Seewölfe Paket 11. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 11 - Roy Palmer


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er in dem Käfig.

      Der Profos streckte den Finger vor und berührte das Ei ganz zart.

      Dann zog er seine Hand jedoch blitzschnell zurück, denn das Ei schien ein besonderes Ei zu sein. Sehr klebrig und sehr ekelhaft fühlte es sich an seinem Finger an.

      „Pfui Deibel“, sagte der Profos. „Ein Ei muß sich doch kühl und frisch anfühlen und nicht so klebrig. Das ist ja die reinste Sauerei.“

      Aber wohl oder übel mußte er das klebrige Ding zurück ins Nest legen, und zum erstenmal verstand er auch den Papagei, daß der nicht gern mit seinen Federn auf solch klebrigen Dingern hockte und das Brutgeschäft noch ein wenig hinauszögerte.

      Richtig eklig wurde dem Profos, als er das Ei zurücklegte. Seine Haare an den Händen berührten dabei die anderen Eier im Nest, und prompt blieb eines daran kleben.

      Carberry stieß einen erbitterten Fluch aus. Vorsichtig packte er zu und staunte, wie schwer so ein kleines Ei war. Das wiegt ja gut und gern soviel wie ein Hühnerei, dachte er verblüfft.

      Dann passierte ihm ein Mißgeschick. Das Ei, das immer noch an den Haaren seines Handrückens klebte, fiel hinunter und platschte auf den Käfigboden.

      Carberry schloß entsetzt die Augen.

      Als er sie wieder öffnete und schon im Geist den vermatschten Dotter vor sich sah, starrte er verblüfft auf den Boden.

      Das Ei war immer noch heil, und das erstaunte ihn jetzt doch mächtig, das ging einfach über seine Vorstellungskraft.

      Ein Ei, das aus dieser Höhe zu Boden fiel, zerplatzte nicht?

      Das war mehr als merkwürdig, befremdend war das, eigentümlich!

      Der Profos hob es auf, erleichtert darüber, daß nichts passiert war, und dann traf er eine zweite, noch merkwürdigere Entdeckung.

      Die zarten Punkte auf den Eiern waren verschwunden. Zusammen mit dem braunen Klebezeug waren die grünlichen Tupfer und Sprenkel verlaufen und hatten sich aufgelöst.

      Noch erwachte Carberrys gesundes Mißtrauen nicht, er fand das alles verdammt merkwürdig. Eier, die klebten und deren Farbtupfer verliefen, waren nun wirklich eine Rarität, und die außerdem nicht zerbrachen, wenn sie hinfielen, und die sich auch noch in der Größe unterschieden, das ging entschieden zu weit. Das, verdammt, das wollte er sich doch gern einmal bei Tageslicht ansehen.

      Sehr vorsichtig nahm er das Ei wieder auf, überwand seinen Ekel vor dem klebrigen Ding und zwängte sich an Deck, wo die anderen erwartungsvoll mit ernsten Gesichtern herumstanden.

      Dieser verdammte Sir John hat das ganze Schiff einschließlich der Crew verunsichert, dachte Ed. Alle waren irgendwie aus dem Häuschen, seit das passiert war.

      Er hielt das Ei in der Hand und zeigte es herum.

      Alle starrten auf das bräunliche, teilweise fast durchsichtige Ding und dann auf die Soße, die sich langsam auf Carberrys Hand ausbreitete und wie Kleister klebte.

      Den Profos ekelte es so sehr, daß er das Ei Smoky in die Hand drückte, der es prompt fallen ließ, als er die klebrige, zerfließende Masse in seinen Pranken spürte.

      Das Ei zerbrach nicht, es begann zu kullern, und ehe es jemand aufheben konnte, rollte es zum Niedergang, sprang eine Stufe nach der anderen hinunter und landete auf der Kuhl.

      Dort zerbrach es in drei Teile.

      Am Niedergang standen die Seewölfe und wußten nicht, wie ihnen geschah, denn das zersprungene Ei sah innen genauso aus wie außen.

      Da war von einem Dotter keine Spur, da floß kein Eiweiß, da war rein gar nichts.

      Jeder starrte belemmert jeden an, nur der Profos ging auf die Kuhl und hob die klebrigen Überreste auf.

      Stumm und fassungslos blickte er auf die Trümmer und fand, daß von dem kaputten Ei ein lieblicher süßer Duft ausging. Er hätte darauf gewettet, daß es verteufelt nach Kandiszucker roch.

