Die Sterne in uns. Jan Corvin Schneyder

Читать онлайн книгу.

Die Sterne in uns - Jan Corvin Schneyder


Скачать книгу
war ja nur im Gleiter aktiv, richtig!

      »Überrasch mich, Lennox!«

      »Jill ist wieder wach. Ihr geht´s gut soweit. Der Doc war auch schon da.«

      »Gut.«

      »Sag mal, was ist denn da los? Fast alle unsere Geschütze sind scheinbar platt. Muss ja wohl eine Übung sein.«

      »Nein, leider nicht. Ich stehe gerade vor dem in Galway. Es ist platt. Plattfisch-platt.«

      Einen Konversationspreis würde ich heute auch nicht gewinnen.

      »Aber wie …?«

      Das war Jills Stimme.

      Ich brauchte Jill Bekker. Ich brauchte sie dringend!

      Sie war meine beste Freundin, zumindest die beste Freundin der letzten zwei Jahre.

      »Jill, bist du okay?«

      »Alive and kicking.«

      Sie klang fit. Ich war erleichtert. Wenigstens darüber.

      »Hier ist eine Delegation der ST. Die waren blitzschnell da, haben sich nicht mal vorgestellt. Inklusive Commodore. Die sagen, das sei weltweit. Jensen hat Galway ausgeschaltet, irgendwelche anderen fast alles andere. Weltweit! Die wollen, dass ich mitkomme. Das sei meine Schuld. Und ich muss so pinkeln!«

       Nur Gott weiß, warum ich das noch gesagt habe!

      »Ruhig, Woodi. Du bist die absolute Veteranin hier. Warum die Panik?«

      Jill hatte weitaus weniger Einsatz-Erfahrung als ich, das stimmte, aber sie schätzte mich menschlich gerade falsch ein.

      »Ich hab keine Panik, Jill, auch keine Angst. Aber ich versteh es nicht. Und es pisst mich an! Das kann alles nicht hinhauen.«

      Mir fiel ein, was Jensen gesagt hatte. Ich solle mir die Nachrichten anhören oder so ähnlich.

      »Was geht durchs NewsCom?«, fragte ich und sah mich um.

      Die Delegation um den Commodore sprach mit den zivilen Katastrophenkommandos.

      Lennox Torgan antwortete: »Globale Anschlagsserie, aber der Orbit sei frei. Keine Feinde im Anflug. Angeblich terrestrischer Konflikt.«

      Ich zögerte eine Sekunde.

      »Was meinen die mit einem terrestrischen Konflikt? Bürgerkrieg? Jetzt, wo endlich alles ruhig und friedlich war? Wer gegen wen?«

      Er musste wohl genickt haben, denn Jill ermahnte ihn, ich könne nicht sehen, was er mache, wenn wir nur übers Kom sprächen. Das war ja fast lustig.

      »Also was machst du jetzt?«, fragte Jill.

      »Dich fragen, warum Jensen dich geschlagen hat!«

      »Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Es fehlt nichts. Er hätte einfach an meinem Labor vorbeigehen können.«

       Das macht keinen Sinn!

      »Jill, du belügst mich doch nicht, um mich zu beruhigen, oder?«, fragte ich streng.

      Ich hatte schon Erfahrungen dieser Art gemacht und musste nun schnell eine Entscheidung treffen. Ich hatte leider längst gelernt, dass fast jeder ein Verräter sein konnte. Selbst eine Jill Bekker. Es war traurig, das glauben zu können. Die zwei, drei Personen im Universum, denen ich Verrat nicht zutraute, waren gerade nicht verfügbar.

      Es blieb mir zu lange still in der Leitung.

      Es dauerte zwar nur drei Sekunden, bis Jill es abstritt, aber es hatte eine Verzögerung gegeben, die mich skeptisch werden ließ. Skeptisch genug, um allerlei in Frage zu stellen.

      Es tat weh, alles in Frage zu stellen!

      »Dewie Torgan, vielleicht fehlt ja doch etwas im Labor. Nehmen Sie Dewie Bekker vorsorglich fest!«

      Sofort brach die Leitung ab.

      Wieso brach die Leitung ab?

      Ich versuchte abzuwägen, ob der übergewichtige, gutmütige Lennox … nein! Jill würde ihm eins über die Rübe gegeben haben. Hoffentlich nicht mehr als das.

