Die Farben des Mörders. Miriam Rademacher

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Die Farben des Mörders - Miriam Rademacher


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aber es wird mir arg schwerfallen, dir zu glauben.«

      »Ist es nicht ebenso unwahrscheinlich, dass in einem Landstrich jahrelang überhaupt nichts passiert und dann gleichzeitig mehrere Menschen unabhängig voneinander ermordet werden?«

      »Vielleicht war was im Wasser«, erwiderte Colin im Scherz und konzentrierte sich auf die schmale Straße vor seiner Motorhaube.

      »Das ist es!« Jasper schlug sich begeistert auf die Schenkel. »Genial, Colin! Es muss eine Droge im Trinkwasser gewesen sein!«

      »Jasper …«

      »Sie hat bei allen Einwohnern der Region Aggressionen freigesetzt! Halt, nein. Dafür haben wir zu wenig Leichen hier herumliegen. Ich hab’s! Nur wenige Menschen werden zu Mördern! Die mit der Blutgruppe Null zum Beispiel!«

      »Jasper? Was liest du eigentlich so, sobald du die Bibel zugeklappt hast? Groschenromane?«

      Jasper grinste breit. »Zu weit hergeholt? Gib mir eine bessere Theorie.«

      »Wenn es sein muss, bitte: Diese Christine hatte ein unerkanntes Herzleiden und erlitt beim Wildblumen pflücken einen tödlichen Anfall. Sie stürzte in den Rasenschnitt, wälzte sich im Todeskampf unter das Grün … Voilà!«

      »Und um die Polizei zu beschäftigen, hat sie sich vorher noch mit einem Draht Würgemale beigebracht und ihn, nachdem sie sich erwürgt hatte, verschwinden lassen? Das war läppisch, Colin. Hast du nichts Besseres für mich?«

      »Na gut.« Colin dachte einen Augenblick lang angestrengt nach. »Diese Christine hatte ein gewaltiges Vermögen zu vererben, das jetzt an ihren bösartigen Enkel fällt. Besagter Enkel verhalf ihr bei seinem letzten Besuch höchstpersönlich ins Jenseits.« Colin konnte nicht verhindern, dass so etwas wie Stolz in seiner Stimme mitschwang.

      Jasper schwieg einen Augenblick. Dann murmelte er: »Nicht schlecht, Colin. Nicht schlecht. Das erschwert es natürlich für uns. Sieht man einmal davon ab, dass Mr Simms bereits erwähnte, dass das Opfer keine Familie hatte.«

      »Hä?«, machte Colin ein wenig ratlos und übersah ein Schlagloch im Weg.

      Ein heftiger Ruck schüttelte ihn und Jasper durch, der ungerührt weiter philosophierte: »Nun, du hast natürlich recht damit, dass Christines Mörder in ihrem früheren Umfeld zu finden sein könnte. Das ist höchst ungünstig für uns. Wie sollen wir etwas über ihre Vergangenheit erfahren?«

      »Wieso sollten wir das wollen?«, erwiderte Colin grimmig, obwohl er die Antwort ahnte.

      »Wenn der Mörder nicht im Heim lebt, müssen wir unseren Fahndungskreis erweitern und mir ist nicht ganz klar, wie wir das hinkriegen sollen.«

      »Fahndungskreis?«, fragte Colin gedehnt.

      »Tanzstunden in Hodge House gibst du ja schon, aber wie kriegen wir dich und deine Beobachtungsgabe in das ehemalige Umfeld dieser Christine? Von einem Tanz auf dem Grab habe ich als Beerdigungsritual noch nie gehört.«

      Colin stöhnte auf. »Es wird weder auf noch um das Grab getanzt, verstanden? Und ich habe überhaupt keine besonderen Fähigkeiten! Letztes Mal haben wird den Mörder doch auch nur durch Zufall erwischt.«

      »Du hast den Mörder erwischt. Und das nur durch bloßes Hinsehen.«

      »Bei genauer Betrachtung der Fakten würde ich das nicht so nennen!«

      »Egal. Dieses Mal sind wir zu zweit. Ich mit meinem Malkurs und du mit deinem Tanzkurs. Ich kann den Menschen zwar weit weniger an der Nasenspitze ansehen als du, aber ich werde mir Mühe geben. Doch wie stellen wir es an, dass wir möglichst viele verdächtige Teilnehmer haben? Und wer sind die Verdächtigen? Das ist alles etwas verzwickter als das letzte Mal.«

      »Und deswegen wird es auch kein zweites Mal geben«, stellte Colin entschieden fest.

      »Wir müssen mit Dieber sprechen. Wenn die Polizei etwas über Christines Familie in Erfahrung bringt, müssen wir davon erfahren«, sagte Jasper, Colins Einwand ignorierend.

