Politische Ideengeschichte. Ralph Weber
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Infografik: Der analytische Ansatz
Grafik: Grobstruktur des Federalist Paper Nr. 10
Infografik: Der biografische Ansatz
Infografik: Der werkimmanente Ansatz
Infografik: Der esoterische Ansatz
Infografik: Der kontextuelle Ansatz
Infografik: Der hermeneutische Ansatz
Infografik: Der rezeptionstheoretische Ansatz
Grafik: Systematischer Überblick der Frühstrezeptionen von Der Fürst
Infografik: Der begriffsgeschichtliche Ansatz
Dieses Buch legt das Augenmerk auf Interpretationsansätze in der politischen Ideengeschichte. Es geht in entscheidender Weise über eine theoretische Behandlung des Gegenstands hinaus, indem es grundlegende Interpretationsansätze in der Praxis thematisiert. Der gedankliche Ausgangspunkt war für uns die Situation, in der man einen Text konkret vor sich hat: Wie soll man nun lesen? Worauf muss der Fokus gelegt werden und was darf man getrost ausblenden? Wie kann von der Lektüre eines Texts zum Verständnis von dessen Bedeutung vorgedrungen werden? Diesen letzten, konsequenten Schritt zu wagen, hat uns Motivation über die Jahre hinweg gegeben, an denen wir kontinuierlich – freilich mit unterschiedlicher Intensität – an diesem gemeinsamen Projekt gearbeitet haben. Dass den Schritt zu wagen sich lohnte, davon sind wir heute umso mehr überzeugt, zumal wir entgegen anfänglichen Erwartungen rasch selbst vor allem zu einem wurden: zu Lernenden, voneinander, gegeneinander, miteinander, immer wieder am Gegenstand und letztlich an der Weite des noch zu Ergründenden selbst. Den Leserinnen und Lesern unserer Ergebnisse hoffen wir ein nützliches anwendungsorientiertes Lehrbuch über Interpretationsansätze der politischen Ideengeschichte vorzulegen, oder zumindest ein didaktisch angeleitetes Lesebuch. Im besten Fall ist es beides.
Die Anwendungsbeispiele nicht nur auf Klassikertexte und unsere eigenen Spezialisierungen zu beschränken, sondern mitunter neues Terrain zu erschließen, war uns ein besonderes Anliegen. Dieses Wagnis galt es natürlich mit einem nüchternen Eingeständnis eigener Grenzen einzugehen. Damit unsere Grenzen Leserinnen und Lesern nicht zum Nachteil gereichen, baten wir Kolleginnen und Kollegen um Unterstützung und haben tatkräftige und vielfältige Hilfeleistungen erfahren. An dieser Stelle möchten wir uns deshalb bei Rebecca Anders, Max Gander, Andrea Jud, Prof. Jared Miller, Fernando Noriega Díaz, Dr. Marta Pallavidini und Reto Zöllner bedanken. Prof. Thomas Fröhlich, Prof. Roland Kley und Prof. Urs Marti haben unser Projekt darüber hinaus in intensiven Gesprächen, mit Fragen und kritischen Einwänden, und auf je eigene Weise gefördert. Für die Erlaubnis, Teile eines bereits veröffentlichten Texts abdrucken zu dürfen, möchten wir uns beim Verlag Barbara Budrich sowie der Zeitschrift für Politische Theorie bedanken. Prof. Gerfrid G.W. Müller, Prof. Silvin Košak und Prof. Joachim Marzahn waren bei der Beschaffung des abgedruckten Bildmaterials zur hethitischen Keilschrifttafel überaus hilfsbereit. Der Universitäre Forschungsschwerpunkt Ethik der Universität Zürich ist freundlicherweise für die Kosten rund um die Bildrechte an den Gemälden von Rivera, Orozco und Siqueiros aufgekommen. Nicht zuletzt möchten wir auch Kai Pätzke vom Verlag Vandenhoeck & Ruprecht danken, der uns in angenehmer und effektiver Weise durch den Prozess der Drucklegung begleitet hat.
