Seewölfe Paket 10. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 10 - Roy Palmer


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vor, aber das Wrack erinnerte sie überdeutlich an die vergangene Nacht voller Schrecken.

      Es hockte dick und plump wie ein totes Tier auf dem Sand und lag auf der Seite, aufgerissen, zerfetzt, kaputt. Die zersplitterten Masten ragten in den fast weißen Sand, und in der Nähe war der Strand voller Unrat und Treibgut.

      Zerplatzte Kisten, aufgesprungene Fässer, Balken, Planken, Rahen und Spieren lagen in einem wüsten Haufen durcheinander.

      Zwei Tote hatte das Meer angeschwemmt, die inmitten der vielen Trümmer lagen.

      Ein weiterer Toter hing im Mast und hatte sich dort verkrallt. Es war ein Seesoldat, wie Sinona an der Uniform erkannte. Diesen Toten dort herunterzuholen, würde schon schwierig werden.

      Anfangs standen sie alle stumm um das Wrack herum, starrten es an und schüttelten die Köpfe.

      Sinona sah sie der Reihe nach an.

      „Das war sie also, die ‚Kap Hoorn‘“, sagte er mit hohler Stimme. „Ein einziges Beiboot ist noch geblieben, es scheint heil zu sein.“

      Er blickte den Schiffszimmermann fragend an, und der verstand die unausgesprochene Frage auch sofort.

      Er schüttelte resigniert den Kopf.

      „Bei Tage sieht es noch schlimmer aus“, sagte er. „Man kann hier nicht mehr von Schäden sprechen. Selbst mit hundert Mann läßt sich da nichts mehr reparieren, Senor Capitano.“

      „Ja, unnötig, noch ein Wort darüber zu verlieren“, sagte Sinona. „Holt die Toten zusammen und begrabt sie da hinten in der Nähe des Dickichts. Dann wird alles geborgen, was noch brauchbar ist. Anschließend leisten wir die Vorarbeit für die ‚Patria‘ und die anderen Schiffe, die noch eintreffen werden. Ich weiß nicht, wie viele es insgesamt sind, denn jedes Schiff kann nur immer eine kleine Menge dieser Pflanzen mitnehmen.“

      Die Arbeit ging weiter.

      Die Toten wurden beigesetzt, brauchbare Gegenstände von Bord geholt und am Strand bei den Hütten gelagert.

      Den Mann am Mast kriegten sie allerdings nicht herunter, ohne sich selbst zu gefährden, und so blieb er vorerst dort hängen und würde später beigesetzt werden.

      Zwei Spanier, die die Umgebung erkundet hatten, meldeten sich etwas später bei Sinona.

      „Wir haben Pflanzen gefunden, Senor Capitano“, berichtete der eine. „Die Insulaner haben eine kleine Plantage angelegt, und hinter den Hütten stehen noch weitere Brotfruchtbäume.“

      „Sehr gut. Wir werden gleich damit beginnen. Wie hoch sind die Brotfrüchte?“

      „Etwa mannshoch.“

      „Insulaner gesehen?“ fragte Sinona.

      Alle beide verneinten.

      „Keinen einzigen. Sie müssen sich entweder in die Berge oder auf einen anderen Teil der Insel zurückgezogen haben.“

      „Noch besser. Paßt trotzdem gut auf, die meisten Insulaner sind heimtükkisch und hinterhältig.“

      Sinona wandte sich ab und kontrollierte die Leute, als ihn ein Ruf zusammenzucken ließ.

      „Segel am Horizont!“ schrie ein Mann, der einen Hügel erklommen hatte und von dort aus Aussicht hielt.

      „Das ging ja schneller, als erwartet“, sagte Sinona.

      Die Aussicht, hier auf lange Zeit festzusitzen, war damit beendet.

      Er rieb sich die Hände und stieg selbst in den Hügel, um sich das Schiff anzusehen.

      Als er wieder zurückkehrte, war sein Gesicht ernst.

