Fachdidaktik Italienisch. Christine Michler
Читать онлайн книгу.in den 1960er Jahre als Audiolinguale Methode in den schulischen Fremdsprachenunterricht übernommen.
Theoretische Grundlage ist zunächst der StrukturalismusStrukturalismus. Der Begründer des sprachwissenschaftlichen Strukturalismus Ferdinand de Saussure identifizierte in einer Sprache als Kommunikationsmittel „bestimmte[r] Regelmäßigkeiten, die das System oder die komplexe Struktur der Sprache bilden“ (Lewandowski 61994, 1106). Solche Strukturen werden mit der Audiolingualen MethodeAudiolinguale Methode intensiv eingeübt, und zwar auf der Basis der für das Sprachenlernen adaptierten Experimente Skinners zur Verhaltensänderung (Skinner 1957). Den Ergebnissen dieser lernpsychologischen Untersuchungen folgend werden die Lernenden beständig mit patterns, die sie imitieren und wiederholen müssen, konfrontiert (pattern drillspattern drills). Das durch Impulse und Wiederholungen charakterisierte Lernen nach dem Reiz-Reaktions-SchemaReiz-Reaktions-Schema soll, ohne dass Strukturen oder grammatische Phänomene kognitiviert werden, zum automatisierten Gebrauch alltäglicher Kommunikationsfloskeln führen. In Sprachlaboren, in denen mit Tonbändern und Kopfhörern als seinerzeit modernen technischen Medien gearbeitet wird, erhalten die Lernenden Anweisungen vornehmlich für Einsetz- oder Substitutionsübungen (vgl. Abb. 4.2). Einer starren Folge der Fertigkeiten Hören / Verstehen – Sprechen – Lesen – Schreiben verpflichtet, hat das Mündliche in dem absolut einsprachig ablaufenden Unterricht Vorrang. Auch heute werden hin und wieder speziell in der Anfangsphase des Fremdsprachenunterrichts Übungen, die für die Audiolinguale Methode typisch sind, eingesetzt, da die ständige Wiederholung das Memorieren begünstigt.
Sörensen, Ingeborg (1973): Einführung in die italienische Sprache. Stuttgart: Klett, 45
Audiovisuelle Methode Verantwortlich für die Entwicklung der Audiovisuellen MethodeAudiovisuelle Methode (auch: méthodologie structuro-globale audio-visuelle; SGAV) ist im Wesentlichen das Centre de Recherche et d'Étude pour la Diffusion du Français (C.R.E.D.I.F.), das die Audiolinguale Methode in den späten 1960er Jahren so ausweitet, dass die Tonträger durch visuelle Medien (Folien, Dias) ergänzt werden. Wie die Audiolinguale hält auch die Audiovisuelle Methode an der strengen Phaseneinteilung und der absoluten Einsprachigkeit des Unterrichts fest. Der Stoff – ein an alltäglichen, konkreten Situationen orientierter Sprachgebrauch – wird hauptsächlich in Texten und Übungen gleichzeitig mittels Dialog und Bild präsentiert, wiederum ohne analytische Sprachbetrachtung und nachdrückliche Kognitivierung der Grammatik. Obwohl bei dieser Methode alle vier Fertigkeiten geschult werden, liegt der Akzent auf dem Gesprochenen. Typische Übungsformen sind auch hier Substitutions- und Einsetzübungen.
Kommunikative Didaktik In den 1970er Jahren ändern sich mit einer kritischen Haltung gegenüber der Audiolingualen bzw. Audiovisuellen Methode die Prinzipien und Zielsetzungen des Fremdsprachenunterrichts entscheidend. Auslöser ist die Wertigkeit, die Piepho der kommunikativen Kompetenzkommunikative Kompetenz zumisst, indem er sie als oberstes Ziel des Fremdsprachenunterrichts festlegt (Piepho 1974). In der Kommunikativen DidaktikKommunikative Didaktik wird Sprechen als pragmatischer Akt verstanden, mit dem man einen bestimmten Zweck verfolgt (vgl. Sprechakttheorie; Austin 1962; Searle 1969). Konsequent konzentriert man sich im Unterricht auf die Vermittlung und Einübung von Sprechabsichten (z.B. sich begrüßen, sich vorstellen, von sich erzählen, an jemanden appellieren, Wünsche ausdrücken) mit dem Ziel der flüssigen Anwendung der Sprache. Die für die Audiolinguale und Audiovisuelle Methode typische starre Abfolge der Unterrichtsphasen wird aufgegeben, Aufgaben und Sozialformen werden differenziert und dem Unterrichtsgegenstand angepasst variabel eingesetzt. Verwendung finden v.a. Materialien, die das Versprachlichen von Sprechabsichten erleichtern. Da der Unterricht auf die Lernenden und ihren Lernprozess ausgerichtet ist, stehen SchüleraktivierungSchüleraktivierung (z.B. durch Gruppenarbeit, Rollenspiele, induktive Verfahren), die Behandlung von Themen, die auf die Interessen der Lernenden abgestimmt sind, und für die Alltagskommunikation relevante Inhalte im Mittelpunkt. Die Darbietung der Grammatik, der eine der Verständigung untergeordnete Funktion zugewiesen wird, erfolgt ebenfalls in kommunikativen Kontexten. Schwerpunkte sind die Fertigkeiten Lesen, Hören und Verstehen von Sachtexten im weitesten Sinn (z.B. Annoncen, Briefe, Rezepte, Gebrauchsanweisungen, Zeitungsberichte), so dass die Literatur erneut zurückgedrängt wird. Zusätzlich ändert sich die Rolle der Lehrkraft vom Wissensvermittler hin zum Helfer beim Sprachenlernen. Neben den Interessen der Lernenden spielen Kommunikationsstrategien und Lernstrategien eine bedeutende Rolle. Generelles Ziel ist es, die Lernenden durch authentisches Material zum aktiven sprachlichen Handeln zu führen (zur weiteren Entwicklung methodischer Schwerpunkte, v.a. dem neokommunikativen Ansatz vgl. Einheit 12).
