Die Sterne in uns. Jan Corvin Schneyder

Читать онлайн книгу.

Die Sterne in uns - Jan Corvin Schneyder


Скачать книгу
emotional, aber das glich mich ganz gut aus. Ich war eher ein bisschen zu kühl für manche Dinge.

      Er und Noona hatten nie Interesse aneinander gehabt. Ich wusste nicht genau, wieso das so war. Vielleicht waren sie sich zu ähnlich, wobei ich das gar nicht fand. Aber da würde nicht viel passieren zwischen den beiden. Party vielleicht, aber kein Streit und auch kein Sex. Die Kombination müsste passen und der Sache dienen.

      »Ich werde diese beiden schwierigen Personalien für Ihre Anfrage freischaufeln, Woodman. Im Hintergrund. Die offizielle Anfrage dürfen Sie bitte selbst schriftlich formulieren. Eine Zusage der Squadronica ist dann so gut wie sicher, aber wir können die beiden nicht zwingen, mitzumachen. Braucht Garrett auch eine zusätzliche Motivation?«

      Sie sah sich erneut ungeduldig um.

      »Nein, ich denke nicht. Ich bin sicher, dass er mir helfen möchte.«

      Das ist einer der wichtigsten Unterschiede zu Noona. Er ist eben mein Freund, sie aber nicht meine Freundin.

      Dangler nickte und schloss ihre Notizen ab.

      »Und jetzt kehren Sie zurück zu ihrer Basis!«

      »Bringen Sie Bekker heute noch dorthin zurück?«, fragte ich.

      Sie schüttelte den Kopf.

      Ich nickte und verabschiedete mich.

      An meinem Gleiter angekommen, drehte ich mich noch einmal zu der Stelle des Anschlags um.

      Das Meer konnte ich von hier aus nicht sehen, aber ich hörte es. Galway war schließlich eine Hafenstadt. Der Duft von Salz und Austern – oder Algen – wehte herüber, mischte sich aber auf unangenehme Weise mit den Hydraulikölen, die der Recycling-Trupp ausdünstete.

      Das kleine Schiff mit den grünen Streifen erhob sich und flog nach Südosten davon. Ich lehnte am Cockpit des Gleiters und massierte mir die Stirn. Ein pochender Kopfschmerz bahnte sich seinen Weg durch abebbendes Adrenalin, wurde aber durch eine andere, lange unterdrückte Empfindung dringlich abgelöst.

      Vielleicht zweihundert Meter rechts des Geschützkraters erspähten meine dankbaren Augen ein Café mit Ausschank.

      Ich rannte los, als wäre eine feindliche Invasionsarmee hinter mir her.

       Die müssen doch eine Toilette haben! Ein Wunder, dass ich mich noch nicht vollgepinkelt habe!

      III

      ALLEIN

      Von Galway fuhr ich erst sehr viel später wieder fort. Ich hatte meinen Magen beruhigt und in dem Café, das zum Glück eine Toilette zu bieten hatte, noch etwas zu Mittag gegessen. Danach hatte ich wieder am Cockpit des Gleiters gelehnt und den Krater angestarrt. Mich rief aber auch dann noch nichts heim, also hatte ich einen Spaziergang am Meer unternommen, um den Kopf frei zu bekommen. Wenigstens ein bisschen. Es hatte gegen die Kopfschmerzen geholfen.

      Dangler wollte, dass ich sofort zurückkehrte, ermittelte und reparierte? Schön, dass sie das wollte. Dazu konnte sie mich aber nicht zwingen.

      Ich gönnte mir ein paar Stunden, um das Ganze zu verarbeiten. Aktuell wartete eh niemand am Lough Mask auf mich.

      Der Tag ging in den Abend über, als ich mit der gemächlichen Rückfahrt begann. Jill war festgenommen worden, Jensen abgehauen, Lennox Torgan … abtransportiert. Ich freute mich nicht auf die Rückkehr, aber ich musste zurück.

      Die Dunkelheit kroch über die Hänge der Westküste, wurde aber von sanft grünlich illuminierendem Straßenbelag durchbrochen. Es war angenehm für die Augen und ließ beinahe alle Fahrrisiken des Dunkels verschwinden, aber es war auch unnatürlich und verdrängte die angenehme Ummantelung schwarzer Nacht. Immerhin passte das Grün zu Irland.

      Wenn man volltrunken war, konnte man auf Autopilot umstellen. Musste, nicht konnte. Sorry. Er orientierte sich dann unter anderem am pulsierenden Licht der Straße. Meiner Erfahrung nach brachte er einen nicht immer ans gewünschte Ziel, aber er überfuhr zumindest auch niemanden.

