Tatort Bodensee. Eva-Maria Bast

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Tatort Bodensee - Eva-Maria Bast


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flog noch im selben Moment die Tür auf und vier Personen stürmten in das Krankenzimmer. Überrascht wandten Horst und Prot­nik sich um.

      Bei den vier Besuchern handelte es sich um den Professor, der Horst und Thomas in der Druckkammer behandelt hatte, sowie einen Polizeibeamten in Uniform und zwei Mitdreißiger, die Horst bisher noch nie gesehen hatte.

      »Entschuldigen Sie, dass wir einfach so hereinplatzen«, begann der Professor grußlos die Unterhaltung. Und man merkte es ihm auf den ersten Blick an: Es war ihm völlig schnuppe, ob sich Horst und sein Besucher gestört fühlten oder nicht. Eine unangenehme Spannung schien mit einem Mal den Raum zu beherrschen.

      »Also, um gleich zur Sache zu kommen«, damit drehte sich der Arzt mit einer leichten Bewegung des Oberkörpers in Richtung der beiden Männer in Zivil, die gerade die Tür hinter sich geschlossen hatten. »Diese beiden Herren sind Kollegen von Ihnen – und von Ihrem verstorbenen Tauchpartner!«, fügte er stirnrunzelnd hinzu.

      Allein die Formulierung »verstorbener Tauchpartner« ließ Horst frösteln. Er konnte noch immer nicht glauben, was ihm da vorgestern widerfahren war. Matt nickte er den beiden zu.

      Der größere der Kollegen machte die Andeutung eines Kopfnickens und zog seinen Dienstausweis aus der Jackentasche: »Hauptkommissar Hofer, Polizeidirektion Kon­stanz. Und das hier«, er nickte in Richtung des neben ihm stehenden Mannes, »das ist der Kollege Schlotterbeck vom Landeskriminalamt in Stuttgart.«

      Horst murmelte einen schwachen Gruß, während Prot­nik auf die beiden zuging und ihnen die Hand schüttelte. »Freut mich, Kollegen. Und mein Name ist Protnik, Michael Protnik von der Mordkommission Ulm.«

      Irritiert blickten sich Hofer und Schlotterbeck an. Der Konstanzer Kommissar ergriff wiederum als Erster die Initiative. »Mordkommission Ulm? Was haben Sie denn mit diesem Fall zu tun?«

      Protnik lächelte hilfsbereit. »Überhaupt nichts. Rein gar nichts. Ich bin nur ganz privat hier, weil der Herr Meyer«, damit nickte er in Horsts Richtung, der sich gerade stöhnend in eine senkrechtere Sitzhaltung zu bringen versuchte, »der Herr Meyer und ich sind Kollegen – alte Kollegen schon. Und auch seit Langem gut befreundet«, fügte er noch rasch hinzu.

      Der Professor verzog missmutig das Gesicht. »Dann steht also einem kriminalistischen Kaffeekränzchen nichts mehr im Wege! Kommen wir also zur Sache«, mit einer übertrieben deutlichen Bewegung blickte er auf seine Armbanduhr, eine echte Taucheruhr – eine von der teuren Sorte, wie Horst sofort registrierte. So eine, mit der man theoretisch bis auf 200 Meter Tiefe gehen konnte, was man ja bekanntlich nie und nimmer konnte. Eine richtige Angeberuhr also. »Ich habe nämlich noch ein paar Patienten mehr zu betreuen!«

      Auch den beiden Kripokollegen schien dieser Ton nicht sonderlich zu schmecken, doch sie sahen sich nur vielsagend an. »Einen Moment noch, Professor!« Wieder war es Hofer, der das Gespräch weiterführte. »Zuerst müssen wir, rein formal nur, aber immerhin, fragen, ob es dem Herrn Meyer recht ist, wenn sein Kollege bei der Vernehmung im Zimmer bleibt. Er ist zwar Polizeibeamter, aber dennoch …« Damit drehte er sich zu dem uniformierten Beamten um: »Ach ja, Löschner, Sie können gerne unten in der Cafeteria auf uns warten.«

      Der Uniformierte nickte und verließ augenblicklich das Zimmer.

      »Also, Herr Meyer, damit wir weiterkommen. Soll Ihr Bekannter ebenfalls solange rausgehen?« Nervös trommelte der Arzt mit den Fingern der rechten Hand auf seinem linken Unterarm.

      »Nein, natürlich nicht. Der Herr Protnik kann bleiben, selbstverständlich. Aber bitte, meine Herren«, und damit richtete er sich noch etwas steiler auf, »wir sind doch unter Polizeibeamten! Aber – nichts für ungut Herr Kollege – was hat ein Kommissar vom LKA aus Stuttgart bei einem Tauchsportunfall am Bodensee zu suchen?«

      Der Professor schnaubte heftig. »Tauchsportunfall! Schön wär’s ja! Von wegen Unfall!«

      Irritiert stierte Horst den Mann im weißen Kittel an. »Natürlich Unfall, was denn sonst? Glauben Sie etwa, ich habe den Herrn Grundler umgebracht?!« Er zitterte plötzlich vor Erregung, am liebsten hätte er dem unsympathischen Schnösel eins auf die Mütze gegeben … aber dessen Antwort kam postwendend.

