Die Sterne in uns. Jan Corvin Schneyder

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Die Sterne in uns - Jan Corvin Schneyder


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Lernstoff für eine Weiterbildung gebrütet hatte. Konnte niemand bezeugen, aber ich glaubte ihr vorerst.

      Ich forderte sie an und sagte ihr, sie solle sofort losfahren und ihr Zeug mitbringen. Sie konnte schließlich auch hier lernen.

      Und ich wäre nicht mehr allein in diesem Gebäude.

      Das wäre großartig.

      Allein der Gedanke an Maryjas Eintreffen machte mich beinahe glücklich.

      Dann, obwohl ich sonst niemanden mehr brauchte, kontaktierte ich noch Andrew Falls.

      Er war nicht zu erreichen.

      Das musste er abends ohne Schichtzuteilung auch nicht sein. Vielleicht lag er auf seiner Freundin Nancy.

      Oder auf seiner anderen Freundin Gracy.

      Oder auf Stacy.

      Ich fragte mich, wo ein Kerl so viele Geliebte mit ähnlich klingenden Namen herbekam. Er redete ständig ungefragt über seine Affären, oder was auch immer sie für ihn waren, aber ich fand ihn völlig okay. Für einen muskulösen Typen Anfang zwanzig war der leicht beschränkte Horizont vielleicht ganz normal. Immerhin baggerte er mich nie an, was richtig schlau von ihm war.

      Ich hätte es dabei bewenden lassen können, dass Andrew nicht erreichbar war, aber dann hätte ich ja aus meinen heutigen Erfahrungen überhaupt nichts gelernt.

      Stichwort: Wartungsroutine. Also sei nicht zufrieden, sondern geh der Sache nach, Woodi! Mal sehen, wann er zuletzt hier war.

      Ich gab meinen Autorisierungscode ein und ließ mir die letzten Zugänge zum Gebäude anzeigen.

      Es war jetzt 19:48 Uhr.

      Da waren einige Zivilisten am Mittag und frühen Nachmittag auf dem Gelände gewesen. Es war normal, ich kannte die Namen und erkannte ihre Signaturen.

      Dann fanden sich einige Überbrückungszugänge im Protokoll. Die mussten von externen Sicherheitskräften stammen. Da ging es sicher um die Sache mit Lennox und Jill. Ich war jahrelang selbst so etwas wie eine externe Sicherheitskraft gewesen. Ich hätte es genauso gemacht. Das war ST-Standard-Vorgehen.

      Naja, und dann war da noch meine eigene Einfahrt um kurz nach 19 Uhr.

      Ich scrollte noch mal den ganzen Tag ab, aber dieses Mal bis ganz nach oben.

       Ach du heilige Scheiße! Eine von Andrew um 04:43 Uhr. Nicht ausgeloggt. Hab ich heute Morgen nicht gesehen!

      Ich schüttelte den Kopf und legte eine Hand an die Stirn.

      Im Grunde hatte ich mir nichts vorzuwerfen. Es war kein Standard-Vorgang, in einer vergleichsweise randständigen Einheit wie unserer, noch dazu in Friedenszeiten, morgens bei Dienstbeginn erstmal die Garagen-Protokolle der letzten Nachtstunden zu checken.

      Jetzt allerdings hatte ich den Salat: Einen muskulösen Mann Anfang Zwanzig im Gebäude, der möglicherweise Lennox ermordet hatte. Und es war nicht sehr unwahrscheinlich, dass er noch mehr getan hatte als das.

       Ist der wirklich noch hier?

      Ich stand von der Konsole auf, nahm einen Searer in die Hand und stellte mich mit dem Rücken an die Wand zum Korridor. Das in meinem Rücken war allerdings auch nur eine Glaswand.

       Ich will eine Raumschlacht mit einem Raumschiff! Ich will nicht mit einem Mörder verstecken spielen!

      Die Angelegenheit war dank Commodore Dangler und der Begleitumstände zu allem Überfluss auch noch geheim. Ich konnte nicht einfach Verstärkung aus anderen Einheiten rufen. Was hätte das wieder für ein Durcheinander gegeben! Wären Flink und Noona schon hier gewesen – fein! Das würde aber vielleicht noch ein paar Tage dauern. Selbst eine eingesperrte Jill hätte mich beruhigt, aber die würde frühestens morgen kommen.