Einleitung Interpretationsansätze in der politischen Ideengeschichte
Weshalb lohnt sich die Beschäftigung mit Interpretationsansätzen in der Disziplin der politischen Ideengeschichte? Und noch grundlegender, weshalb ist es überhaupt lohnenswert, sich mit politischer Ideengeschichte zu befassen? Weshalb legen wir Aristoteles, Jean-Jacques Rousseau und Mary Wollstonecraft nicht einfach ad acta und beschränken uns in der wissenschaftlichen Forschung auf das gegenwärtige politische Denken? Natürlich steht es jedem frei, sich privat für jahrhundertealte Texte zu interessieren, weil sie „da“ sind, so wie Edmund Hillary sich bekanntlich für den Mount Everest interessierte, „weil er da ist“. Aber es ist nicht ersichtlich, weshalb intellektuelle Erkundungslust von öffentlicher Hand zu subventionieren ist; und weshalb ein allgemeines Interesse darin bestehen sollte, die Texte von politischen Denkerinnen und Denkern vergangener Zeiten nicht nur einmalig auszuwerten, sondern immer wieder zu interpretieren. Auch wäre der gesellschaftliche Nutzen der Disziplin eher gering einzuschätzen, wenn es allein darum ginge herauszufinden, ob heutige Gedanken zur Politik schon früher gedacht wurden, wer der Erste war, der etwas gedacht hat, und inwiefern das gegenwärtige politische Denken durch frühere Reflexionen geprägt wurde. Die akademische Beschäftigung mit Texten der politischen Ideengeschichte ist kein Selbstzweck und gleiches gilt in noch stärkerem Maße für die Auseinandersetzung mit Interpretationsansätzen, doch für beides lassen sich gute Gründe anführen.
Wozu politische Ideengeschichte?
Die Beschäftigung mit Texten der politischen Ideengeschichte ist nicht zuletzt deshalb lohnenswert, weil es zu klären hilft, was Politik ist, was wir politisch tun können und was wir politisch tun sollten. Die Disziplin der politischen Ideengeschichte kann uns bei der Klärung dieser Fragen schon deshalb helfen, weil die Texte der politischen Ideengeschichte, die uns überliefert sind, eine Vielzahl von theoretischen Werkzeugen enthalten; sie artikulieren Annahmen, entwickeln Konzepte, konstruieren Argumente und liefern Antworten. Wenn wir uns mit gegenwärtigen Problemen auseinandersetzen, können wir auf dieses Sammelsurium von theoretischen Werkzeugen zurückgreifen und sie uns zunutze zu machen versuchen. Einige dieser Werkzeuge erweisen sich vielleicht als geeignet, Antworten auf heute dringliche Fragen zu finden; andere mögen uns helfen, die entscheidenden Fragen überhaupt zu stellen oder an unsere Zwecke angepasste Werkzeuge nachzubauen; und selbst Werkzeuge, die sich als dysfunktional erweisen, können uns immerhin lehren, welche Fragen wir nicht zu stellen brauchen oder welche Antworten wir verwerfen müssen.
Neben dem Zweck der Bergung von potenziell nützlichen politiktheoretischen Werkzeugen hilft die Beschäftigung mit der politischen Ideengeschichte uns zur Klärung, was politisch der Fall, möglich und wünschenswert ist, indem sie unser historisches Bewusstsein schärft. Indem wir untersuchen, wie frühere Denkerinnen und Denker gedacht haben, können wir besser verstehen, wie wir denken. Vielleicht finden wir heraus, dass wir einige ihrer Ansichten teilen und können uns durch das Studium ihrer Texte ein klareres Bild davon verschaffen, was diese Ansichten bedeuten und implizieren. Andere ihrer Ansichten werden uns fremd erscheinen, so dass uns die Eigenartigkeit und Fragwürdigkeit der von ihnen wie der von uns für selbstverständlich gehaltenen Ansichten vor Augen geführt wird.
Was spricht nun aber für die Auseinandersetzung mit Interpretationsansätzen? Sind methodische Reflexionen wirklich nötig oder hilfreich für die Beschäftigung mit der politischen Ideengeschichte? Oder drohen wir uns dadurch in metatheoretischen Scheindebatten zu verlieren, die den potenziellen Nutzen des ideengeschichtlichen Studiums schmälern anstatt realisieren helfen. Es mangelt nicht an Stimmen, die den Nutzen von methodischer Reflexion über die Praxis der ideengeschichtlichen Forschung bestreiten.1 Zudem wird in Lehrbüchern und Überblickswerken, wie Busen und Weiß kürzlich festgestellt haben, in der Regel von nennenswerten Bemerkungen zur Methodik abgesehen.2 Dabei ist der Verzicht auf eine Methode gerade keine Option in der politischen Ideengeschichte. Die Frage ist nicht, ob man einen Interpretationsansatz praktiziert, sondern welchen; wie plausibel der verwendete Ansatz ist und wie konsistent man ihn anzuwenden versteht. Um theoretische Werkzeuge