Im Gang der Menschheit. Helmut Lauschke
Читать онлайн книгу.du wieder lallen, wenn dir in den Kopf steigt mit dem Geschwätz das Bier, du alter Tölpel, dummes Tier! Als wär die Not nicht groß genug, kommst du wie ein Schwerenöter wie ein verwegner Frauenlöter, als gäb es nichts Besseres zu tun.
Witzbold.
Was willst du denn, du Gescheiter, kommst daher wie Schimmelreiter, nimmst den Mund gar üppig voll, das mit dem Gescheiten machst du toll, nur hast du damit nichts geändert als bloß die Augen rot gerändert. Willst du’s immer noch nicht glauben, dass die Welt sich anders dreht anstatt mit Gescheitheiten rumzuschnauben, die nicht halten, wenn sie der Wind verweht. Sieh doch, wie sie sich geil vergaffen diese abgeleckten schnöden Affen, als wüssten sie, was Sache ist, am Ende sich jeder doch verpisst. Die Angst steckt in den Knochen tief gepaart mit Eitelkeit und Schminke, vieles liefe nicht so schief vor der Tür mit der großen Klinke, wenn sie Verstand und Mut nur hätten und nicht den Charakter ganz verplätten, was sie in arroganter Dummheit tun in Socken, Latschen, Stöckelschuhn.
Budenbesitzer.
Hört nur, wie die beiden labern und der eine sich noch wichtig nimmt, bestimmt, da leg ich meine Hand ins Feuer, wer gescheit sein will, ist nicht geheuer. Es kratzt, im Getriebe reibt der Sand, was noch? Ihr seht’s, das schwarze Öl klebt an der Wand, die Straßen sind verschmiert wie stets.
Ich sag euch: lasst uns an die Arbeit gehn, bevor’s zu spät ist mit dem Lohn; seht auf die Uhr, es ist halbzehn, das alles ist ja fast ein Hohn. Nun sollten wir nicht länger warten mit der Bude und den Brettern, da hilft auch nicht das Wettern, nicht das Fummeln mit den Karten, wenn es einen Anfang haben muss nicht bei Methusalem dem Alten, nein, bei den neuen Krummgestalten, die da kommen mit der harten Nuss.
Was war, da stehn die Uhren lange still, ob man’s glaubt und doch nicht will; die Zeiten rasen weiter wie verrückt, mit dem Verquerten ist es ganz verzwickt. Unterm Teppich sind die Schreiben, da sollen wir nicht länger bleiben, drum hab ich die Bretter mitgebracht, damit ich meine Bude hab. Da bin ich sicher, dass sich nichts verkriecht, weil nichts ist, wo sich was verkriechen kann.
[nach einer kurzen Pause, in der er nach den richtigen Brettern sucht]
Nun kommt!, schafft, packt zu, dann habt ihr später eure Ruh. Umsonst ist nichts weder Luft noch Licht, so bauen wir die Bude auf und füllen sie mit leck’ren Dingen, sie werden kommen und zuhauf, Mütter werden ihre Kinder bringen. Doch schnell muss es gehn, um die Sachen zu besehn, die zum Kauf sind angeboten von Süßigkeiten bis zu Pfefferschoten.
[der Budenbesitzer ist noch mit dem Bau der Bude beschäftigt, bei dem ihm zwei runtergekommene Typen helfen.]
Erster Passant.
Bist du immer noch beim Bretternageln, da machst du aber kein Geschäft; die Würste sollten längst schon braten, das Geschäft, heute wird’s dir nicht geraten.
Budenbesitzer.
Komm in einer Stunde wieder, dann kriegst du Würste und noch Lieder gar gebraten und ganz knackig, zackig wird der Tag noch werden. Auf eine Stunde kommt’s nicht an, wenn du etwas Gutes haben kannst; fass dich etwas in Geduld, das Ganze ist nicht meine Schuld, wenn ich von einem Platz zum andern ziehen muss der hohen Miete wegen, da kämst du auch ins Wandern, wenn das Geld fehlt, meine Güte.
Zweiter Passant. [kommt von der anderen Seite]
Was redest du für einen Stuss, mach mit deiner Bude Schluss, qualmst uns blödes Zeug nur vor anstatt Vernünftiges zu tun.
Budenbesitzer.
Was redest du denn da herum, hast du die Wahrheit denn gepachtet? Du sprichst von Vernunft so dumm, der Mensch hat sie längst verachtet.