       Vielleicht hätte ich in Galway einfach was trinken sollen. Da gibt´s guten Whisky. Nein. Ich hab Angst. Wenigstens ein bisschen. Was, wenn der wahre Täter noch dort ist?

      Ich war nicht schreckhaft oder ängstlich veranlagt, aber eine verlassene Station, in der am gleichen Tag jemand ermordet worden war, war einfach kein guter Ort.

       Ich hätte früher zurückfahren sollen!

       Im Hellen!

       Mist!

      Alles Mögliche ließ sich regeln, ändern, ausdiskutieren, aber ein toter Lennox war ein toter Lennox. Ich wusste nicht, warum Jensen scheinbar überflüssigerweise Jill ausgeknockt hatte. Vielleicht log sie doch an irgendeiner Stelle ihrer Geschichte. Aber dann sollte sie Torgan aufgrund meines Befehls, sie festzunehmen, ermordet haben?

      JILL? Niemals! Sie hätte sich grinsend und kopfschüttelnd festnehmen lassen, anstatt so etwas zu tun.

      Sie war eine verrückte, lesbische Wissenschaftlerin, die auf Popmusik und Fast Food stand – und die zudem absolut genial war. Ihre Verrücktheit war aber keine Verantwortungslosigkeit anderem Leben gegenüber. Manchmal dem eigenen, aber nicht dem anderer Wesen, egal ob Alien oder Maus. Jill würde, selbst für einen politischen Verrat oder eine Intrige, keinen harmlosen, unschuldigen Menschen ermorden. In was sollte sie sich verwickeln lassen, wofür sie Lennox töten würde?

       I don´t fucking believe it! Nicht Jill!

      Ich diktierte dem KomSystem des Gleiters meine Nachrichten an Noona Striker und Flink Garrett.

      Ohne weiteres Korrekturlesen schickte ich sie direkt ab. Ich wollte es aus den Füßen haben, dieses Kommunikations-Zeug. Sprach- und Textnachrichten nervten mich meistens ziemlich an.

      Noona und Flink waren noch irreal, noch weit weg für mich. Der Sinn stand mir nur ganz dringend nach Jill Bekker. Ich empfand manchmal etwas für sie, das ein wenig über Freundschaft hinausging. Jetzt fühlte ich nichts Romantisches, aber ein starkes Bedürfnis, sie in Sicherheit zu wissen und sie bei mir zu haben, damit auch ich mich sicherer fühlen konnte.

      Als ich an der Rampe der Basis ankam, war es vollständig dunkel. Die gesamte Anlage war schwarz wie der Himmel darüber.

      Von der vierköpfigen Stammbesatzung war nur ich übrig, dazu gab es drei sehr junge Dewies, die ich üblicherweise nur zu Wach- und Aushilfsdienten aus Donegal an der Nordküste kommen ließ. Keiner von ihnen war heute angefordert worden. Laut Plan hätten Jill und Lennox Nachtdienst gehabt, also jeder von ihnen je fünf Stunden. Die Zivilisten, die tagsüber ab und an um uns herumschwirrten, durfte ich nicht in die Kommandozentrale setzen. Sie belieferten uns, führten Reparaturen aus, die Zivilisten besser durchführen konnten als wir, und so weiter. An der Überwachung militärischer Anlagen waren sie aber nicht zu beteiligen, deswegen war auch nachts nie einer von ihnen da. In der unmittelbaren Nähe der Anlage wohnte ohnehin niemand.

      Die übliche äußere Sicherheitsprozedur der Anlage funktionierte. Mein Gleiter wurde tendriert - das heißt gescannt - und ich wäre ohne Codes nicht bis zur Rampe gekommen. Einen Menschen hatte ich jedoch nicht gesehen oder gesprochen, während diese Dinge abliefen. Das machte alles das System.

      Bei einer Nachtwache stand auch nie ein Mensch mit Waffe an irgendeinem Tor. Das lief von der Kommandozentrale her, alles technisch.

      Dabei mussten die Leute von Commodore Dangler oder vom Geheimdienst heute hier gewesen sein, um Jill zu verhaften. Oder etwa nicht? Diese Info fehlte mir, wie ich feststellte.

       Sie haben Lennox´ Leiche doch wohl abtransportiert, oder? Wo war denn der Tatort? Verflucht! Ich hätte fragen sollen!

      Jetzt gefiel mir die nächtliche Basis noch weniger.

       An seinem üblichen Arbeitsplatz? Spuren? Blut?

      Leer, leblos und dunkelgrau wurde ich erwartet.


Скачать книгу