Die Weltsicht einer ziemlich verrückten Puppenmacherin. Julianne Becker
Читать онлайн книгу.du solltest einen Versuch machen und ihn dann noch in dein Buch bringen."
Als erstes dachte ich an meine Fliegenplage, die flogen mir sogar kamikazeartig direkt in die Augen, das störte mich andauernd beim Schreiben, so kannte ich Fliegen nicht aus der Heimat. Und ich schlug vor, eine Fliege zu filzen, mit der Nadel aufzuspießen und den Fokus dann auf das Feld zu setzen:
"Fliegen bleiben draußen, sonst tot."
Aber dann überkamen mich die größten Skrupel, ob ich auf Erschaffensebene wirklich so böse sein sollte, es lag mir eigentlich überhaupt nicht mehr. Als ich das St. Germain mitteilte, lachte der herzlich und fragte mich:
"Und wo ist der Unterschied dazu, dass du hier wie der Berserker unterwegs bist und mit deiner Fliegenpatsche eine nach der anderen massakrierst?"
Das fiel mir nun auch auf und dass das doch auch nichts anderes war, nur eben auch noch eine Handlung in 3d. Ich wollte doch keiner Fliege was zu Leide tun! Aber diese Biester ließen mich einfach nicht in Ruhe, die waren so aufdringlich wie noch was und lenkten mich ständig von meinen so überaus wichtigen Gedanken zum Buch ab. Das war hier eine besonders aufdringliche Insel-Fliegenrasse. Nein, es musste mir etwas anderes einfallen. Ich wollte kreativer da heran gehen und etwas finden, was unwahrscheinlich und kaum zufällig war.
Planung des Duduu-Versuchs
Dann fiel mir die Sache mit den Handkarden ein, der Vorfall lag einen Monat zurück: Als ich einmal konzentriert an dem Buch arbeiten wollte, wanderten meine Gedanken ständig zu Elvira und deren Lebensumfeld und ich kam dadurch ins Trudeln, es lenkte mich immer wieder ab. Und zu dem Zeitpunkt konnte ich mich einfach noch nicht energetisch von Elvira trennen, so sehr ich es auch versuchte, und das lag auch daran, dass ich ihr noch Geld schuldete, und so etwas verband. Erst verstand ich es nicht, warum das nun gerade verstärkt passierte, aber dann erhielt ich eine SMS von Elvira:
"Kannst du bei deinem nächsten Besuch bitte die Handkarden mitbringen?"
Nun wusste ich, dass ich Elvira in meinem Kopf nicht los wurde, weil diese immer an meine Handkarden (ein Werkzeug zum Filzen) dachte und sie ausleihen wollte. Sie war einfach nicht aus meinem Kopf zu kriegen, die hatte mit ihren Gedanken schon mächtig viel Schöpferkraft und störte mich mit ihren Projektionen massiv. Und so wusste ich mir keinen anderen Rat, als ihr die Handkarden zu schenken und endlich innerlich die Ruhe zu finden, die ich für das Buch dringend brauchte. Und nach meiner SMS-Antwort:
"Ja, klar, am Dienstag."
hörte Elvira wohl auf, an mich zu denken und ich fand Ruhe. Und für meinen Duduu-Versuch entschied ich nun:
"Ich will, dass Elvira mir die Handkarden vor meine Tür legt, ohne Kommentar und ohne mein Wissen."
Denn diese Handkarden waren etwas, was Elvira auf jeden Fall brauchte, und wenn sie diese her gab, so konnte ich sicher sein, meine Nadel wirkte. Und es war ja auch eigentlich unkoscher, wie Elvira zu dem Werkzeug gekmmen war.
"Willst du noch mehr von deinen Sachen zurück?" fragte St.Germain.
"Nun, auch die weiße Wolle!"
"Na also!"
"Aber genau nur das!"
"Und für wie lange?"
"Stimmt ja:" (Ich überlegte) "Passieren sollte es bis Ende Februar, und ich will sie dabei nicht zu Gesicht bekommen."
"Klasse, das ist ein guter Versuch. Zwei Sachen, zwei Nadeln?"
"Ja."
Und zwei Tage später filzte ich ein kleines weißes Geschenkpäckchen mit silbergrauer Schleife und konzentrierte mich schon während des Filzens darauf: Elvira, weiße Wolle, Handkarden, vor meiner Tür, bis spätestens Ende Februar. Ich stach am Ende eine Nadel ins Weiße für die Wolle und eine Nadel in die graue Schleife für die Handkarden und ließ das erste Mal bewusst meine Nadeln stecken. Dann legte ich das Päckchen irgendwo hinten in meinen Schrank.
