Nacht über der Prärie. Liselotte Welskopf-Henrich

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Nacht über der Prärie - Liselotte Welskopf-Henrich


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      »Du hast dich noch nie viel um was gekümmert. Wo sollen denn die Pferde weiden?«

      »Wo? Auf unseren Wiesen hier.«

      »Hm.«

      Stonehorn blickte gespannt auf den Vater.

      »Du meinst, das reicht auch im Winter?« fragte der Alte weiter.

      »Im Winter reicht es vorläufig noch nicht, weil wir nicht genug Land haben. Diesen Winter muss ich noch Heu und Hafer kaufen.«

      »Hafer brauchen die netten Tiere?«

      »Meinst du, mein Hengst ist gewohnt, Rüben zu fressen?«

      »Aber dein Vater ist das gewohnt, was?«

      »Ich so gut wie du.«

      »Wenn du zufällig mal da bist.«

      »Ich bin jetzt da. Vergiss das nicht.«

      Nach diesen letzten Worten blieb es einige Zeit still. Aber in dem Gesicht des Alten arbeitete es. Die Sache war noch nicht abgetan.

      Queenie hatte plötzlich eine Schreckensvorstellung. In diesem einsamen kleinen Haus hier war der Mord geschehen … in diesem Haus hier hatte die Mutter Stonehorns ihren Schwiegervater totgeschlagen, der so gut wie ihr Vater galt, und in diesem Hause hier hatte sie ihrem Kind den Namen Stonehorn gegeben, als es die Schläge des Großvaters überlebt hatte.

      Queenie lehnte regungslos an dem Türpfosten. Es war vielleicht schon Zeit, aber sie war noch nicht in der Stimmung, ins Bett zu gehen.

      »Die Wiesen gehören uns nämlich nicht mehr«, sagte der Alte schließlich. »Ich habe sie verpachtet.«

      Stonehorn hatte gelernt, sich zu beherrschen, wenn er sich beherrschen wollte. »An wen hast du sie verpachtet?«

      »An wen soll ich hier wohl verpachten! Es gibt nur einen im Tal, der Land braucht und Pacht zahlt. Isaac Booth nämlich.«

      Stonehorn stand mit einer erschreckenden Langsamkeit auf. »So. Isaac Booth. An den hast du die Wiesen weggegeben. Auf wie lange?«

      »Auf zehn Jahre.«

      Der Alte war auf seinem Gestell und den stinkenden Decken liegengeblieben.

      »Was gibt er dir dafür?«

      »Einen Dollar pro Acre im Jahr, wie üblich.«

      »Das heißt also, hundertsechzig Dollar im Jahr. Und was willst du mit dem Geld machen?«

      »Das geht dich nichts an. Vorläufig ist das noch mein Land und also auch mein Geld.« Der Alte fing an zu brüllen. »Du hast ja deine Malerin, die für dich zahlt.«

      Stonehorn spuckte seinem Vater ins Gesicht.

      Der Alte war schon auf den Beinen. Der Sohn verstellte ihm den Weg zu den Jagdgewehren und zu jenen Gegenständen, die unter einer Decke verborgen lagen.

      Queenie blieb regungslos an der Tür; auch wenn sie sich hätte rühren wollen, sie hätte es nicht mehr vermocht.

      »Hast du schon wieder gesoffen?« schrie Stonehorn den Alten an.

      Der Ausdruck im Gesicht Old Kings wurde unheimlich. »Ich hab ihn doch gefunden, Joe. Ich brauch kein Wasser. Ich brauch anderes Wasser …« Er brach in Lachen aus. »Du hättest ihn lieber selber saufen sollen, dann wär er weg gewesen. So hab ich ihn doch noch gefunden …«

      »Leg dich hin und gib Ruhe.« Stonehorn zwang seine Stimme, wieder ruhiger zu werden.

      »Was bildest du dir denn ein, Sohn! Meinst du, ein King kann ein anständiger Mensch werden?« Der Alte lachte wieder. »Gib mir noch die zweite Flasche … die ich … noch nicht gefunden habe!«

      »Nichts geb ich dir!«

      »Rück sie raus!«

      »Gib Ruhe. Du bist schon besoffen.«

      »Gib sie her … sag ich dir … oder ich schlag dich kaputt … dich Bandit …«

      Mit tückischer Schnelligkeit schleuderte der Alte ein Stück Eisen mit spitzen Kanten, vielleicht ein Stück eines alten zerbrochenen Ofens, gegen den Sohn. Stonehorn taumelte, fing sich aber wieder.