      »Weiß ich nicht, ob Sie das waren oder irgendjemand anders. Ich weiß auch nicht, warum, ich weiß nur, dass. Also noch mal, um es klipp und klar, und zwar in aller Deutlichkeit auszusprechen: Ihr Kollege Thomas Grundler ist bei dem Tauchgang, den Sie mit ihm zusammen unternommen haben, umgebracht worden!«

      Horst fühlte sich, als hätte er in diesem Augenblick einen Messerstich in die Magengegend versetzt bekommen. »Aber … aber wie denn? Da, da war doch gar niemand außer uns beiden. Da war doch nur der Thomas und da war ich, sonst war da keiner!«

      »Eben!« Der Professor nickte düster. »Aber um die Frage nach dem Täter aufzuklären, dafür sind ja ihre Kollegen da. Ich für meinen Teil kann nur sagen, womit der Mord verübt worden ist. Meine Theorie ist in dieser Hinsicht eindeutig und die Untersuchung der Taucherflasche Ihres Kollegen wird sie bestätigen. Dennoch: um ganz sicherzugehen, möchte ich jetzt von Ihnen noch einmal eine haargenaue Schilderung, was seit dem Moment passiert ist, als Sie und Ihr Kollege ins Wasser gesprungen sind. Und bitte so detailliert, wie es nur irgend geht!«

      Das Zimmer schien sich um Horst zu drehen. Seit Tagen hielt ihn ein Albtraum gefangen, von dem er offenbar nie mehr loskam. Im Gegenteil, mit jeder Minute wurde alles immer noch schlimmer! Hilfe suchend fixierte er Protnik, doch der runzelte lediglich, selbst tief betroffen, die Stirn.

      »Also, Herr Meyer! Dann schießen Sie mal los!« Auch Schlotterbeck, der Mann vom LKA, hatte sich nun in das Verhör eingeklinkt und drückte auf die »Record«-Taste seines Diktiergerätes.

      Eine knappe halbe Stunde später schloss Horst erschöpft die Augen und ließ sich in sein Kissen zurücksinken. Das war ja ein Verhör wie im Agententhriller gewesen! Jede Sekunde ihres Tauchgangs hatte er haarklein schildern müssen und bei jedem noch so kleinen Detail hatten sie eingehakt und nachgefragt.

      »So – das war’s von meiner Seite – mehr weiß ich nimmer. Denn noch während ich mit dem Herrn Protnik telefoniert und ihn um Hilfe gebeten habe, bin ich ohnmächtig geworden. Das Nächste, was ich mitbekommen habe, war der Raum vor der Druckkammer hier im Krankenhaus. Und neben mir lag der Herr Grundler auf einer Trage!« Ihm war plötzlich eiskalt, trotz des strahlenden Sonnenscheins, der von draußen durch das Fenster drang, fröstelte er. Seine Nerven würden das alles nicht mehr lange mitmachen!

      »Komischer Zufall, dass ausgerechnet in dem Moment das Handy klingelt, wo sie sich ins Boot ziehen«, Schlot­ter­beck zog die Stirn in Falten und musterte Protnik durchdringend.

      Dem schoss die Röte ins Gesicht. »Na ja. Ich hatte halt eine Abmachung mit dem Herrn Meyer. Der wollte mich nämlich anrufen und mir sagen, wo und wann wir uns zu einem gemeinsamen Abend mit dem Herrn Grundler treffen wollten. Und weil der Horst«, mit einem verlegenen Gesichtsausdruck wandte er sich vom Krankenbett ab, »na ja, weil der Herr Meyer halt schon mal vergessen hat, mich anzurufen, hab ich gedacht, ich probier’s halt mal selber. So einfach war das – und übrigens«, fügte er noch hinzu. »Ich hab davor schon zweimal durchgeklingelt. Aber da ist niemand rangegangen. Erst beim dritten Mal …« Er brach den Satz an dieser Stelle ab.

      Schlotterbeck nickte nachdenklich.

      Jetzt war es aber langsam an der Zeit nachzuhaken. Horst drehte sich in Richtung des Arztes. »So – und nun bitte erzählen Sie mir aber auch, welche Schluss­fol­ge­rungen Sie gezogen haben! Wieso um alles in der Welt kommen Sie auf Mord?« Gespannt nahm er den Professor ins Visier.

      »Ihr Kollege«, begann dieser mit ernster Miene, »ist an einer Sauerstoffvergiftung … nun ja – vielleicht nicht gestorben, aber zumindest hat er unter Wasser eine erlitten.«

      Horst beugte sich mit einer heftigen Bewegung nach vorne. »Aber das ist unmöglich. So lange waren wir doch gar nicht im Wasser – und auch unsere Grundzeit war doch höchstens neun Minuten – allerhöchstens. Tiefenrausch vielleicht, aber Sauerstoffvergiftung: unmöglich!« Heftig schüttelte


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