      Mir fiel ein, dass ich Maryja angefordert hatte. Ich funkte sie an. Falls Andrew wirklich noch hier und ein potentieller Mörder war, musste ich sie warnen.

      Mein InterKom funktionierte nicht.

      Die Leitung war blockiert.

       Das wächst sich zu einem echt ätzenden Running Gag aus!

      Hatte Andrew für Jensen, mit Jensen oder irgendwie sogar gegen Jensen gearbeitet? Das war alles gar nicht gut. Wer stand hier auf der Leitung?

       Shit!

      Mein Magen schmerzte.

      Ich hatte seit Stunden nichts getrunken, aber davon kam das sicher nicht.

      V

      FILMENDE

      Es gibt ganz, ganz miese, ganz, ganz fiese Filme.

      Ich mag Horrorfilme ja, aber Science-Fiction-Horror ist manchmal echt schwierig. Zwar habe ich inzwischen manche Sachen krasser erlebt, als die Filmemacher von früher sich das ausgedacht haben, aber manche Streifen mit so echt alptraumhaften Aliens, die durch enge, dunkle Röhren und Verbindungstunnel schleichen, und die dann in grünen und gelben Blinklichtern plötzlich aus dem Lüftungsdampf von Maschinen schnellen, um Menschen Löcher in den Kopf zu beißen … brrrr!

      Manche Szenen sind echt genial gemacht, und ich zog mir sowas ja auch freiwillig rein. Wenn einen ein Film zum Schreien bringt, hat er wenigstens emotional einen Effekt ausgelöst. Jill stand total auf sowas, aber sie lachte immer bei den besonders grausamen Szenen, anstatt zusammenzuzucken. Sie war eben ein bisschen sonderbar.

      Also mit Aliens rechnete ich nicht in dieser Halle meiner verdammt noch mal eigenen Einrichtung, aber es gab eben doch ein möglicherweise akutes Problem.

      Andrew Falls war vielleicht noch immer in diesem Gebäude, und falls dem so war, musste er durchgeknallt sein.

      Ich setzte alle Codes auf Null. Das funktionierte zum Glück noch. Auch mir selbst verpasste ich einen neuen.

      Nach kurzer Überlegung entschied ich, Maryja ihren bisherigen Code doch wieder zuzuteilen. Sie käme sonst nicht hinein und würde wieder wegfahren.

       Oder wäre es besser für sie, wenn sie nicht reinkommt? Aber verflucht noch mal, ich habe keine Beweise für eine Gefahrenlage. Du parkst doch wohl hier drin, Maryja, oder? Du kommst doch sicher durch die Schranke, benutzt deine Codes und kommst in diese Halle gefahren, oder? Das hast du doch immer so gemacht. Du würdest Lennox begrüßen, dann zu Jill gehen … Dann sehen wir uns also direkt hier vorne. Dir kann vorher gar nichts passieren, und mir …

      Ich sah auf die Uhr.

      Das hatte ich schon oft getan.

      Wenn Maryja gleich nach meiner Anforderung losgefahren war, müsste sie bald da sein. Es war inzwischen 20:36 Uhr.

      Ich verließ das blöde Glasbüro nicht und legte den Searer nicht mehr aus der Hand. Es war aber eigentlich keine sichere Position. Die Halle überblickte ich, aber den Korridor hinter mir nur ein paar Meter in jede Richtung. Und dieses Glas war nicht schussfest.

       Ob es eine Axt aushält? Echt mal, eine Axt? Andrew?

      Man will so etwas von niemandem glauben, aber irgendwie traute ich es Andrew zu, auch wenn er nie ein böses Wort von sich gegeben hatte. Es war einfach so ein Gefühl, dass dieser Mann seine Stärke auch in Wut ummünzen konnte. Das konnten die meisten Typen, aber viele eher auf eine hilflose Art. Also als so ein zickiges Männer-Wüten ohne was dahinter, ohne wirklich gefährlich zu sein, und wenn brutal, dann ungeschickt. Ich hatte Andrew jedoch im Zweikampftraining gesehen. Wir hatten alle eine harte Nahkampfausbildung hinter uns, aber manche wurschtelten sich eben so durch. Bei Medizinern, Ingenieuren oder Biologen war es letztlich nicht prioritär.

      Andrew hatte sich nicht durchgewurschtelt.

      Den Kerl würde ich kaum besiegen können. Da half auch meine Kampferfahrung nichts.

      Er war zwar genauso gut ausgebildet wie ich, dafür aber deutlich größer und um einiges


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