      Queenie hatte einen leisen Schreckenslaut ausgestoßen. Der Betrunkene hatte sehr starke Muskeln und die Kraft des Rausches. Er drängte Stonehorn beiseite, der Tisch stürzte um, die Petroleumlampe fiel von dem Wandbrett. Das Rohr, das vom Ofen durch das Dach führte, wurde auseinandergerissen. Feuerfunken stoben im Dunkeln. Der Alte wollte zu den Jagdgewehren … Stonehorn hatte ihn an der Gurgel, aber der Alte packte ihn an den Haaren, trat ihn und stieß ihm mit dem Knie in den Leib. Beide stürzten. Eines der Jagdgewehre, das an der Wand gelehnt hatte, fiel polternd zu Boden, und ein Schuss krachte. Die Waffe war durchgeladen gewesen.

      Stonehorn zog dem tobenden Alten das Halstuch zusammen, um ihn in die Gewalt zu bekommen, ehe weiteres Unheil geschah. Queenie graute es. Sie zitterte, noch immer ohne sich rühren zu können, und der Schweiß lief ihr über das Gesicht. Ihr Gehör sagte ihr dann, dass der Kampf beendet war.

      Langsam ging sie in das dunkle Innere des Hauses hinein. Sie verstand jetzt, warum Stonehorn geglaubt hatte, dass sie hier nicht werde leben können.

      Stonehorn war eben damit beschäftigt, den Körper des Vaters in eine Wolldecke einzuschnüren, so dass der betrunkene Alte nicht mehr gefährlich werden konnte. Die Zunge war wieder in den Mund zurückgeglitten, aber offenbar war der alte Mann nicht bei Bewusstsein. Stonehorn legte ihn wie einen Kranken auf das Schlafgestell, wo er gelegen hatte, trat an die Tür und stecke sich eine Zigarette an. Beim Aufflammen des Feuerzeugs erkannte Queenie, dass Stonehorn aus einer Kopfwunde stark blutete.

      Er bemerkte ihren besorgten Blick. »Lass, ich habe gutes Blut. Es gerinnt rasch. Nur schade um das weiße Hemd. Aber nun wissen wir wenigstens, wofür wir das viele Wasser geschleppt haben.«

      Er zog das Hemd aus und warf es in einen der Bottiche.

      Er ging in den Raum zurück, stellte den Tisch auf und drückte das Ofenrohr mit einiger Mühe wieder zusammen. Er sicherte das Jagdgewehr des Vaters und holte unter seinem Schlafgestell etwas hervor. Als er es auswickelte, zeigte sich, dass es die gesuchte Flasche war. Er nahm einige kräftige Schlucke, bot der bebenden Queenie einen weiteren an, um den sie in diesem Augenblick froh war, und goss den übrigen Brandy aus. »Alles Mistbrühe, was die Laura hierher schmuggelt. Wenn wir zwei einmal nach New City fahren, trinken wir Black and White.«

      »Das Trinken ist uns streng verboten.« Das war das erste, was Queenie hervorbrachte.

      »Joe King hat noch immer gewusst, wo er bekommt, was er will. – Bist du sehr erschrocken?« fragte er dann sacht und ablenkend. »Es war nichts. Er wird seinen Rausch ausschlafen, und morgen wird er wieder der freundlichste Mann sein. Aber unser Land hier hat er an Isaac Booth verpachtet … und es ist wahr, was er sagt. Ich will nicht von deinem Geld leben.«

      Queenie war unfähig, noch ein Wort zu sagen.

      Sie legte sich mit ihrem Mann zusammen auf den schmutzigen Decken zum Schlafen nieder, drückte mit ihrer Hand den Riss an seinem Kopf zusammen, bis er ganz aufhörte zu bluten, und vernahm dabei das Röcheln und Schnarchen des Betrunkenen und Gefesselten auf der anderen Lagerstatt.

      Als sie noch lange wach gelegen hatte und merkte, dass auch ihr Mann nicht schlief, flüsterte sie: »Er kann es nicht einfach verpachten. Es ist Stammesland, und er braucht die Zustimmung des Rats und des Superintendenten.«

      »Der Rat und der Superintendent sprechen mit der Zunge des Isaac Booth. Für einen Joe King ist es nicht so leicht, einen neuen Anfang zu machen. Wo soll ich nun Arbeit finden?«

      Sie lagen beieinander, und endlich schliefen sie für wenige Stunden ein. Mit der frühen Dämmerung des neuen Sommertages waren sie wieder wach. Der Vater wälzte sich herum und wunderte sich, und Stonehorn stand auf, um ihm die Riemen und die Decke abzunehmen.

      »Was hast du denn mit mir gemacht, Sohn?«

      Der


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