      „Das ist nicht die ‚Patria‘“, sagte er entschieden, „dieses Schiff ist viel schlanker, aber es muß ein Spanier sein.“

      „Und wenn es doch keiner ist?“ fragte der Profos. „Diese Möglichkeit müssen wir auch in Betracht ziehen.“

      „Vielen Dank, Profos, daß Sie für mich gleich mitüberlegen“, antwortete Sinona sarkastisch. „Bewaffnet euch, unterbrecht die Arbeit, damit es keine Überraschung gibt. Bringt das geborgene Zeug hinter die Hütten.“

      „Sieht aus, als wenn er an der Insel vorbeiläuft“, sagte der Profos nachdenklich. „Er hat nicht genauen Kurs auf uns.“

      „Das kann er auch kaum. Aber er wird uns suchen, wenn es einer von uns ist, und er wird uns auch finden.“

      Aber es sah wirklich nicht so aus, als laufe das Schiff diese Stelle an.

      Ferris Tucker hatte noch ein paar alte Planken, die in Stücke gesägt worden waren, um eventuelle Lecks abzudichten.

      Diese Bretter hatte er an Deck geholt und über die Kuhlgräting gelegt.

      Vor ihm stand ein Fäßchen mit langen Nägeln, in das er immer wieder hineingriff. Er holte einen Nagel heraus, setzte ihn auf das Stück Planke und trieb ihn mit dem Hammer so tief hinein, daß er auf der anderen Seite weit herausragte.

      Der alte O’Flynn stand seit einer ganzen Weile daneben und schaute verständnislos zu, wenn Ferris einen Nagel nach dem anderen in die Bretterstükke trieb.

      Eins der Stücke war bereits über und über mit Nägeln gespickt.

      Old O’Flynn hatte schon ein paarmal angesetzt, um seine Frage endlich loszuwerden, aber er traute sich nicht, obwohl er nicht den geringsten Sinn in der Nagelei sah.

      Fragte er den rothaarigen Schiffszimmermann direkt, dann kriegt er eine blöde Antwort, das war sicher, fragte er aber nicht, dann erfuhr er auch nicht, was das alles sollte.

      Also blieb er weiterhin dicht daneben stehen und wartete ab.

      Ferris Tucker hämmerte gleichmütig weiter und grinste sich eins, weil er ganz genau wußte, daß Donegal vor Neugier fast platzte. Aber er tat so, als bemerke er das nicht.

      Schließlich hielt der Alte es nicht mehr aus.

      „Nett sieht das aus“, sagte er.

      „Ja, ganz nett“, sagte Ferris Tucker ernst.

      „Wie viele Nägel müssen denn in so ein Brett?“

      „Hundert ungefähr, ist doch klar.“

      „Ja, richtig, hundert“, sagte Old O’Flynn und bemühte sich verzweifelt, das Gespräch nicht versiegen zu lassen.

      „Fünfzig müßten doch auch langen, oder nicht?“ fragte er.

      Ferris nickte zustimmend.

      „Hundert sind aber besser, das weißt du doch genausogut wie jeder andere an Bord auch.“

      „Ja, klar“, sagte Old O’Flynn, der überhaupt nichts wußte.

      Ferris hatte jetzt zwei lange Stükke fertig, strich vorsichtig mit der Hand über die spitzen Nägel und nickte zufrieden.

      „Ja, genau richtig“, sagte er und reichte Donegal das eine. „Findest du nicht auch, Donegal?“

      Der alte und äußerst mißtrauische O’Flynn nahm das Brett argwöhnisch in die Hand und nickte schließlich auch.

      „Ja, so ist es in Ordnung“, sagte er. „Wo soll es hin?“

      „Ach“, sagte Ferris gleichmütig, „ich werde es schon verwahren, heute brauchen wir sie ja doch nicht mehr, oder?“

      „Ich glaube nicht.“

      Der Alte wurde immer fuchtiger, aber schließlich griff er zu einer List, wie er meinte.

      „Merkwürdig, daß einem manchmal eine einfache Bezeichnung nicht mehr einfällt, Ferris. Jetzt habe ich doch glatt vergessen, wie die Dinger heißen.“

      „Das fällt dir später wieder ein“, versicherte Ferris freundlich. „Du mußt nur immer darüber nachdenken.“

      „Tu ich doch die ganze Zeit“,


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