Blackout, Bauchweh und kein' Bock. Timo Nolle

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Blackout, Bauchweh und kein' Bock - Timo Nolle


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zum Coach geht es dem Therapeuten nicht in erster Linie darum, den Klienten in der Aktivierung seiner Ressourcen lösungsorientiert zu unterstützen, sondern im Reflektieren der Ambivalenz. Mit dieser Rolle wird eine Beobachterposition außerhalb des Bewertungskontexts eingenommen.

       1.3Zirkuläre Wechselwirkungen

      Die drei Bereiche des PAC-Dreiecks stehen in Wechselwirkung miteinander, weshalb wir sie sowohl einzeln mit ihrer spezifischen Dynamik als auch mit ihrer Wechselbeziehungsdynamik beschreiben können. In der Arbeit mit Klienten kann dies bedeuten, dass ein Klient mit seinem Erleben und Verhalten ganz unterschiedlich erscheint und ganz andere Aspekte wichtig zu sein scheinen – je nachdem, durch welche »Brillengläser« geschaut wird. Dies ist besonders in der Anfangsphase und der Anliegenklärung eines Prüfungscoachings wichtig. Ebenso sollte man die Brille mit den drei Gläser putzen und wieder aufsetzen, wenn der Prozess irgendwie stockt oder das diffuse Gefühl entsteht, dass etwas nicht stimmt.

      Die Verbindung der Bereiche Lerntechnik und Arbeitsverhalten mit der Selbstregulation zeigt sich z. B. daran, dass viele Klienten mit Lernschwierigkeiten von Prüfungsangst berichten. Der Lernfortschritt ist gemessen an den Anforderungen unzureichend, es entsteht Angst, nicht zu bestehen. Wenn der Fokus im Prüfungscoaching dann auf die Angst gerichtet wird, ändert dies meist wenig an den fachlichen Schwierigkeiten.

      Ebenso gibt es eine Verbindung zum Bereich Motivation und Blockaden. Unpassende Lern- und Arbeitstechniken können frustrieren, weil trotz Anstrengung der Erfolg ausbleibt. In einem solchen Fall suchen Klienten meist wegen der Motivationsschwierigkeiten Unterstützung und zweifeln daran, »auf dem richtigen Weg zu sein«, weil sie nicht vorankommen.

      Der Zusammenhang zwischen Selbstregulation und der Lern- und Arbeitstechnik kann sich darin zeigen, dass ein starkes Erregungs-Erleben das Lernen und Verstehen hemmt. Wenn Lernende dies bei der Vorbereitung auf Prüfungen erleben, ist ihr Anliegen im Prüfungscoaching oft, effektiver zu lernen. Damit würde jedoch der Fokus auf (lern-)technischen Aspekten liegen und von der Regulation innerer Prozesse abgelenkt werden.

      Hohe Erregung und Prüfungsangst kann sich auch auf den Bereich Motivation und Blockaden auswirken. Die Beschäftigung mit der Prüfung und dem Lernstoff wird reduziert oder abgebrochen, weil damit Angst getriggert wird. Auf diese Weise kann Prüfungsangst zu einem Vermeidungsverhalten führen. Wenn den Klienten ihre Angst peinlich ist, tendieren sie dazu, sie zu verbergen, und zeigen sich stattdessen mit anderen Schwierigkeiten, die ihnen sozial akzeptabler vorkommen. In Therapie, Coaching oder Beratung kann es daher leicht passieren, dass die Prüfungsangst übersehen wird.

      Der Bereich Motivation und Blockaden steht ebenso in Verbindung mit dem Bereich Lerntechnik und Arbeitsverhalten. Motivationsschwierigkeiten führen oft dazu, dass die Konzentration beim Lernen schwindet; die Ablenkbarkeit nimmt zu, woraufhin der Erfolg in Prüfungen abnimmt.

      Eine Wechselbeziehung mit dem Bereich Selbstregulation besteht, weil der geringe Erfolg in Prüfungen und die Verständnisschwierigkeiten oft in Gefühle von Angst und Versagen münden.

      Das Ziel von Beratung im Bereich der Motivation kann es sein, die Klienten in der Reflexion ihres Erlebens und ihrer Situation zu unterstützen. Als hilfreich erweist sich dabei die systemische Grundhaltung, dass man die Angst oder die innere Blockade nicht als Problem oder Defizit definiert, sondern als unbewussten Lösungsversuch der Person in einer komplexen persönlichen Entwicklungsphase mit inneren und äußeren Erwartungshaltungen, die oftmals nicht miteinander vereinbar sind (Mücke 2019).

       1.4Viele Ansätze, eine Haltung

      Die thematische und methodische Vielfalt im Prüfungscoaching birgt die Gefahr eines inkonsistenten und eklektizistischen Arbeitens, woraus für die Klienten hinderliche Widersprüche entstehen können. Daher ist es wichtig, sich bei aller mentaler Flexibilität an bestimmten Grundhaltungen zu orientieren, die in der Beratung als innerer Kompass dienen.

