Im Austausch mit der Welt. Andrea Franc
Читать онлайн книгу.von Schweizer Konzernen in der Dritten Welt grundsätzlich ablehnte. Im Vorort diskutierten interne Arbeitsgruppen ab 1974 verschiedene UNO-Vorschläge zu einem freiwilligen Verhaltenskodex für Unternehmer. Diese Arbeiten wurden von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) übernommen und 1976 als «OECD Guidelines for Multinational Enterprises» als Teil der «International Declaration on Investment» erlassen. Auch wenn die Schweiz erst 2002 der UNO beitrat, so war es doch im Interesse der in der Schweiz ansässigen, multinationalen Unternehmen, die kohärenten und international anerkannten UNO-Standards als Grundlage für ihre öffentliche Berichterstattung zu berücksichtigen. Zunehmend mussten Unternehmen aktiv aufzeigen, dass sie einen gewissen Verhaltenskodex einhielten. So begannen grössere Unternehmen CSR-Abteilungen (Corporate Social Responsibility) zu schaffen.
Durch die globale und sehr heterogene Antiglobalisierungsbewegung hat sich der Rechtfertigungsdruck für Unternehmen seit den 1990er-Jahren verstärkt. Seit dem Jahr 2000 haben zahlreiche Schweizer Unternehmen die «UN Global Compact»-Initiative unterschrieben. Für den Vorort und später für Economiesuisse stellte sich ab der Uruguay-Runde des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) Ende der 1980er-Jahre insbesondere die Herausforderung, dass in der Öffentlichkeit die schweizerische Aussenwirtschaftspolitik und die schweizerische Landwirtschaftspolitik als Einheit wahrgenommen wurden. Bei bilateralen Freihandelsverträgen wie auch in der Welthandelsorganisation (WTO) werden somit die Möglichkeiten der Schweizer Unternehmen im Ausland durch den Schutz der Schweizer Bauern im Inland begrenzt.
Lehrlinge der Firma Landis & Gyr nach ihrem erfolgreichen Lehrabschluss, 1933.
Die Berufslehre
Die Berufsausbildung für Handwerker unterstand im Mittelalter den Zünften. Die mehrjährige Berufslehre wurde mit der Aufnahme in die entsprechende Zunft abgeschlossen. Handwerker, die keiner Zunft angehörten, wurden Stümper genannt. Ab dem 17. Jahrhundert wurde die Berufslehre von der kosten- und zeitsparenden Anlehre ausserhalb der zünftischen Kontrolle unterwandert. Bei neuartigen Berufen in der vorindustriellen Heimarbeit ohne bestehende Zünfte, etwa bei Webern, Strohflechtern, Strumpfstrickern und -wirkern wurde die Anlehre im 18. Jahrhundert zum Normalfall. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert entstanden Fabriken, die ungelernte Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Kinder beschäftigten. Die Macht der Zünfte im Gewerbe wurde in der Schweiz jedoch erst durch die verschiedenen kantonalen Verfassungsänderungen der 1830er-Jahre gebrochen und in der zweiten Bundesverfassung von 1874 durch die Handels- und Gewerbefreiheit beendet. So wurde die Berufslehre erst 1880 durch Reformen an die frühe und ausgeprägte Industrialisierung der Schweiz angepasst. Das Schweizer Modell der Berufslehre stand wie die Volksschule, die seit den 1830er-Jahren von den meisten Schweizer Kantonen eingeführt worden war, unter dem Einfluss der ab 1875 abgehaltenen pädagogischen Rekrutenprüfungen. Aufgrund der teilweise schlechten Resultate an den Prüfungen, an denen Schulfächer wie Mathematik, Deutsch oder Vaterlandskunde getestet wurden, kam es zu Anpassungen im Schulsystem. Ergänzend zur Berufslehre in einem Betrieb sollte an Berufsschulen der Volksschulstoff ausgeweitet und Berufskunde vermittelt werden. Mit dem Bundesbeschluss von 1884 zur Subventionierung der beruflichen Bildungsanstalten wurde der Grundstein für das duale Bildungssystem gelegt – beruhend auf zwei Lernorten, dem Betrieb und der Berufs- oder Gewerbeschule. Ein eidgenössisch anerkanntes Lehrabschlussdiplom gilt seither als Garant für Qualität. Der Einfluss der Verbände auf die Berufsbezeichnungen und Fähigkeitsausweise wurde aber vom Volk begrenzt, als es 1954 den Bundesbeschluss über den Fähigkeitsausweis in einer Referendumsabstimmung ablehnte.