4.3 | Sozialformen
In den beschriebenen Methoden kommen jeweils verschiedene Sozialformen zur Anwendung.
Frontalunterricht FrontalunterrichtFrontalunterricht bezeichnet ein durch Lehrervortrag, Erklärungen und eine lehrergesteuerte Frage-Antwort-Interaktion charakterisiertes Unterrichtsformat, das zunächst eng mit der Grammatik-Übersetzungs-Methode verbunden ist, aber auch heute noch relativ häufig eingesetzt wird, obwohl es den Schülerinnen und Schülern wenig Gelegenheit zum selbständigen Sprachhandeln in der Fremdsprache gibt. Auch für Maßnahmen, die gezielt auf das individuelle Leistungsniveau der Lernenden eingehen, lässt der Frontalunterricht in den seltensten Fällen Raum, so dass die Motivation zum Agieren in der Fremdsprache eingeschränkt wird.
Befürworter des Frontalunterrichts machen geltend, dass er effektiv und zeitsparend ist und sich außerdem für die Darbietung und Einübung bestimmter sprachlicher Inhalte wie z.B. Aussprache und Intonation besonders gut eignet. Unterstützt werden die Verfechter des Frontalunterrichts dadurch, dass oftmals äußere Bedingungen (keine ausreichende mediale Ausstattung, kleine Räume u.Ä.), aber auch viele der derzeit verfügbaren Lehrwerke durch ihre Grundkonzeption (vgl. Einheit 5) das frontale Unterrichten begünstigen.
Die völlige Abwendung vom Frontalunterricht fordern nachdrücklich die Vertreter des KonstruktivismusKonstruktivismus. Auch die kommunikative Didaktik und das neokommunikative Paradigmaneokommunikatives Paradigma, in dem Handlungs- und Schülerorientierung eine vorrangige Rolle einnehmen (vgl. Einheit 12), treten für eine Abkehr vom Frontalunterricht ein. Im auf die Praxis des institutionellen Sprachunterrichts bezogenen didaktischen Diskurs plädiert man allerdings für einen Kompromiss, d.h. für gut geplante und zeitlich begrenzte Phasen von Frontalunterricht, die, um den Sprechanteil der Schülerinnen und Schüler zu erhöhen, dialogisch aufgebaut sind.
Einzelarbeit, Partner- und GruppenarbeitBei der EinzelarbeitEinzelarbeit spielt Mündlichkeit kaum eine Rolle. Mehrheitlich als Stillarbeit angelegt – z.B. als Hausaufgabe – ermöglicht sie dem Lernenden, in individuellem Tempo konzentriert die gestellte Aufgabe zu lösen. So wird ihm keine Sozialkompetenz abverlangt, die wiederum für Partner- und Gruppenarbeitsphasen bedeutsam ist. Während bei der Partnerarbeit zwei Lernende oft auf Tandembögen konzipierte Aufgaben zusammen lösen, variiert die Anzahl der Schülerinnen und Schüler bei einer GruppenarbeitGruppenarbeit. Solche Phasen von Teamarbeit sind inzwischen regelmäßiger Bestandteil des Fremdsprachenunterrichts, u.a. weil moderne Lehrwerke fast generell einige entsprechende Übungs- und Aufgabenformen enthalten (vgl. Symbole und Arbeitsaufträge beispielsweise in Schmiel / Stöckle (2012), 66: Che cosa si fa … Fate quattro gruppi. Chi trova più frasi? …).
Von der Lehrkraft müssen Gruppenarbeitsphasen genau geplant und vorbereitet werden, z.B. hinsichtlich der zeitlichen Vorgaben, der Gruppenzusammensetzung und der Arbeitsanweisungen (ein identischer Auftrag für alle Gruppen oder verschiedene Aufträge für die Gruppen). Positive Auswirkungen der Partner- und Gruppenarbeit sind Motivation durch Selbsttätigkeit, die Gelegenheit zum Gebrauch der Fremdsprache als Arbeitssprache in natürlichen Kommunikationssituationen und die bessere Merkfähigkeit des selbständig Erarbeiteten. Gruppenarbeit trägt außerdem zur BinnendifferenzierungBinnendifferenzierung bei (vgl. Einheit 13), wenn die Leistung des einzelnen Lernenden in der Gruppe durch die Aufgabenstellung berücksichtigt wird. Die Gruppenzusammensetzung kann leistungshomogen (annähernd gleiches Kompetenzniveau in einer Gruppe)