Nacht über der Prärie. Liselotte Welskopf-Henrich

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Nacht über der Prärie - Liselotte Welskopf-Henrich


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      Ich befehle meinem Gesicht, eine Maske zu sein … meine Gefühle sind verwundbar … sie müssen bedeckt werden …

      Queenie dachte an diese Worte, die aus ihr geboren waren und die Conny als die seinen hatte drucken lassen. Diese Zeit war vorbei. Es waren erst zwei Wochen vergangen, und schon schien ihr die Schule weit in der Ferne zu liegen, in einer Ferne, die sie nie mehr würde erreichen können, auch dann nicht, wenn sie einmal in jenes Zimmer mit den schweigsam abgeschatteten Farben und den sprechenden Bildern zurückkehrte.

      Sie wies alle schweifenden Gedanken fort, denn der Richter hatte Runzelmann beauftragt, Joe King herüberbringen zu lassen. Sie hörte, wie Runzelmann das Gerichtshaus verließ.

      Sie hörte, wie wenige Minuten später die Haustür wieder geöffnet wurde, wie schwere und mittlere Tritte hereinkamen, zwischen denen sie leichte nicht zu erlauschen vermochte. Vor der Tür des Raumes, in dem sie saß, machten alle Tritte halt. Der große Polizist öffnete und zog Joe King am Arm hinter sich her, der kleine folgte, die Pistole wieder in der Hand.

      Die Tür wurde von Runzelmann verschlossen; er drehte den Schlüssel zweimal im Schloss. Dann stellte er sich auf die linke Seite des Verhafteten, während der Polizist mit der schussfertigen Pistole hinter dessen Rücken stand.

      »Was ist los?« fragte der alte Richter. Er befürchtete, dass man ihm Vorwürfe machen würde, wenn in Gegenwart des Mädchens irgend etwas geschah, was der Ordnung nicht entsprach.

      »Der Bursche da ist schlechter Laune.«

      »Weiter nichts?«

      »Noch nicht.«

      Queenie sah Stonehorn an. Sie suchte unentwegt seine Augen, und er wich nicht aus, sein Ausdruck war aber abwesend.

      »Joe King!« begann der Richter mit jener scharfen Stimme, die Ed Crazy Eagle schon einmal aufgefallen war. »Wo warst du in der Sturmnacht?«

      »Ich verweigere die Aussage.«

      »Woher hast du das silberne Kettchen, das Harold stets um den Hals getragen hat?«

      »Ich habe es gefunden.«

      »Wir wissen bereits mehr, als du zu glauben scheinst. Es ist besser für dich zu gestehen.«

      Auf den Zügen des Angeschuldigten erschien die verächtliche Herablassung, die dem alten Richter oder auch möglichen Aussagen von Queenie gelten konnte. Wer wusste es? Joe King kannte die Taktik richterlicher Vernehmungen.

      »Wie kamst du dazu, Miss Halkett auf offener Straße wie eine Bekannte zu grüßen?«

      »Wir sind früher in die gleiche Schule gegangen.«

      »Grüßt du alle ehemaligen Schüler dieser Schule?«

      »Mag sein. Aber das übersteigt mein Erinnerungsvermögen.«

      »Das übersteigt dein Erinnerungsvermögen.«

      »Ja.«

      »Du hast in den vielen Untersuchungen, zu denen du die Gerichte gezwungen hast, und im Gefängnis offenbar nicht wenig gelernt.«

      »Ich war immer ein schlechter Schüler.«

      »Und ich habe es satt, dass du junger Bursche und Bandit mir auf diese unverschämte Weise begegnest! Verstanden?«

      »Ja.«– Stonehorn sprach dieses Ja stets ganz kurz, wie abgehackt.

      Der alte Richter war über sich selbst ärgerlich. Er hatte sich von der Vernehmung Joe Kings in Gegenwart des Mädchens irgend etwas versprochen, was nun nicht eintrat. Joe hatte seine volle Selbstbeherrschung wiedergewonnen und spielte mit Aussagen wie mit einem Colt in der geübten Hand.

