Seewölfe - Piraten der Weltmeere 99. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 99 - Roy Palmer


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      Impressum

      © 1976/2015 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-423-4

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

      1.

      Als sich der Sturm über den unergründlichen Tiefen des Pazifischen Ozeans erhob und die See in eine kochende dunkelgrüne Landschaft mit schäumenden Gipfeln, steilen Hängen und gähnenden Schluchten verwandelte, stand Philip Hasard Killigrew auf dem Achterdeck seiner Dreimastgaleone „Isabella VIII.“ und schaute zum wiederholten Mal zu Dan O’Flynn in den Großmars auf.

      Der hatte sich längst auf der luftigen Plattform festgebunden, sonst wäre er von dem wild hin und her schwankenden Posten gefegt worden wie ein unnützes Bündel Lumpen. Der Wind heulte aus Südwesten heran und zerrte an der Segeltuchverkleidung, die den Großmars umspannte. Der Schimpanse Arwenack war längst auf Deck abgeentert, er hatte nicht den Nerv, hier oben einen heulenden Orkan durchzustehen.

      Dan richtete sich kurz auf, klammerte sich mit beiden Händen fest und schrie nach unten: „Deck – verdammt! Ich kann nirgends Land entdekken!“

      Der Seewolf hatte verstanden und antwortete, aber seine Stimme nahm sich nur schwach gegen das Sturmtosen aus. „Der Teufel soll dich holen, Dan!“

      „Aye, aye, Sir!“

      Nein, es gab keine Insel inmitten der brüllenden Urgewalten, einen Hort des Schutzes und der Zuversicht, in dessen Bucht sie sich verholen konnten. Hasard stand da und stieß eine Serie deftiger Flüche aus. Er hielt die Handleiste der Five-Rail fest umspannt, balancierte die tanzenden Decksbewegungen aus und verfolgte, wie seine Crew auf dem Hauptdeck die letzten Manntaue spannte.

      Unerwartet hatte das Wetter gewechselt. Der Wind hatte geschralt und nicht mehr wie vorher aus Südosten geblasen, aber anfangs hatte das Ganze nur nach einem simplen Aufbrisen ausgesehen. Dann hatte sich jedoch eine schwarzblaue Wolkenwand auf die „Isabella“ und den schwarzen Segler zugeschoben, rasch und drohend, und gigantische Türme mit bizarren Formen gebildet.

      Es war kalt geworden. Dieser Wind schien direkt aus den Regionen des ewigen Eises heranzuorgeln. Hasard spürte ein frostiges Prickeln auf seiner Rückenhaut, aber nicht wegen der Temperatur, sondern weil er sich dessen entsann, was er im Packeis erlebt hatte. Das Abenteuer lag noch nicht sehr lange zurück.

      Er blickte zu Siri-Tongs schwarzem Viermaster hinüber. Auch sie hatte die Sturmbesegelung setzen lassen. Der „Eilige Drache“, sonst trotz seiner Größe ein schnelles, manövrierfähiges Schiff, taumelte wie betrunken durch die Fluten.

      Ben Brighton hangelte an den Manntauen von der Kuhl aufs Achterdeck und brüllte noch auf dem Niedergang: „Es ist wie verhext! Kein Land in Sicht. Wir haben nur noch eine Chance.“

      „Ja, Ben!“ rief Hasard. „Wir müssen diesen elenden Sturm abreiten.“

      „Die Osterinsel und Sala-y-Gomez liegen auch bereits viel zu weit hinter uns.“

      „Mehr als hundert Meilen!“ schrie der Seewolf gegen das Heulen und Brausen an. „Wir können nicht dorthin zurückkehren. Es wäre sinnlos, es überhaupt zu versuchen. Legt also alle Mann die Ohren an und paßt auf, daß sie euch nicht abgerissen werden.“

      „Aye, Sir!“ rief Ben.