      Das Ei hatte auch keine Schale, und sekundenlang keimte in dem Profos ein fürchterlicher Verdacht auf.

      Mit einem lauten Fluch knallte er die Eierreste auf die Planken, daß sie splitternd nach allen Seiten davonflogen.

      Dann lief sein Gesicht knallrot an, sein Rammkinn wurde noch größer und so hart, daß man Nägel darauf schmieden konnte.

      Mit verbissenem Gesicht und wuchtigen Schritten stapfte er den Niedergang wieder hoch und blieb stehen.

      Dann sah er die Männer der Reihe nach grimmig an, stemmte die Arme in die Seiten und brüllte so laut los, als sei ein neues Seebeben ausgebrochen.

      „Ich warte!“ schrie er. „Ich warte auf eine Erklärung!“

      „Was für ’ne Erklärung denn?“ fragte Jeff Bowie, der überhaupt nichts begriff.

      „Was meinst du denn, Profos?“ fragte auch Gary Andrews, und selbst Big Old Shane sah den Profos verwundert an und fand keine Erklärung dafür.

      Als Carberry einen nach dem anderen gründlich gemustert hatte und in seiner drohenden Lieblingspose stumm verharrte, blickten ihn nur unschuldige Augen an.

      Ed wischte seine klebrigen Finger demonstrativ an seiner groben Leinenhose ab, bückte sich, griff in den Käfig und holte vorsichtig das nächste Ei heraus.

      Es klebte fast noch entsetzlicher als das andere. Als er sacht darüberstrich, verschwanden auch hier die grünlichen Tupfer.

      Und, verdammt wollte er sein, dieses Ei war gar nicht oval, es war eher rund und hatte noch einen kleinen Buckel. Mit leicht geröteten Augen starrte er es an.

      Da erschien der Kutscher aus der Kombüse, der sich über den Lärm auf dem Vordeck wunderte.

      Er sah den Profos mit dem Ei in der Hand und grinste. Aber Ed legte dieses Grinsen falsch aus und hielt dem Kutscher das klebrige Ding dicht unter die Nase.

      „Was ist das?“ rief er wild. „Etwa ein Papageienei?“

      Der Kutscher blieb die Ruhe selbst. Auch als Carberry ihm das klebrige Etwas in die Hand drückte, geriet er nicht aus der Fassung, sondern nahm es gelassen entgegen.

      „Ganz bestimmt nicht“, sagte der Kutscher ruhig. „Das ist eher ein Ei aus Kandiszucker, schön zurechtgeschliffen und poliert und auch noch mit Tupfern bemalt. Das kannst du in aller Ruhe verzehren!“

      „Verzehren!“ schrie der Profos. „Das kannst du selbst fressen, du lausiger Pfannenschwenker! Also du steckst dahinter!“

      „Spinnst du? Was soll das alles?“

      Der Kutscher gab das Ei zurück. Carberry ergriff es, nahm es voller Wut und knallte es an den Mast, so daß es in tausend Splitter zersprang.

      „Oh, ich könnte mich ohrfeigen!“ brüllte er. „Die anderen Eier sind natürlich auch nicht echt. Los, Smoky, steh nicht rum und glotz die Welt voll, hole die beiden anderen Eier, aber ein bißchen dalli, sonst spiele ich euch lausigen Kanalratten mal zum Tanz auf!“

      Smoky flitzte los. Wenn der Profos in diesem Ton rumbrüllte, dann war ihm etwas an die Nieren gegangen, und diesmal qualmte er fast vor Zorn und Wut.

      Smoky kehrte mit dem Rest des Geleges zurück, und die Seewölfe rückten neugierig zusammen. Aber es gab nicht den geringsten Zweifel, denn auch diese beiden vermeintlichen Eier waren aus hellbraunem Kandiszucker und sahen täuschend echt aus.

      Der Kutscher stellte sich so hin, daß er notfalls sogleich die Flucht ergreifen konnte, falls der Profos auf ihn losging.

      Dann grinste er ihn an und schlug sich auf die Schenkel.

      „Mann, Ed“, sagte er und lachte von einem Ohr zum anderen. „Dir sollte doch wohl klar sein, daß Papageien in Baumhöhlen brüten und nicht in Nestern auf dem Boden. Ich habe mir gleich gedacht, daß da etwas nicht stimmt, aber da du ja immer alles besser weißt, wollte ich nichts sagen.“

      Der


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