      »Du scheinst dich damit abgefunden zu haben, dass du als Mörder hingerichtet wirst, denn du bist klug genug, um zu wissen, dass deine Aussageverweigerung die Indizien nicht mehr entkräften kann. Zweimal hast du dieses Spiel gespielt, das dritte Mal bist du dran.«

      Stonehorn schwieg. Er wusste genau, dass der Richter ernst machen wollte und ernst machen konnte. Harold Booth war zwar nicht als Leiche gefunden worden, und die Indizien waren schwach, aber gegen einen Joe King konnte man jetzt jedermann aufbringen.

      Tashina sah immer noch unentwegt auf Joes Gesicht. Wann auch immer er ihren Blick suchen würde, er sollte ihn finden. Und in diesem Moment blitzte ein Gruß in seinen Augen auf. Der Richter hatte es bemerkt.

      Er wandte sich Queenie zu. »Haben Sie etwas zu sagen? Irgend etwas beobachtet, was hier dienlich sein kann? Wissen Sie, wohin sich Joe King gewandt hat, als Sie mit Ihrem Wagen abfuhren?«

      »Ich war in dieser Nacht mit ihm zusammen.«

      »Du … wo?!« Der alte Richter musste alle Nervenkräfte zusammennehmen, um die Frage in würdig bleibendem Ton zu stellen.

      »Darüber verweigere ich die Aussage.«

      »Queenie! Was heißt das?«

      »Ich war mit ihm zusammen.«

      Der Richter erhob sich. »Queenie! Er hat dich vergewaltigt?«

      »Nein.«

      Es trat Schweigen ein.

      Der alte Richter atmete ein paarmal tief. »Queenie! Würdest du das vor deinem Vater wiederholen?«

      »Ja.«

      »Wann bist du nach Hause gekommen?«

      »Am Morgen. Mein Wagen war vom Sturm weggerissen worden.«

      »Du hast … du bist … weißt du, was du hier sagst?«

      »Ja.«

      »Willst du diesen verdammten Gangster retten? Bist du verliebt?«

      »Ich war mit ihm zusammen. Es ist die reine Wahrheit.«

      »Vor Gericht wirst du schwören müssen.«

      »Das kann ich.«

      »Wie willst du beweisen …?!«

      »Ich hoffe, dass wir ein Kind haben werden.«

      Queenie sah die Mienen der Polizisten nicht. Sie schaute nur auf Stonehorn. Seine Augen waren wieder abwesend.

      »Queenie …« Die Stimme des Richters wurde leise vor Entsetzen. »Queenie … von diesem Mann? Bist du noch bei Sinnen?«

      »Ich will es haben. Es wird schön sein und stark.«

      »Das Kind eines Mörders …«

      »Nein. Mein Mann ist kein Mörder.«

      Stonehorn sah seine Frau an. Was sie sagte, erschien dem Verfemten ein viel größeres Wunder als jedem anderen.

      Der alte Richter hob das Kettchen in die Höhe, das um den Hals von Harold Booth gelegen hatte. »Das ist der Beweis.«

      »Nein.«

      »Hast du Gründe?«

      »Ja. Ich war dabei, als Stonehorn das Kettchen fand.«

      »Du warst dabei? Du hast ihn also nochmals getroffen?«

      »Ja. Als ich das erste Mal zu der Töpferei ging.«

      »Und ihr habt dann zusammen das fremde Eigentum behalten, das ist Unterschlagung! Dadurch, dass ihr nichts von dem Fund gemeldet habt, ist auch die Suche nach Harold Booth verzögert worden. Queenie! Bist du diesem Kerl schon ganz und gar hörig geworden? Hast du ganz vergessen, wer du bist? Du hast dich mit ihm zusammen strafbar gemacht! Weißt du nicht mehr, wer deine Eltern sind?«

      »Ich habe nicht gestohlen. Das Kettchen gehörte mir. Das können Vater und Mutter bezeugen, denn sie haben es mir geschenkt, als ich vor einem Jahr auf der Kunstschule ein sehr gutes Zeugnis erhielt. Harold muss es mir dann in den Ferien heimlich weggenommen haben, als er mit seinen Eltern auf unsere Ranch kam. Damals hat er auch ein Bild von mir und eines von Henry aufgenommen. Ich vermisste dann das Kettchen. Er hatte immer ein Souvenir von mir verlangt, und ich


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