Mach du, was du zu tun hast, und lass mich mit deinem Zeug in Ruh; zieh dir den Senkel ein in deinen Schuh , und ich kümmere mich um meinen Gast.
Witzbold.
Ihr seht, sie lassen’s nicht und fahren sich in die gekämmten Haare schon am frühen Morgen und kennen nicht die Ware.
Wie soll es dann am Tage werden, na, ihr wisst es schon, nicht anders, als es schon ist, denn sie lernen nichts dazu.
Immer kommen sie mit alten Sachen, wollen sich dann wichtig machen, als wär’s der Weisheit letzter Schluss mit der harten Schale um die kleine Nuss.
Ich will es euch verraten, sie werden sich selber noch verbraten, wenn sie weitermachen wie bisher, da kann man sie nicht halten, bitte sehr!
Lehrer. [öffnet im Zorn das Fenster am Haus gegenüber]
He, du da, mit dem Nageln , kannst du das nicht lassen, es ist doch nicht zu fassen mit deinen Brettern und dem Krach.
Ich muss die Hefte korrigieren, mir läuft die Tinte übers Blatt. Was soll ich den Schülern sagen, wenn sie mich nach den Klecksen fragen?
Witzbold.
Hört ihr, nun kommt der Lehrer auch der Neunmalkluge mit dem spitzen Bauch, der lässt mit sich nicht spaßen, denn dem geht Schule über alle Maßen.
Wenn er über den Heften sitzt und schwitzt, mit dem Lupenauge nach dem Fehler sucht und den Vermerk des Fehlers als Erfolg verbucht, das Blatt dabei verschmiert und knickt.
Denn darin sind sich Lehrer einig, der Lerngang muss hart sein und auch steinig, denn die Kinder sollen etwas lernen, ob sie es verstehen wollen oder nicht.
Mal sehn, was der Budenmann dem Bildungsrat zu sagen hat, dem Zornesadern dick geschwollen sind, als wär er ernsthaft narrenblind, was mich nicht verwundern würde bei all der Lehr- und Fehlerbürde.
Budenbesitzer.
Herr Lehrrat, erst den guten Morgen, das nimmt doch schon die halben Sorgen, wenn sie mit den Heften weitermachen mit der roten Tinte in den Fehlersachen, dann wird es ihnen leichter fallen, auch das ohne Fehler noch zu sehn.
Doch ich muss mit meiner Bude leben, die zusammengenagelt werden muss; da führt kein Weg am Nageln vorbei, es sei, ich hätte das Kolumbusei.
Lehrer.
Was redest du geschwollen daher, wo sind die Manieren, wenn du mit einem Lehrer sprichst? Sag mir lieber, wer Kolumbus ist!
Budenbesitzer.
Er war Entdecker und kein Rat, er hatte Mut und schritt zur Tat, stach mit festem Holz ins Meer, für Wochen sah er nur noch Wasser, schaukelte über hohe Wellenberge, ob er seekrank wurde, weiß ich nicht, dann sah er Land, es war soweit, er setzte den Fuss auf unbekanntes Land mit trockner Absicht und nasser Hose.
Student. [hat das Dachfenster geöffnet, lacht schallend und ruft von oben runter]
Budenmann, gut hast du’s gesagt, was denkt er nun der hohe Rat, du scheinst ihm nicht zu schmecken, er hält dich für einen Narren.
So ist es mit den Gecken, was sonst hat er noch zu tun, wenn er nicht meckern kann, dann ist er krank.
Lehrer. [dreht den Kopf nach oben]
Sei du doch still, du dummer Kerl, dein Heft wird es dir zeigen, darin ist die reinste Blütenlese, voller Fehler ist dein Blatt.
Dass du es wagst, es ist unglaublich, den Lehrer noch zu kritisieren, der seine Tinte in deinem Heft verschwendet, um zu korrigieren, was zu korrigieren ist.
Budenbesitzer.
Es ist genug, vertragt euch endlich, setzt euch wieder an die Tische, korrigiert die Hefte, lernt die Stücke, du da oben, mach die Mücke.
Student.
Das Pensum, was zu lernen ist, ist groß, die Dinge fallen mir nicht in den Schoß, vor allem jene nicht von oben mit dem Denken und dem Geist.
Lehrer.
Mit der Jugend ist es schlimm, vorlaut