      Aber warum? Warum Jill Bekker? Und warum Jensen, der Regeln und Ordnung so liebte? Jill und Jensen verband vordergründig absolut nichts. Oder war die Leitung wieder gehackt worden?

      Die Delegation von Funktionsträgern kam zu meiner Position zurück.

      Ich sah auf meine eigene Uniform. Vor etwa einem Jahr waren neue Uniformen eingeführt worden, um den Beginn einer neuen Zeit nach einigen politischen Wirren auf der Erde zu verdeutlichen.

      Der Krieg mit dem außerirdischen Vielvölkerbund des Prismoniums war zu Ende gegangen. Auch waren keine neuen Konflikte ausgebrochen, von denen ich wüsste. Die Erde galt seitdem als politisch stabil, friedlich und fortschrittlich.

      Keine Putschversuche mehr.

      Passend dazu hatte man der Squadronica einen neuen Style verpasst, den ich ziemlich schick fand. Alle Uniformen waren seither schwarz mit silbernen Applikationen, je nach Rang und Abteilung – nicht nur silbergrau eingefärbt, sondern metallisch glänzendes Silber in meist geschwungenen Streifen individualisierte die jeweiligen Teile.

      Die meisten Kleidungsstücke waren ziemlich enganliegend.

      Das hätte man als Frau sexistisch finden können, aber es war einfach praktisch. Das Zeug lag gut auf der Haut und es gab keine dekorativen Stofffetzen, die in Geräte geraten oder beim Kampf oder der Arbeit im Weg sein konnten. Außerdem hatten die Männer das gleiche Zeug an, was ihre Hintern und Oberkörper-Muskulatur – sofern vorhanden - betonte. Völlige Gleichberechtigung. Dazu gab es coole Lederjacken für Außeneinsätze und schwarze Stiefel statt Halbschuhe. Die Jacken und die Stiefel waren Power Metal pur.

      Trotzdem fragte ich mich in diesem Moment, warum wir alle so seltsam aussahen und was hier gerade eigentlich abging.

      Lief eine Art politische Säuberung unter einem selbstverursachten Vorwand ab? Musste die neue Squadronica noch ihre alten Leute loswerden?

      Ich war zwar nicht alt, aber mit meiner Fronterfahrung und den seltsamen Missionen, bei denen ich dabei gewesen war, sicher Teil eines irgendwie alten Systems, verbunden mit traditionellen Werten. Aber die alten Werte hatten doch gerade erst gegen die neuen Extreme gewonnen. Was war denn jetzt schon wieder los?

      Wahrscheinlich denke ich zu viel. Das ist alles gar nicht sowas Kompliziertes, nur kriminell.

      Mein, nennen wir ihn mal bester Kumpel, Stan Pendra, wäre vermutlich geflohen und hätte eine rebellisch-aggressive Ermittlung im Untergrund eingeleitet. Und er wäre damit auf die Schnauze gefallen, wie so oft, und trotzdem davongekommen.

      Das war bei mir alles anders.

      Es würde nichts Gutes mit sich bringen, jetzt in den Untergrund zu gehen. Von dort aus würde ich nichts erfahren. Dazu war ich nicht der Typ Mensch. Ich agierte lieber von innen heraus. Bei allem. Aus mir selbst, aus meiner Einheit, aus meinem System heraus – vielleicht weil ich nicht von außen gegen etwas anrennen wollte.

      Keine Küchenpsychologie jetzt.

      »Commodore …?«, fragte ich deutlich betont nach dem Namen, der mir noch nicht genannt worden war.

      »Dangler«, sagte die Frau knapp.

      »Commodore Dangler, in unserem irischen Hauptquartier scheint ein Putsch im Gange zu sein. Ich befürchte, es gibt weitere Kollaborateure von Dewie Jensen, die systemtreue Offiziere ausschalten. Sie können mir zu lasche Kontrollen vorwerfen, aber nicht, auf der falschen Seite zu stehen. Sollen wir diese Vorgänge nicht besser aufhalten, anstatt loyale …«

      Sie hob eine Hand.

      Ich salutierte und schwieg.

      Böse oder dumm, im Sinne schlechter Filme, schienen mir die Leute vor mir eigentlich nicht zu sein.

      »Sie sind Vanessa Woodman, richtig? Gedient unter Dakker und Woyer


Скачать книгу