Seewölfe Paket 10. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 10 - Roy Palmer


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feuern“, entgegnete Hasard. „Die meisten halten uns doch auf Anhieb für einen Landsmann, erst recht dann, wenn noch die spanische Flagge aufgezogen ist.“

      Das Boot lief knirschend auf den Sand. Die beiden Männer sprangen heraus und zogen es ein Stückchen höher hinauf.

      Dann sahen sie sich wieder nach allen Seiten um.

      Über der Bucht kreiste ein Vogel von bunter, leuchtender Farbe. Er zog eintönige Kreise, immer in der gleichen Höhe, immer im gleichen Bogen, als wollte er etwas auskundschaften.

      Hasard blickte in das Dickicht, aber dort gab es außer dichtem Gebüsch und rot leuchtenden Blumen nichts zu sehen. Es gelang ihm nicht, durch das dunkle Grün hindurchzublicken. Es hatte Dschungelcharakter und war unglaublich dicht.

      Die Stille zerrte an den Nerven. Dort drüben lag das Wrack, etwas weiter standen zahlreiche, palmblättergedeckte Hütten, da waren die dichten Palmengruppen und dahinter die Berge. Und über allem rührte sich nichts, außer dem leisen Plätschern und Raunen der Brandung, die an den Strand lief.

      „Sehen wir uns zuerst das Wrack an“, sagte Hasard. Seine Worte klangen seltsam hohl in dieser Stille, und wieder beschlich ihn das Gefühl, als würden sie von hundert Augen belauert.

      Das Wrack lag wie hingeworfen und zerschlagen auf dem Sand. Als die beiden Männer davorstanden, sahen sie den Toten, der immer noch im Mast hing, wie festgeklebt sah er aus. Seine spanische Uniform war an etlichen Stellen zerrissen und zerfetzt.

      „Sollte das die ‚Kap Hoorn‘ sein?“ fragte Dan.

      „Sieht so aus, Dan. Der Tote hängt noch nicht lange da, sonst wäre er bei dieser Hitze längst verwest. Gehen wir mal zur anderen Seite, dort steht sicher der Name.“

      Es war die „Kap Hoorn“, wie sich gleich darauf herausstellte. Der Name prangte an der einen Seite, die nicht so stark eingedrückt war. Man konnte die goldenen Buchstaben noch deutlich erkennen.

      „Was mag hier vorgefallen sein?“ fragte Dan in die Stille hinein. Blitzartig drehte er sich um, als ein hartes Knacken ertönte.

      Auch der Seewolf fuhr herum, die Radschloßpistole in der Faust.

      „Verdammt“, sagte Dan. „Es ist das Holz, nichts weiter. Das Schiff fällt immer mehr auseinander.“

      „Ja, natürlich, es hat keinen Halt mehr.“

      Er ging die paar Schritte wieder zurück.

      „Die können nicht alle umgekommen sein“, sagte er dann. „Das halte ich für ausgeschlossen. Entweder haben sie sich versteckt, oder sie befinden sich auf einem anderen Teil der Insel. Oder sie sind wirklich mit einem anderen Schiff weitergesegelt, nachdem sie hier Schiffbruch erlitten haben.“

      Er sah sich am Strand um und entdeckte die verkohlten und zerfetzten Überreste einer Hütte. Richtig verkohlt waren sie eigentlich nicht, das sah von hier nur so aus, weil sich Reste von Holzkohle um die zerstörte Hütte befanden. Es wirkte so, als hätte ein Schuß die Hütte kurz und klein geschlagen.

      Jeder der beiden Männer stellte eigene Überlegungen an, und jeder versuchte in Gedanken zu rekonstruieren, was hier wohl vorgefallen sein mochte.

      Hatten die Insulaner die „Kap Hoorn“ überfallen, nachdem sie das Feuer eröffnet hatte? Hatte ein Sturm die „Kap Hoorn“ zerfetzt und aufs Land geworfen, oder war sie auf die Korallen gebrummt? Nach einem schweren Sturm sah es jedoch nicht aus.

      Hasard wurde nicht schlau daraus.

      Dem jungen O’Flynn erging es nicht anders. Auch ihm boten sich zu viele Überlegungen an, die alle zutreffen konnten.

      Sie sahen sich das Wrack genauer an, ohne jedoch an Bord zu klettern.

      Die Bruchstellen waren frisch, das sah man deutlich an den überall hervorstehenden Planken. Vom Wrack weg gab es Schleifspuren zu den Hütten, als hätte hier viel im Sand gelagert.