Einen Versuch sollte man beobachten. Der Kontakt zu Elvira war mittlerweile schon seit ein paar Wochen ganz abgebrochen, Elvira schrieb als Letztes, sie müsste sich für nichts bei mir bedanken, ich wäre nur gekommen und hätte bei ihr irgendwelches Zeug abgeworfen. Und dann hatte sie mir auch zum Abschied noch einmal so richtig ehrlich mitgeteilt, was sie von mir als Person hielt. Und das war leider nicht sehr rühmlich. Das hatte sie geschrieben und ich deshalb ausnahmsweise keine Skrupel.
In der ersten Woche nach meinem Zaubern stellte ich zumindest fest, dass Elvira und der ganze Lebenszusammenhang dort oben in den Bergen wieder ständig in meinem Kopf auftauchte, ich musste mich viel mehr um Konzentration bemühen. Ich schalt mich also auch für meine dumme Idee, denn nun war die Ruhe für das Buch schon wieder hin. Und ich fand mich überraschenderweise ständig in Überlegungen, Elvira auch noch den Rest meiner ganzen Filzausstattung zu schenken!
Aber dann verstand ich, klar: "Bringen und vor die Tür legen" hieß in einer synonymen Übersetzung auch "übergeben", und deshalb beschäftigte ich mich nun unentwegt in Gedanken damit, was ich selbst noch besaß und geben könnte, und nicht nur Elvira schenken, sondern auch anderen Menschen.
Aber am meisten erstaunte mich mein Solitärspiel, mit dem ich meinen Tag abends spielend ausklingen ließ: Ich konnte fast nicht mehr gewinnen! Die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen war drastisch gesunken. Ich hatte mich die vielen Wochen davor unkompliziert locker und wie am Schnürchen zu einer immer besseren Gesamtbilanz hochgearbeitet, und nun sank ich in der Statistik von Level zu Level, ich bekam nur noch die allerblödesten Karten. Ja, in einem unachtsamen Moment aß ich sogar wieder Zucker!
Gut, ich gab auch dem keinen Widerstand und beobachtete weiter. Dann fiel mir auf, dass ich mich die letzten Tage abends zwar bleiern müde fühlte und auch nicht mehr an dem Buch weiter schreiben konnte, aber wenn ich mich dann wirklich schon gegen zwanzig oder einundzwanzig Uhr ins Bett legte, war mein Atem ganz flach und eng und ich selbst unruhig und fand doch keinen Schlaf.
Als mir das bewusst wurde, dachte ich darüber nach, dass ich ja nicht einfach Opfer meiner Umstände war, das war mein Elemental und sollte sich gefälligst bei Elvira auswirken statt bei mir herumzuhängen oder mich auch noch mit dem ganzen Feld von Elvira zu verbinden. Denn den Verdacht hatte ich leider auch, dass ich mit diesem Versuch wieder eine Verbindung hergestellt hatte zu deren Feld und Elviras Projektionen erneut bei mir ankamen. So trennte ich mich noch einmal ganz bewusst von ihr. Ich testete und spielte mein Solitär: In allen fünf Spielen gewann ich nun und erklomm spielend den nächsthöheren Level.
Drehbücher müssen passen
Diesen Versuch konnte ich natürlich auch nur deshalb durchführen, weil ich mir in dieser Wohnung auf Gran Canaria so nach und nach all die anderen mir bewussten Variablen isoliert hatte und so auch beobachten konnte, dass schon der einfache Kontakt mit meinem Nachbarn vom Fenster über meinem Riesenbalkon unter südlicher Sonne, der mir "Frohe Weihnachten" wünschte und mir so ganz nebenbei erzählte, er würde sich nun Hühnerbeinchen schmoren, genügte, mich dazu zu bringen, einkaufen zu gehen und wieder zu essen, obwohl ich mittlerweile eigentlich am klarsten ohne Essen lebte.
Und das nur, weil ich ihm in die Augen geschaut, herzlich "Frohe Weihnachten" zurück gewünscht und mich damit mit ihm und seinem Mittagessen verbunden hatte. Und vielleicht war meine Unvorsichtigkeit auch nur dem kleinen Sonnenstich zuzuschreiben, den ich mir wahrscheinlich gerade in meiner selbst gebastelten Hängematte geholt hatte, meinem Weihnachtsgeschenk an mich selbst. Ich wollte rumhängen und schwingen, das bewegte schließlich auch meine Lymphe mit minimalster Anstrengung und maximalem Vergnügen. Denn sonst redete ich mit dem Nachbarn nur alle paar Wochen mal.
Aber ich kochte nicht nur, ich aß auch wieder Zucker. Diese unruhige Müdigkeit und das Verlangen nach Zucker waren also Anzeichen, dass sich eine Überlagerung annäherte, ein fremdes Feld sich mit meinem eigenen mischte und darin so herum waberte, vielleicht kam aber auch nur mein eigenes erschaffenes Elvira-Feld zurück, sobald diese wieder in meinen Gedanken auftauchte oder all diese Ideen, wem ich was schenken könnte,