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kommunikativ handeln, sprechen wir quasi probeweise zu uns selbst, um die Wirksamkeit der kommunikativen Handlung zu testen, denn

      „[…] eine Person ist nicht völlig ein Individuum. Seine Gedanken sind das, was es sich selbst sagt, d.h. was es jenem anderen Selbst sagt, welches im Fluss der Zeit gerade in Erscheinung tritt.“ (Peirce CP, 421)

      Im Alltag erleben wir immer, dass einem ein Wort begegnet, das man zwar zu kennen glaubt, bei dem man aber unsicher ist, ob es nicht auch andere Bedeutungen haben könnte. Entsprechend wird nach Gebrauchssituationen gesucht, in denen sich eine andere Lesart finden lässt. Wir versichern uns unseres Verstehens einer Sache, indem wir mithilfe der Zeichen unsere Erfahrungen prüfen, wie mit den Zeichen auch alternativ umgegangen werden könnte und ob es einen optimaleren Handlungskontext gibt.

      Die ständige Benutzung von Zeichen schafft unter den Nutzern gemeinsame Hintergrunderfahrungen, sodass beim Auftreten bestimmter Zeichen feststellbar ist, ob diese zu den den Nutzern bereits bekannten Bezugsgrößen passen oder nicht. PeircePeirce beschreibt das Phänomen mit der Bemerkung, der Interpret habe es mit einer „Nachkopie dieses kopierten Fetzens“ zu tun und müsse wissen, wo genau in seinem Panorama des universellen Lebens er diese einfügen könne. (Peirce Mikrofilm 318, 194–195)

      Verstehenshorizonte greifen zu kurz, wenn sie nicht mit anderen geteilt werden. Deshalb fordert Peirce vom Interpretanten, dass er nicht nur kognitiv seinen Standpunkt bestimmt, sondern zu klären versucht, was der Mit-Interpretant denken könnte. Erst im Zusammenspiel beider Positionen wird Kommunikation möglich. Denn das, was ich verstehe, wird kommunikativ nur dann relevant, wenn die Voraussetzung dafür geschaffen ist, dass der Andere etwas ganz ähnlich wie ich verstehen kann.

      Sprecher Ein Sprecher beobachtet sich dahingehend selbst, wie das von ihm Geäußerte im Zusammenspiel mit Anderen funktioniert hat und weiterhin funktionieren könnte. Diese Erfahrungen bilden eine Grundlage für sein sprachliches Handeln. Peirce beschreibt dieses Phänomen unter dem Begriff der Selbstbezüglichkeit. Wichtig ist hierbei folgende Annahme: Wenn eine Person eine andere erkennt, so erfolgt dies auf eine Art und Weise, die derjenigen ähnelt, wie sie sich selbst ihrer eigenen Person bewusst wird.

      „Die Idee der zweiten Person […] wird von der ersten Person ebenso unmittelbar wie das eigene Ich wahrgenommen, nur weniger lebhaft.“ (PeircePeirce CP 6, 160)

      Denn ein Sprecher entwickelt die Idee von sich selbst, indem er aus Erfahrungen mit seinem Gegenüber auf sich schließt und diese Erfahrung so internalisiert, dass sie sein Handeln motiviert.

      ReziprozitätReziprozitätDer Gebrauch von Zeichen muss gewollt sein und wird darauf ausgerichtet, was der Sprecher ausdrücken möchte. Die Zeichen haben nur dann Erfolg, wenn sie bei den Zeichenbenutzern den erhofften Effekt auslösen. Die Zeichennutzung basiert auf Gegenseitigkeit, dafür muss jedoch dem Anderen unterstellt werden, im Verlauf der Interaktion ganz ähnlich mit den Zeichen umzugehen, sodass der Gebrauch zu gemeinsam gewünschten Ergebnissen führt.

      Voraussetzung ist, dass das mentale Handeln bei den Betroffenen grundsätzlich selbstreferentiell erfolgt. Jeder verwendet sich selbst als Bezugsrahmen. Das steht zuerst einmal im Widerspruch zum kommunikativen Anliegen, welches auf einen Anderen gerichtet ist. Dennoch kann dieses Verhalten für Kommunikation nutzbar gemacht werden, denn es basiert auf der Unterstellung der Gegenseitigkeit. Der Produzent geht davon aus, dass der Rezipient in der jeweiligen Situation etwas ganz Vergleichbares tun wird; man spricht von der Annahme der Reziprozität. PeircePeirce hat mit seinem Zeichenbegriff bereits früh die Notwendigkeit betont, die Verarbeitungsbedingungen des Rezipienten stets im Blick zu behalten. Es entsteht zeitweilig sogar der Eindruck, dass er seine Zeichentheorie aus der Sicht des Zeichenrezipienten konzipiert hat. Sicher ist, dass seine Theorie eine differenzierte Sicht auf die verschiedenen Relationen ermöglicht, in denen das Zeichen steht.