      Selbstbestimmung: Die Förderung der Selbstbestimmung und insbesondere der psychologischen Grundbedürfnisse Autonomie-Erleben, Kompetenz-Erleben und Erleben von sozialer Eingebundenheit ist ein elementarer Bestandteil des Prüfungscoachings (s. S. 31). Auch wenn einige Techniken, wie z. B. das Entwickeln und Nachsprechen von Affirmationen, auf den ersten Blick direktiv und wenig selbstbestimmt anmuten, so ist gerade hierbei die Ausrichtung der Berater auf die Selbstbestimmung der Klienten enorm wichtig. Ob eine Affirmation passt, wird ausschließlich durch die Klienten bestimmt. Somit kann auch eine grammatikalisch falsche und für den Berater inhaltlich nicht nachvollziehbare Affirmation für den Klienten überaus wirksam sein.

      Respekt vor dem subjektiven Erleben: Menschen konstruieren ihr Erleben durch die Fokussierung ihrer Aufmerksamkeit. Dieses Erleben ist ihre Realität, in der sie selbst vorkommen und in der sie selbst real sind. Ein Anzweifeln dieser subjektiven Realität würde auch die Person selbst infrage stellen (s. S. 37). Berater können daher höchstens Angebote machen, die eigene Aufmerksamkeit zu explorieren und umzulenken, den inneren Scheinwerfer größer oder kleiner einzustellen und Dinge in ein anderes Licht zu setzen.

      Body first: Die psychologische und psychotherapeutische Forschung, wie sie überwiegend an Universitäten gelehrt wird, hat bis vor einigen Jahren den Eindruck vermittelt, der Mensch hätte nur ein kognitiv rational denkendes Gehirn, die Beteiligung des Körpers an emotionalen, motivationalen und kognitiven Prozessen wurde hingegen übersehen. Ebenso wurden Zusammenhänge zwischen psychischen Schwierigkeiten und körperlichen Prozessen wenig berücksichtigt. Lange Zeit waren chemische Prozesse im Gehirn die einzigen körperlichen Vorgänge, die bei psychotherapeutischen Behandlungen berücksichtigt wurden. Dies hängt auch mit der Trennung der Wissenschaftsdisziplinen Physiologie und Psychologie zusammen. Die Erkenntnisse der Polyvagal-Theorie von Stephen Porges (s. S. 85) bieten für zentrale psychologische Phänomene und insbesondere für Ängste und passives, depressives Verhalten physiologische Erklärungs- und Handlungsansätze. Die zentrale Aussage der Polyvagal-Theorie lautet, dass der Zustand des Organismus die Fähigkeiten zum Aufbau von Beziehungen, zum Lernen, zur Kommunikation und zur Nutzung des kognitiven, emotionalen und kreativen Potenzials limitiert. Solange die körperlichen Voraussetzungen nicht passen, kann weder gelernt, noch beraten, gecoacht oder therapiert werden. Emotionale Veränderung ist daher vor allem eine körperliche Veränderung.

      Lernen und Entwicklung sind artgerecht: Lernen und Entwicklung sind die natürlichen Richtungen des Lebens. Motivation zum Lernen oder zur persönlichen Entwicklung ist daher nichts, wofür man Energie aufbringen und sich zusammenreißen muss. Motiviert zu sein und sich zu entwickeln ist der Normalzustand. Wenn eine Entwicklung stagniert, jemand also unmotiviert ist, dann liegen psycho-logisch gute Gründe dafür vor, die innerhalb des Systems schlüssig sind.

      Potenzialentfaltung: Schule wird von vielen Schülern als ungeheure Last und Qual erlebt. Die als Leistungsdruck erlebten Anforderungen versetzen oft ganze Familien in Aufregung. Eine Klassenarbeit kann Endzeitstimmung am Frühstückstisch erzeugen. Oft leiden die Eltern ähnlich wie die Kinder. Olaf-Axel Burow, der Begründer der Positiven Pädagogik und Autor des Geleitworts zu diesem Buch, weist daraufhin, dass das Glück aus der Pädagogik und Schule unserer heutigen Gesellschaft förmlich verdrängt wurde (Burow 2011). Während Glückseligkeit in früheren pädagogischen Schriften noch als explizites Erziehungsziel auftaucht, sehen wir in heutigen Schulen, in erziehungswissenschaftlichen Veröffentlichungen und auch in der Lehrerbildung andere Schwerpunktsetzungen. Würde es in Schulen, Hochschulen etc. in erster Linie um die Entfaltung des individuellen Potenzials der Menschen gehen, gäbe es andere Schulen mit anderem Unterricht und dieses Buch wäre nicht nötig.

      Klienten haben daher oft die Erwartung an Coaching, Beratung und Therapie, die Last erträglicher zu machen, die Schulzeit und die Prüfungen zu überleben. Das Ziel von PAC


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