerichtet, das sind vierzehn Treffer bei dieser lächerlichen Distanz. Und wenn das Schiff versenkt ist, können Sie ebenfalls gleich hier an Bord bleiben. Die ganze Mannschaft wird dann hier anmustern.“

      Jetzt wurde die Stimme noch zynischer und verächtlicher.

      „Die ganze Mannschaft natürlich nicht“, sagte der Earl. „Ich lasse nur die Kräftigsten aus dem Wasser holen, und ich werde selbstverständlich auch keine Blessierten an Bord nehmen. Ich brauche zwölf Kerle, der Rest des Pöbels kann meinetwegen ersaufen.“

      Ja, das ist dir zuzutrauen, dachte Hasard wie betäubt. Er war sich seiner Ohnmacht durchaus bewußt, und er mußte sich mit aller Gewalt zurückhalten, um nicht in diese menschenverachtende Fratze mit beiden Fäusten voll hineinzuschlagen.

      Wie in einem bösen Traum sah er sich um. Auf dem Quarterdeck und der Kuhl erkannte er wie Schemen die Gesichter der Mannschaft, die fast erstarrt wirkten. Sie alle sahen so aus, als hätten sie gemeutert. Wahrscheinlich hatte dieser Schinder ein paar Leute aus der Crew bereits an die Rah hängen lassen. Mit den brutalsten Mitteln hatte man offensichtlich diese Meuterei unterdrückt, und jetzt fehlten an Bord verständlicherweise Männer. Da war die „Isabella“ gerade rechtzeitig aufgekreuzt.

      Hasard wünschte diesen Earl und seine Clique in die finstersten Schlünde der Hölle, doch das änderte nichts an den harten Tatsachen, mit denen er sich konfrontiert sah.

      Noch immer gab er keine Antwort, während die Gesichter ihn hoheitsvoll musterten. In einigen sah er bereits das überlegene Grinsen. Andeutungsweise kroch es um die Mundwinkel.

      „Profos!“ rief der Erste Offizier.

      „Aye, aye, Sir!“ donnerte eine Stimme. Gleich darauf wurde das Achterdeck von einem Bullen geentert, der ergeben auf die Planken stierte.

      Hasard sah sich diesen Profos an. Das war ein Metzger, ein blutsaufender Schlachter mit einem Gesicht wie aus drückenden Alpträumen. Jedes halbwüchsige Kind wäre bei diesem Anblick schreiend davongerannt.

      Eine plattgehauene Visage war das, als sei er sein Leben lang mindestens jede Woche einmal gekielholt worden. Oder er hatte jahrelang mit dem Gesicht auf einer scharfkantigen Korallenbank übernachtet. Da war alles zerkloppt, breitgeschlagen, zerfurcht und voller Narben, da fehlten mindestens die Hälfte aller Zähne, und da gab es auch nur noch ein Ohr, und selbst das sah noch erbärmlich aus.

      Gegen den war der gewiß nicht schöne Carberry ein herzerfrischender Anblick, und wenn Hasard diesen Vergleich fortsetzte, dann hatte Ed ein zartes unschuldiges Engelsgesicht, das jeden Tag mit Schönheitspflästerchen und Eselsmilch gepflegt wurde.

      Diese höllische Visage hatte ein äußerst brutaler Schmied als Amboß benutzt und darauf Hufnägel geschmiedet.

      „Ich warte auf Ihre Antwort“, sagte der Earl schnarrend. „Oder brauchen Sie Ihr Schiff nicht mehr?“

      In diesem Augenblick der hilflosen und ohnmächtigen Wut reifte in Hasard ein Plan, und er gab sich scheinbar geschlagen. Die Lage sah für ihn ohnehin total hoffnungslos aus.

      „Ich beuge mich der Gewalt unter Protest“, sagte er, „und überstelle Ihnen zwölf Leute.“

      Das überlegene Grinsen kroch weiter durch die Mundwinkel. Die adelige Achterdecks-Clique sah sich siegesgewohnt an. Gleichzeitig war das Grinsen eine weitere Ohrfeige für den Seewolf und nichts als eine profane Beleidigung.

      „Dann können Sie gehen, Mister Killigrew“, sagte der Earl herablassend. „Zögern Sie nicht zu lange, die Leute zu überstellen, es könnte Ihr Nachteil sein. Und natürlich nur das beste Material, große, kräftige und gesunde Männer, wenn ich bitten darf.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte Hasard. Diesmal war er es, in dessen Mundwinkel sich ein überlegenes Lächeln geschlichen hatte, aber das fiel niemandem auf. Schließlich hatte dieser Killigrew ja auch zu kuschen, vor der Navy und dem hochlöblichen Adel.

      „Sir?“ fragte der Schlachter-Profos untertänigst, weil man ihn offenbar vergessen hatte.

      „Verschwinden Sie vom Achterdeck!“ herrschte ihn der Zweite an.

      „Aye, aye, Sir.“

      Hasard ging auch, ohne sich zu verabschieden. Von der Mannschaft sahen ihm einige nach, Männer, denen deutlich sichtbar die Angst im Gesicht stand und die ihm fast bedauernd nachblickten.

      Der Schnösel begleitete ihn wieder überlegen und arrogant zur Jakobsleiter und blickte dann übers Meer, als sei Hasard nicht vorhanden.

      „Ablegen!“ befahl Hasard schroff, als er auf der Ducht saß. Er war so biestig, wie ihn Ferris und Ed lange nicht gesehen hatten, aber in seinem Gesicht lag auch etwas, das alle beide nicht zu deuten wußten.

      „Hast du mal die Gesichter dieser Mannschaft gesehen, Sir?“ fragte Ed, als sie außer Hörweite waren. „Die sehen alle so aus, als warteten sie nur darauf, endlich ihre Vorgesetzten totschlagen zu können.“

      „Richtig. Vermutlich ist da an Bord auch eine Menge passiert. In ganz kurzen Worten folgendes: Ich muß zwölf Mann überstellen. Der Earl hat ein Dutzend unserer Leute requiriert. Befolge ich den Befehl nicht, dann will er die ‚Isabella‘ versenken, und er meint es verdammt ernst.“

      Ferris und der Profos sahen den Seewolf betroffen an.

      „Das ist ein Witz, Sir“, sagte der Zimmermann gepreßt.

      „Leider ein sehr schlechter, aber es führt kein Weg daran vorbei. Wir müssen uns beugen, und ich will von euch jetzt auch keine Widerrede hören. Die ‚Goliath‘ ist ein Höllenschiff, und die Offiziere sind die übelsten Kerle. Noch schlimmer


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