      »Jasper …« Colin gab seiner Stimme einen drohenden Unterton und fuhr mit voller Absicht durch das nächste Schlagloch. Jasper knallte ans Wagendach des Seat, schien es aber gar nicht zu bemerken.

      »Wir machen einen Deal mit ihm. So nennt man das doch. Wir versorgen Dieber exklusiv mit Nachrichten aus dem Heim, und er lässt eben mal eine seiner Notizen so rumliegen, dass wir sie lesen können. Dafür kann sein Chef ihn doch nicht belangen, oder?«

      »Jasper!« Colin steigerte Lautstärke und Tonfall und knallte in das nächste Schlagloch. Jasper hüpfte auf dem Beifahrersitz auf und ab und lächelte selig. Colin spürte seinen Einfluss auf die Geschehnisse der nächsten Wochen dahinschwinden. Er hatte offenbar doch nicht die Kontrolle. Doch noch gab er nicht auf. »Eben waren dir die alten Leute im Heim doch noch regelrecht unheimlich.«

      »Alles eine Frage der Einstellung. Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben. Schon nach wenigen Besuchen wird mich kein noch so seltsamer Kommentar und kein seltsames Verhalten mehr abschrecken. Meinst du, es gibt Medikamente gegen Pietät?«

      Colin schnaufte gegen seinen Willen belustigt und das nächste Schlagloch war wieder ein Versehen.

      Butterblumengelb

      »Sag Huey, er soll von meinen Füßen runtergehen. Vielleicht hört er ja auf dich«, sagte Colin.

      »Er spürt, dass du seinen Trost und seine ganze Zuneigung brauchst. Deswegen weicht er nicht von deiner Seite. Außerdem sind alle anderen Füße bereits besetzt«, war Lucys Antwort, während sie gleichzeitig dem Wirt des Lost Anchor ein Zeichen gab, ihr Weinglas nachzufüllen.

      Es stimmte. Huey, Dewey und Louie, allesamt Cockerspaniels, die eines der Mordopfer aus Colins letztem Abenteuer verwaist zurückgelassen hatte, lagen unterm Tisch und sabberten liebevoll auf die Socken der Anwesenden. Alles Wesentliche spielte sich oberhalb der Tischplatte ab. Jasper und Colin vernichteten zur Wiederherstellung ihres seelischen Gleichgewichts jeder einen Berg Bratkartoffeln. Sie hatten nicht viel Zeit verschwendet, seit sie Hodge House verlassen hatten, und waren umgehend in ihrer Stammkneipe, einem altmodischen Pub mit zusammengewürfeltem Mobiliar der letzten Jahrzehnte, eingekehrt. Norma und Lucy waren nur einen Anruf später zu ihnen gestoßen und erörterten bereits ihre kriminalistischen Möglichkeiten im Fall Christine Humblebee.

      »Ich habe einige ehemalige Patientinnen in Hodge House. Zum Beispiel die reizende Lani Soundso. Ich kann mir einfach keine indischen Nachnamen merken, aber sie ist wirklich eine ganz reizende Dame. Seit einem Beinbruch ist sie in ihren Bewegungen eingeschränkt und deshalb nach Hodge House gezogen. Die Hausarbeit wurde ihr zu viel. Ich kann sie besuchen und sie bei der Gelegenheit ganz zwanglos ausfragen. Vielleicht weiß Lani mehr über diese Christine«, meinte Norma.

      Norma, eine Krankenschwester von so geringer Körpergröße, dass es bereits an Kleinwuchs grenzte, hatte eine Schwäche für knallige Farben. Ihr vor kurzem noch rosafarbenes Haar war jetzt butterblumengelb und wurde von violetten Haarspangen aus dem Gesicht gehalten. Colin war sehr dankbar dafür, dass sie ihn noch nicht nach seiner Meinung zu ihrer neuen Haarfarbe gefragt hatte.

      Jasper nahm den Faden auf. »Lani? Der Name stand heute auf meiner Liste. Ich kann mir übrigens auch keine indischen Nachnamen merken. Die Dame hat bei mir heute im Malkurs gesessen. Naja, etwa zwei Minuten lang. Dann musste ich unserem Helden hier zu Hilfe eilen.« Jasper grinste und schlug Colin auf die Schulter. »Der Vorteil bei uns Männern ist doch, dass man dem Freund beim Kotzen nicht die Haare zurückhalten muss.«

      »Ich habe nicht gekotzt. Du übertreibst schon wieder, Jasper«, erwiderte Colin ärgerlich.

      »Das ist wahr. Ich übertreibe. Aber er war kurz davor, das könnt ihr mir glauben. Dieses dezente Hellgrün zwischen Kinn und Nasenwurzel gepaart mit einem verkniffenen Gesichtsausdruck, nein, da hat nicht viel gefehlt. Dafür brauchte ich nicht einmal seine Beobachtungsgabe.«

      Colin gab ein Knurren von sich.

      »Mit den Bewohnern sprechen klingt gut«, wechselte


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