      Ebenso gab es einen verbrannten Fleck am Strand, in dem noch Holzkohle lag. Also hatte hier jemand ein Feuer entzündet.

      Das Wrack war nicht mehr zu retten oder zu reparieren. Das meiste Holz taugte bestenfalls noch zum Verbrennen, mehr gab es nicht her.

      Überall jedoch lagen abgebrochene Hölzer, zerschlagene Fässer und sonstiges Zeug herum.

      Bis auf das leise Knacken und Knistern war auch hier alles ruhig.

      „Wir sehen uns mal die Hütten an“, sagte Hasard. „Aber vergiß nicht, spanisch zu sprechen, auch wenn es so aussieht, als wären wir weit und breit allein. Falls es doch jemand hört, wird er nicht mißtrauisch werden.“

      „Ich werde daran denken, Sir.“

      Auf dem Weg zu den Hütten blieb der Seewolf mehrmals stehen und bückte sich.

      „Hier sind Fässer abgesetzt worden“, sagte er, „und hier lagerten Kisten oder Truhen. Man sieht deutlich die Abdrücke im Sand. Hier haben etliche Männer gestanden.“

      Er steckte die Waffe wieder in den Hosenbund zurück.

      „Tu dasgleiche, Dan“, riet er. „Als Spanier gegen Spanier können wir ja nicht mehr mißtrauisch sein, seit wir wissen, welches Schiff es ist.“

      „Richtig, das wird sie beruhigen, wenn sie noch hier sind und irgendwann einmal auftauchen.“

      Auch Dan steckte die Waffe zurück und gab sich nach außen hin neugierig und verwundert.

      „Ich werde das verdammte Gefühl nicht los, als beobachte man uns“, sagte er nach einer Weile. „Vielleicht habe ich mir das nur eingebildet, aber auf dem Hügel hat sich etwas bewegt, da bin ich ganz sicher. Und das lausige Dickicht dahinten scheint mir auch nicht sauber zu sein.“

      Der Seewolf entgegnete nichts, aber er kannte Dans scharfe Augen, denen nichts entging. Wenn der etwas gesehen hatte, dann stimmte es auch.

      Auch er sah sich immer wieder um, aber das Dickicht wirkte wie erstarrt, und auf den Hügeln gab es keine Bewegung.

      Sie traten in das Dämmer der ersten Hütte.

      Die Einrichtung war so spärlich, wie sie es erwartet hatten. Da lagen die Matten am Boden, da standen Töpfe, Kokosnußschalen und irdene Gefäße.

      Es sah aus, als wären die Hütten in aller Ruhe verlassen worden.

      In ein paar anderen gab es allerdings auch Unordnung, aber das hatte nicht viel zu bedeuten.

      Nachdem sie alle Hütten durchstöbert hatten, waren sie nicht viel schlauer als vorher auch. Die Möglichkeit bestand natürlich, daß sich Spanier vorübergehend in den Hütten einquartiert hatten, nachdem die Insulaner geflüchtet waren.

      Sie traten wieder hinaus, und Dans erster Blick galt dem dunkelgrünen Dickicht.

      „Sieh dich unauffällig um“, sagte er leise. „Ja, genau zwischen den drei Palmen, da blitzt etwas.“

      Hasard sah sich die Stelle an und bemerkte tatsächlich sekundenlang ein leichtes Glitzern.

      „Da der Wikinger wohl schlecht auf dieser Insel sein kann“, sagte er grinsend, „dürfte es sich um einen spanischen Kupferhelm handeln. Also stecken dort ein paar Burschen, die noch nicht wissen, wie sie sich uns gegenüber verhalten sollen. Wir werden ihnen diese Entscheidung abnehmen, etwas müssen sie ja unternehmen.“

      Von den Hütten bis zum Wrack waren es noch nicht einmal zwei Kabellängen, und von dort bis zum Dikkicht höchstens hundert Yards.

      Sorglos schlenderten sie darauf zu, bogen kurz vorher aber ab und schlugen einen kleinen Bogen, um nicht aufzufallen, bis sie die Stelle entdeckt hatten.

      Noch einmal sahen sie es blitzen, als ein Sonnenstrahl einen Helm traf und glänzen ließ.

      „Hoffentlich finden wir noch ein paar Überlebende“, sagte der Seewolf laut. „Don Alfredo von der ‚Patria‘ wird ganz schön der Schreck in die Knochen fahren, wenn er erfährt, daß


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