      „Sir John, du Rabenaas!“ brüllte auf der Kuhl Profos Edwin Carberry. „Wo, zum Teufel, steckst du?“

      „Achterdeck!“ schrie Big Old Shane. „Ich hab ihn im Schott verschwinden sehen, als auch Arwenack stiftenging!“

      „Um so besser“, stieß Carberry grollend aus. „Sonst verlieren wir unser Viehzeug nämlich in dieser riesengroßen Scheiße.“ Er verstummte, denn ein Brecher rollte gegen die Bordwand der „Isabella“. Ein Rütteln lief durch den Schiffsleib, Sturzseen hieben auf das Oberdeck, und der Profos und einige andere Männer wurden von Gischt eingehüllt.

      Der Sturm wütete und entwickelte sich. Das Unheil war steigerungsfähig. Es war Tag, aber der Himmel hatte sich schwarz wie die Nacht gefärbt, und die See war ein Höllenfluß, der sie geradewegs dem Leibhaftigen in den Rachen spülte.

      „Odin galoppiert auf seinem achtbeinigen Roß!“ schrie Thorfin Njal, der Wikinger, an Bord des schwarzen Schiffes. „Geri und Freki, die Wölfe, heulen um die Wette, und die Raben Hugin und Munin begleiten sie als schwarze Boten des Todes!“

      „Der Blitz soll deine verflixten Götter treffen!“ wetterte Juan.

      „Wotan, der Herr über Blitz und Donner, wird dich vernichten“, prophezeite der Wikinger.

      Siri-Tong stand neben den beiden und hielt einen Arm unter eine Nagelbank des Achterdecks gehakt, um Halt zu haben.

      Sie ging nicht auf das Wortgefecht ein, sondern rief nur: „Himmel, wir werden die ‚Isabella‘ aus den Augen verlieren, wenn das so weitergeht. Thorfin, Juan, Boston-Mann – versuchen wir, den Kontakt zu Hasard zu halten.“ Sie sagte es und wußte dabei ganz genau, daß alle Bemühungen in dieser Richtung nichts fruchten würden. Schon jetzt war die „Isabella“ von einem Gischtschleier umgeben, torkelte in tintenschwarze Sphären hinein und war immer schwerer zu erkennen.

      Desgleichen das schwarze Schiff. Sein Kampf gegen den Sturm fand auf einer Ebene statt, die nie die gleiche wie die der „Isabella“ war, ein rollender Tanz, ein ewiges Heben und Senken und Schlingern war das, in dem jeder für sich dastand.

      Hasard stellte in diesem Augenblick ähnliche Überlegungen an wie Siri-Tong. Eine Barriere senkte sich zwischen sie, er war machtlos dagegen. Sie wurden auseinandergetrieben. Wer das Toben überstand, würde nach dem Bundesgenossen suchen, wer nicht, würde das nicht mehr nötig haben, denn die eine positive Seite ließ sich dem Tod abgewinnen: Wer über die düstere Schwelle ins Jenseits gesprungen war, brauchte sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die Probleme des Diesseits keine Sorgen mehr zu bereiten.

      Den Pazifischen Ozean überqueren wollte der Seewolf, aber es schien eine Macht zu geben, die ihn immer wieder davon abhielt. Vor der Ankunft auf den Philippinen und in China hatte der liebe Gott mannigfache Widrigkeiten gesetzt: die Amazonashölle, Bahia, den Rio de la Plata, graue Giganten, Vulkaninseln, Eis und Verdammnis, die Osterinseln — und jetzt dies.

      Dabei hatte es so gut angefangen. Nach den Abenteuern auf den Osterinseln hatten sie unter Ausnutzung des Südost-Passats westlichen Kurs genommen, waren also mit Backstagswinden und auf Steuerbordbug liegend dem fremden Kontinent entgegengesegelt.

      Magellan, Drake – auf ihren Spuren bewegte sich der Seewolf. Er wußte nicht genau, wie es denen bei der Weltumseglung ergangen war, die Details waren ihm nicht bekannt geworden, aber sie hatten es lebend überstanden, während der Teufel, dem er so gern ins Gesicht spuckte


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