Seewölfe Paket 10. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 10 - Roy Palmer


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trat umgehend ein.

      Plötzlich waren sie von Männern umringt, bewaffneten Männern in zerrissenen Uniformen und solchen in einfachen Hosen und Hemden.

      Musketen und Pistolen waren auf sie gerichtet, immer mehr Leute erschienen aus der dunkelgrünen Wand.

      Hasard und Dan O’Flynn gaben sich total überrascht. Gleichzeitig täuschten sie aber auch Freude vor.

      „Wer seid ihr?“ wurden sie von einem Mann angeherrscht, der hier das Sagen hatte und wahrscheinlich Sinona war.

      „Empfängt man so Landsleute?“ fragte der Seewolf empört. „Da laufen wir extra die Insel an – und dann dieser Empfang! Ich bin Sir Francis Drake, und dieser Mann ist der Heilige Nikolaus!“

      „Diablo, das sieht man!“

      Der Spanier trat einen Schritt vor und sah den Seewolf an.

      „Ich bin Capitan Sinona“, sagte er. „Von Ihnen habe ich eben meinen eigenen Namen gehört.“

      „Und ich bin Capitan Pedro Morena“, sagte Hasard kühl. „Das ist mein zweiter Offizier. Unser Schiff ist die ‚Isabella‘. Wir sind vor ein paar Tagen Capitan Don Alfredo de los Domirez von der ‚Patria‘ begegnet. Er bat uns, einen Gruß an Sie auszurichten, er wird ebenfalls in ein, zwei oder drei Tagen hier eintreffen.“

      „Nehmt die Waffen runter!“ befahl Sinona seinen Männern.

      Die Musketen, von denen etliche des nassen Pulvers wegen nicht geladen waren, wurden weggelegt, die Pistolen eingesteckt.

      Erst jetzt gab Sinona dem Seewolf die Hand, blieb aber weiterhin kühl und auf Distanz.

      „Gehört das Schiff Ihnen?“ fragte er.

      „Ja, ich bin der Eigentümer und fahre auf eigene Rechnung“, erwiderte Hasard.

      „Sie werden sich mir wohl oder übel unterstellen müssen“, sagte Sinona. „Die Staatsinteressen gehen vor. Aber darüber reden wir später noch ausführlich.“

      Hasards Gesicht blieb ausdruckslos. Er mochte diesen Typ nicht, der sich trotz seiner fast aussichtslosen Lage so überlegen gab.

      Er lächelte verbindlich und musterte dabei die anderen Männer.

      Einige hatte es ganz hart erwischt, das sah man an ihrer zerrissenen Kleidung, ihren Blessuren und Wunden. Andere blickten düster und sahen verlangend auf die „Isabella“.

      „Was ist passiert?“ fragte er.

      „Das sehen Sie doch selbst“, schnauzte Sinona. „Oder redet das Wrack keine deutliche Sprache?“

      „Es gibt mehrere Auslegungen“, erwiderte Hasard. „Aber wenn Sie es nicht sagen wollen, können Sie es ja später Capitan Don Alfredo erzählen. Wir segeln wieder weiter.“

      „Vorerst segeln Sie überhaupt nicht weiter“, sagte Sinona mit fast gelangweilter Stimme. „Und wenn ich Ihnen das Weitersegeln erlaube, dann nur mit Kurs auf Spanien oder eine der Inseln, wo Sie gewisse Pflanzen hinbringen werden. Sie sind anscheinend nicht über die Rechte eines kriegsmäßig ausgestatteten Spaniers unterrichtet, mein Lieber. Den Befehl hier habe ich, sonst niemand.“

      Hasard ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Bei Dan O’Flynn jedoch schwoll schon die Zornesader.

      Was erlaubte sich dieser abgerissene Flottenkapitän eigentlich, dachte er. Strandete hier mit einer nagelneuen Galeone und war gleich dabei, Handelsschiffe zu requirieren! Na, dem Großmaul würden sie es aber noch zeigen, das stand fest.

      Sinona ließ sich aber doch noch herab, eine Erklärung abzugeben. Er tat es hochnäsig und immer im gleichen gelangweilten Tonfall, mitunter auch sehr überheblich.

      „Wir ankerten vor der Bucht, und es gab in der Nacht ein Unwetter. Dabei brach die Trosse, und unser Schiff wurde auf die Korallen geschleudert. Daß es dabei zerbrach, dürfte Ihnen ja klar sein. Später schleuderte es eine plötzlich auftauchende Riesenwelle auf den Strand. Wir verloren viele Männer. Sie hatten eben mehr Glück gehabt und sind am hellen Tag in die Bucht gelaufen.

