Aus den Tiefen des Tages und der Geschichte. Helmut Lauschke

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Aus den Tiefen des Tages und der Geschichte - Helmut Lauschke


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      Gänge und Keller sind mit ihnen vollgestopft.

      Nur dass die Köpfe unten ungeweihte sind,

      weshalb sie nicht an die Wände kommen.

      Reihen in Reih’ und Glied,

      das hat es immer gegeben.

      Dazu kommt dann das Lied,

      das erst nach dem Abpfiff verstummt.

      An und ab,

      im Tragen und im Trügen,

      in allen Lagen gibt’s die tausend Lügen,

      die nicht einfach wegzuschießen sind.

      Man kann hassen noch und nöcher.

      Nur wundert euch nicht über die Löcher

      in den Straßen und den Köpfen.

      Mit Schaufeln und Trompeten reißt ihr neue Gräben auf,

      mit Pfiffen und Stiefeln trampelt ihr sie wieder zu.

      Was das mit den kurzen und den langen Gräben soll,

      versetzt die Schaufelnden in Angst und Schrecken.

      Lieber die Taube in der Hand

      als die Wanze unterm Bett;

      lieber die Nägel im Türbrett

      als den Aufprall gegen die Wand.

      Aus den Sätzen und ihren Quintessenzen

      kommt, wenn auch spät, die Einsicht

      mit der erschreckenden Übersicht,

      was in den Kellerlabyrinthen abgelaufen ist.

      Prügelnder Sarkasmus und Schmerzen des Geprügelten,

      die Tötungsabsicht und der Mut in der Aussichtslosigkeit,

      unter dem flachen Kellergewölbe stoßen sie hart aufeinander.

      Es gibt Folterstufen mit den zerschlagenen Gesichtern,

      sie sind konsequent und erbarmungslos.

      Die Tötungsabsicht hält ihre Agenten geheim,

      deren Sicherheitszone die Dunkelheit ist.

      Sie ziehen nächtlich die quälenden Runden

      und sind mit Tagesanbruch wieder verschwunden.

      Der Zynismus reißt durch Treppenhäuser rauf und runter,

      es ist ein schreiend-brüllender Betrieb.

      Oben und unten wird gestöhnt und gelacht,

      werden die Schläge hart versetzt.

      Ertragen werden die Schmerzen der Hiebe,

      der gebrochenen Finger und rausgerissenen Nägel,

      der gestuften Elektroschocks und ausgedrückten Zigaretten.

      Es war einmal ein Jäger.

      Er war einer von den vielen,

      die wehrloses Wild jagten

      und beim Schießen nicht zögerten.

      Es war nach der Zeit,

      in der es das wilde Schießen nicht gab,

      weil die Achtung vor dem Leben noch größer war.

      Überhaupt gab es davor eine Kultur,

      die man menschenwürdiger nennen konnte.

      Sie wurde mit den folgenden Jahren zerrieben,

      dass immer mehr Stücke aus ihrem Kreis wegbrachen.

      Schließlich hat man sie ganz vergessen,

      die alte Zeit mit der Kultur, der Bildung und der Würde des Menschen.

      Keiner weiß mehr,

      wie das Leben in der Zeit der Bildung gewesen war,

      denn alle haben sich an die Hektik des täglichen Jagens

      und Gejagtwerdens längst gewöhnt.

      So gibt es das, was es davor nicht gab,

      jedenfalls in dem Ausmaß nicht,

      was aber nach Einschätzung der Dinge

      des Gejagtwerdens in Zukunft so bleiben,

      wenn nicht noch stärker werden wird.

      Jäger und Gejagter,

      Fäller und Gefällter,

      Stürmer und Gestürmter,

      Stiefelträger und Getretener,

      Schläger und Geschlagener,

      Brenner und Verbrannter.

      Es gibt sie mehr,

      als es sie früher je gegeben hat.

      Wenn dann die Erinnerung abbricht oder ganz verlorengeht,

      nimmt es nicht wunder,

      dass das Totschießen ein beliebter Massensport geworden ist.

      Flüche und Schreie bilden eine Schlange.

      Es kann die Wasserschlange sein,

      deren Zähne nicht giftig sind.

      Den Speichel verspritzen alle Schlangen,

      wenn sie richtig zischen.

      Speichel spritzt an den Gaumen,

      wenn der Mund weit offen ist.

      Es kommt zum bitteren Geschmack

      der Wirklichkeit auf der Zunge,

      dass man erschrickt,

      den Mund so weit aufgemacht zu haben.

      Andererseits muss man den Mund aufmachen,

      wenn Kaubares auf die Zunge kommen soll.

      Das eine ist gegen das andere zu balancieren,

      wenn außer dem Bitterstoff

      vom Süßstoff etwas geschmeckt werden soll.

      Die Tische der Vernehmung sind verschieden.

      Der Vernehmer sitzt hinter dem großen Tisch,

      und der kleine Tisch aus dem schlecht gehobelten Holz

      ist für den, der vernommen wird.

      Die Platten der kleinen Tische haben Kerben,

      die bei den vorausgegangenen Verhören hineingeschlagen wurden.

      Es ist durchaus berechtigt, sich zu fragen,

      ob denn die Verhörten das Verhör überlebten,

      und was einem selbst im und nach dem Verhör noch blüht,

      wenn einem die Glocke des Schweigens übergestülpt wird.

      Im Fenster wellt sich müßig das Sonnenlicht,

      dann kriechen die Lichtkringel über den Boden.

      Sie steigen an den Tischbeinen hoch bis auf die Tischplatte

      und weiter dem Vernehmer bis auf die Stirn.

      Kreuz und quer fahren die Züge durch sein Gesicht,

      je nachdem, wie sich der Kopf hebt, senkt und dreht.

      Die Kringel fahren auf und ab nach allen Seiten.

      Man


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