Die Berufslehre ist eine Schweizer Erfolgsgeschichte und stösst immer mehr auf internationales Interesse. So haben etwa Lehrabsolventinnen ein bedeutend geringeres Risiko, arbeitslos zu werden, als Akademiker. Länder wie die Schweiz oder Österreich, die das duale Bildungssystem praktizieren und Diplome für Berufslehren ausstellen, weisen eine markant tiefere Arbeitslosigkeit auf. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts absolvierten in der Schweiz mehr als die Hälfte aller Jugendlichen eine von 230 zur Verfügung stehenden Berufslehren.
Der Schweizer Franken
Solange die Schweiz ein Bund souveräner Kantone war, lag das Münzregal bei den Kantonen, wobei die Westschweiz Franken verschiedener Münzfüsse und die Ostschweiz den Gulden benutzte. Für Kaufleute herrschte ein äusserst mühsames Währungswirrwarr. Erst die Bundesstaatsgründung 1848 brachte den einheitlichen Schweizer Franken, allerdings gaben weiterhin private Banken Frankennoten aus. Erst 1891 übernahm der Bund das Banknotenmonopol, das er aber erst nach der Gründung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im Jahr 1905 und dem Aufbau des Zentralbankbetriebs ab 1910 ausüben konnte. Ein erster Versuch zu einer eidgenössischen Währung war in der Helvetischen Republik erfolgt. Ab 1799 sollte mit dem Schweizer Franken auf der Basis des Berner Münzfusses die nationale Währung vereinheitlicht werden, was aber auch am Edelmetallmangel scheiterte. Nach der Mediation verfügten die Kantone wieder über das Münzregal. Die Tagsatzung versuchte zwar, einen einheitlichen Münzfuss festzulegen, aber bis zur Münzreform des Bundesstaates kursierten – neben zahlreichen anderen Münzen – Franken von unterschiedlichem Gehalt, Gepräge und Gewicht. Bis 1848 galten in der Schweiz daher kantonale Währungen. Die Zahl der Banken stieg zwischen 1830 und 1850 von 74 auf 171. Der Bund übernahm 1848, wie in der neuen Verfassung vorgesehen, das Münzregal und legte mit dem Franken, der in 100 Rappen aufgeteilt war, die Silberwährung fest. Damals wurde auch die noch heute bestehende Stückelung der Münzen in Fünfliber, Zwei- und Einfränkler sowie in die Rappenmünzen festgelegt. Einzig der Einräppler wurde per Ende des Jahres 2006 offiziell aus dem Umlauf genommen.
Die kriegsbedingte Währungskrise von 1870 verhalf den seit einem halben Jahrhundert von verschiedenen Notenbanken herausgegebenen Banknoten, die zuvor wenig Anklang gefunden hatten, zum Durchbruch. Gegenüber den Währungen der wichtigsten Handelspartner wie etwa Deutschland, Grossbritannien, Frankreich oder die USA, hat der Schweizer Franken stetig an Wert zugenommen. Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs erhielt man für 100 Schweizer Franken beispielsweise knapp 20 Dollar – im Jahr 2020 erhielt man nur etwa 105 Dollar. Auf eine erste Bewährungsprobe wurde der Franken 1936 gestellt, als ihn die SNB gegen den Willen des Vororts um dreissig Prozent abwertete. Diese Entscheidung erwies sich aber im Rückblick als richtig und hätte sogar früher erfolgen sollen. Eine weitere Probe kam im Januar 1973, als das SNB-Direktorium das Bretton-Woods-System mit festen Wechselkursen verliess. Seit der Einführung des Euro im Jahr 2000 steht der Franken dauerhaft unter Druck; eine Situation, die sich in naher Zukunft nicht ändern wird. Die hohe Bewertung des Schweizer Frankens ist einerseits ein Zeichen für das globale Vertrauen in die politische Stabilität der Schweiz, andererseits für die Schweizer Exportwirtschaft auch eine ständige Herausforderung.
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