      Weitgefasster ZeichenbegriffZeichenBegriffAuf die Theoriebildung der Kommunikationswissenschaft hat der Ansatz von Peirce bisher eher wenig Einfluss genommen. Ungenutzt blieben die Offenheit des Zeichenbegriffs und die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Zeichens. Denn Peirce erkennt ein Schriftstück ebenso als Zeichen an wie ein Wort oder ein Bild. Das Zeichenverständnis erschließt sich erst durch die Analyse des Zeichengebrauchs bei den Benutzern, der ja alles Mögliche zum Zeichen machen und kommunikativ nutzen kann, wenn es einen Anderen gibt, der mitspielt. Zeichen stehen also nicht für sich alleine, sondern bedürfen immer einer Kontextualisierung, um Bedeutungen zu erlangen. Als grundlegend dafür wird die Erfahrung der Selbstreferentialität angesehen. Der Einzelne setzt sich ins Verhältnis zu seiner Umwelt und glaubt, das sei kommunikativ zugänglich, weil der Adressierte sich auf dieselbe Weise zu den Dingen, die ihn umgeben, verhalten wird.

      Andere Zeichen und Funktionshintergründe

      ZoopragmatikZoopragmatikDie vorausgegangenen Überlegungen zur Spezifikation des Zeichenbegriffs haben Hinweise darauf gegeben, mit welchen Problemen Kommunikation konfrontiert ist, wenn Zeichen ins Spiel kommen. Es baut sich sehr rasch eine Komplexität auf, welche das Modellieren der Vorgänge unmöglich erscheinen lässt. Methodisch ist es daher reizvoll, sich der Komplexität schrittweise zu nähern, indem zunächst einfachere Systeme betrachtet werden. Einen interessanten Zugang bietet hierfür die sog. Zoopragmatik, die sich mit der Zeichenverarbeitung von Tieren in der Interaktion mit ihrer Umwelt beschäftigt. Dabei geht es nach Sebeok (1992, S. 78) um die Verarbeitung von Zeichen aus der belebten und unbelebten Umwelt.

      Thomas A. Sebeok (1920–2001)

      Biosemiotiker, amerikanischer Professor für Semiotik, Schwerpunkte: Untersuchung der Kommunikation von nicht-menschlichen Lebewesen (Zoosemiotik), Begründer der Biosemiotik

      Die kognitive Zoosemiotik setzt bei der Wahrnehmung eines Reizes an. Dabei handelt es sich nicht um eine dyadische Reiz-Reaktions-Kette, sondern es liegt eine triadische Interaktion vor: Der Zeichenprozess ist in einen Funktionskreis eingebunden, der den Organismus mit seiner Umwelt in einer komplementären Relation verbindet. Die Zeichenwahrnehmung kann dabei beabsichtigt oder unbeabsichtigt sein. Von einer intentionalen KognitionIntention ist dann die Rede, wenn eine Situation von einem Organismus beobachtet wird. Dabei kann sich die Beobachtung auf Zeichen einer belebten oder nicht-belebten Umwelt beziehen. Stammen die Zeichen von einem Lebewesen, ist die Frage der Absicht zu klären. Kann eine solche unterstellt werden, kommt der Begriff der Kommunikation ins Spiel. Dabei muss das intendierte Zeichen nicht von einem fremden Organismus ausgehen.

      Sebeok (1972, S. 72) beschreibt als ein sehr anschauliches und einfaches System die Echo-Ortung, wie sie im Tierreich auftritt. Hier wird beispielsweise von der Fledermaus ein akustischer Laut erzeugt, dessen Funktion darin besteht, Raumdistanzen zu erkennen. Der Laut wird akustisch von Objekten widergespiegelt und kann so empfangen und im Gehirn zu einer Raumkonstruktion verarbeitet werden. Das Fledermaus-Beispiel ist ein Beleg für die Selbstreferentialität. Der Organismus verfügt über eine Verarbeitungseinrichtung, die Daten aus der Außenwelt als exterozeptive Zeichen wahrnimmt und im Gehirn als propriozeptive ihm eigene erkennt und zur Selbstorientierung auswerten kann. Ähnlich verhält es sich bei Blinden, die sich aufgrund der Geräusche eine Raumkonstrukt für ihre Orientierung aufbauen.

      Erklärung

      Wenn wir die kognitiven Prozesse im Hinblick auf die kommunikative Qualität näher bestimmen wollen, dann ist, bezogen auf die möglichen Einflussfaktoren (z.B. Repräsentamen, Selbstvergewisserung oder Reziprozität) die Kommunikation hier nur als schwach motiviert zu bezeichnen: Es gibt eine Zeichenverarbeitung, aber die Zeichen sind hochgradig spezialisiert auf ein sehr enges Anwendungsfeld. Die Zeichenproduktion und -verarbeitung erfolgt zielgebunden, sie ist selbstreflexiv, aber nicht ohne weiteres reflexiv zugänglich.

      „Zeichenverarbeitung“ in der PflanzenweltKommunikationPflanzenDie Signalverarbeitung im Pflanzen- und Tierreich lässt weitere Aspekte der kommunikativen Funktionsweise sichtbar werden. Eine Blume baut ein Signal aus Farb- und Duftstoffen auf. Dieses Signal kann nun aufgrund organischer Ausstattung von einer Biene oder einem Vogel verarbeitet werden. Eine von Bienen bestäubte Pflanze ist nie rot, und zwar weil das Verarbeitungsprogramm einer Biene dafür nicht eingerichtet ist.


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