      „Ja, das war ein unwahrscheinliches Glück“, erwiderte Hasard. „Die Korallen sieht man ja auch erst, wenn man draufsitzt.“

      In Sinonas Augen blitzte helle Empörung auf. Er wollte den Seewolf anbrüllen, doch dann sah er plötzlich in die eisblauen Augen, die ihn gelassen musterten, und schluckte hart.

      Ein merkwürdiger Mann, dachte er beklommen. Der hatte so einen harten, zwingenden Blick, wie er ihn noch bei keinem Mann gesehen hatte. Und dann die Figur. Ein schwarzhaariger Riese von mindstens sechs Fuß Größe, muskulös und sehnig und sicher auch sehr schnell, wenn es darauf ankam.

      „Bei Nacht sieht man sie jedenfalls nicht“, sagte er schroff. „Es war die alleinige Schuld meines ersten Offiziers. Er verfehlte diese Insel und landete auf einer anderen, sonst wäre das alles nicht passiert. Ich werde ihn später vor ein Bordgericht stellen lassen, vielleicht auf Ihrem Schiff.“

      Das hast du dir gedacht, überlegte Hasard. Der Don glaubte, hier bestimmen zu können, aber das würde er ihm bald austreiben.

      „Man sieht gar keine Eingeborenen“, sagte Hasard. „Anscheinend sind sie alle geflohen.“

      „Sie hocken in den Bergen, und da können sie meinetwegen bleiben, bis sie schwarz werden. Uns geht es nur um die Brotfrucht.“

      „Das weiß ich von Don Alfredo“, sagte Hasard.

      „Nun, dann sind Sie ja gut unterrichtet, und Don Alfredo wird Ihnen sicher schon gesagt haben, daß Sie den entsprechenden Schiffsraum zur Verfügung stellen.“

      „Er bat mich darum.“

      „So, er bat Sie darum“, höhnte Sinona. „Ich bin es nicht gewohnt, um etwas zu bitten. Ich stelle Forderungen und verlange, daß sie auch sofort erfüllt werden. Sie sind Spanier wie ich, aber Sie segeln frei, und ich unterstehe einem Kommando. Das ist der kleine Unterschied zwischen uns beiden, den Sie bitte begreifen wollen. Somit unterstehen Sie von nun an mir und meinen Befehlen. Wenn ich will, kann ich über diese Insel jederzeit das Kriegsrecht verhängen lassen. Das nur zu Ihrer Information, Capitan Morena.“

      In Dan kochte es immer stärker, am liebsten wäre er diesem überheblichen Kerl an die Kehle gesprungen, aber er riß sich zusammen, denn er erkannte, daß der Seewolf sich köstlich zu amüsieren schien und auf das Spiel einging.

      „Vielen Dank“, sagte Hasard liebenswürdig. „Gerade weil ich freier Handelsfahrer bin, lasse ich mich nicht gern bevormunden, selbst von einem Flottenbock nicht!“

      Sinona starrte ihn an, als hätte Hasard den Verstand verloren. Er glaubte, sich verhört zu haben, aber der schwarzhaarige Riese lächelte so eigentümlich und frech, daß er seine Worte tatsächlich ernst meinte.

      Wütend drehte er sich nach einem gedrungen wirkenden Mann mit breiten Schultern um, der neben ihm stand.

      Der Kerl sieht wie ein harter Schläger aus, dachte Hasard, vermutlich ist er der Profos von diesem spanischen Haufen.

      „Bringen Sie diesem Kerl Manieren bei, Profos“, sagte Sinona mit vor Wut bleichem Gesicht.

      „Warum tun Sie das nicht selbst?“ fragte Hasard gelassen.

      Der Profos stürmte schon vor. Trotz seiner Gedrungenheit war er erstaunlich schnell.

      Seine Faust schoß vor und zuckte nach Hasards Gesicht. Gleichzeitig beschrieb sein Körper eine halbe Drehung, und er ließ die andere Faust folgen.

      So schnell der Ansatz auch war, beide Male drosch der Profos ins Leere, denn Hasard war blitzschnell zur Seite geglitten und ließ den Bulligen leerlaufen.

      Als er, durch seinen eigenen Schwung getrieben, mit ihm auf gleicher Höhe war, schlug der Seewolf zu. Kurz, schnell und trocken.

      Der Profos rannte in den Brocken hinein, wurde jäh gestoppt, blieb auf der Stelle stehen und beugte den Oberkörper zurück.


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