Siedend heiß. Rudi Kost

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Siedend heiß - Rudi Kost


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Richtige erst im Nachhinein, als Vorläuferin der vielen Falschen? Wie war Susan einzuordnen auf einer Skala von null, ganz falsch, bis zehn, ganz richtig?

      »Wo bleibt der Kaffee?«, rief Tante Olga.

      Zum Espresso präsentierte ich meine Sammlung von Digestifs: »Kirschwasser von Böhringer, Zwetschge von Keil, ein Bierbrand der Haller Löwenbrauerei. Alles aus der Region. Oder einen ganz ordinären Grappa?«

      Tante Olga probierte sich durch. Sie sah meinen skeptischen Blick und meinte nur: »Na und? Ich bin etwas angeschickert. Aber wenn es sein muss, trinke ich dich noch unter den Tisch, mein Junge.«

      Das schien mir gar nicht so abwegig, wenn ich ihren Konsum betrachtete.

      Ich bot Karin noch etwas an: »Vorglühen?«

      Sie schüttelte den Kopf: »Das Alter haben wir hinter uns.«

      Nach dem Kaffee sagte ich: »Und jetzt, Tante Olga, schleppen wir dich mit zum Unterwöhrd. Da ist große Party mit Liveband. Oder möchtest du lieber Boxauto fahren auf dem Rummel?«

      »Dafür bin ich zu alt. Ich mache noch einen Bummel durch die Stadt.«

      »Sei kein Spielverderber, komm mit!«

      »Geht ihr euch mal alleine amüsieren, Kinder.« Sie zwinkerte Karin zu. »Und macht euch keine Gedanken. Ich habe einen tiefen Schlaf.«

      »Tantchen, wir schlafen getrennt. Karin im Hotel, ich hier.«

      »Schön blöd«, kommentierte Tante Olga.

      Sie nahm mich auf die Seite. »A saubers Mädle!«, flüsterte sie mir zu. Bühnenflüstern. Bis in die letzte Reihe zu hören. Aus ihrem Mund allerdings ein großes Kompliment. Karin lächelte mir zu.

      ***

      So ließen wir den Abend auf dem Unterwöhrd ausklingen. Auf dieser großen Insel zwischen zwei Kocherarmen trutzte damals noch das hölzerne Globe-Theater, bevor es durch einen martialischen Steinbau ersetzt wurde, davor waren Imbissbuden aufgebaut, überall standen Biertische.

      Die Band versuchte sich gerade an »Angie«. Wenigstens klang das, was aus den Boxen bullerte, entfernt danach. Vielleicht waren die Jungs auch besser, als es sich anhörte. Der Soundmixer hatte offensichtlich sein Hörgerät verloren.

      Es war voll. Alle waren ausgelassen und fröhlich und genossen die Nacht, die so warm war wie sonst manche Sommertage nicht. Die Stadt stimmte sich langsam auf das Festwochenende ein. Noch waren die Einheimischen unter sich. Die Touristenströme würden erst morgen einfallen.

      Wir waren bester Stimmung, tanzten, lachten, tauschten Erinnerungen aus, tratschten über alte Bekannte und ein bisschen auch über uns. Über damals und heute. Es war wie in alten Zeiten, vor dem unrühmlichen Ende.

      Falsch.

      Es war besser denn je zuvor.

      Ich verbannte alle Gedanken an meine derzeitige Herzallerliebste, die jetzt wer weiß was am Gardasee trieb, und genoss Karin in meinen Armen. Die Nacht war schön, so jung kamen wir nicht mehr zusammen, und einmal ist keinmal.

      Wir spazierten durch den Park, nicht mehr ganz sicher auf den Beinen, eng umschlungen, und alberten herum wie Teenager. Schließlich schlenderten wir hinunter zu einem der Kocherarme, wo der Fluss einen kleinen Kieselstrand angespült hatte. Die Band machte gerade Pause, wir hörten das leise Gluckern des Wassers.

      Es war herrlich romantisch, der Mond, der sich im Wasser spiegelte, die laue Nacht, die Blätter der alten Bäume säuselten im schwachen Wind, nur das Lachen fröhlicher Menschen und sonst kein Lärm.

      Irgendwie kam meine Hand auf Karins Pobacke zu liegen und wurde nicht weggeschoben. Als gehörte sie dorthin, seit ewig. Etwas baute sich auf, wie vor einem Gewitter. Ich hatte einen plötzlichen Schweißausbruch, mein Herz raste.

      Keiner von uns stieß einen Schrei aus. Wir waren zu überrascht und zu schockiert, als wir hinter dem Gebüsch über die Leiche von Andrea Frobel stolperten.

      Ich war schlagartig ernüchtert und rief Kommissar Keller auf seinem Handy an.

      ***

      Nun standen wir also um Andrea Frobel herum. Mitternacht war längst vorbei. Die polizeiliche Routine lief. Der Polizeiarzt war mit seiner ersten Untersuchung fertig.

      »Vergewaltigt?«, fragte Keller.

      Doktor Klumpp schüttelte den Kopf. »Sieht nicht so aus. Wenn, dann hat sie sich nicht gewehrt. Keinerlei Spuren von Gewaltanwendung.«

      Er packte seine Sachen zusammen und fuhr fort: »Aber sie hatte GV kurz vor ihrem Tod. Un­geschützt.«

      Keller guckte erst verblüfft, bis sich ein hämisches Grinsen breitmachte. »Dann hat der Täter wenigstens seine Visitenkarte hinterlassen. Ich werde mich bei ihm bedanken, wenn ich ihn habe.«

      »Ich sorge dafür, dass Sie die DNA-Analyse schnellstmöglich bekommen«, versprach der Arzt.

      »Was können Sie zum Todeszeitpunkt sagen?«, fragte Keller.

      »Vor ungefähr eineinhalb Stunden«, sagte Dr. Klumpp, »vielleicht auch vor einer. Genaueres wie üblich nach der Obduktion.«

      Keller fuhr herum und starrte mich an. Auch ich hatte zurückgerechnet und wusste, was ihm durch den Kopf ging.

      Vor etwa einer Stunde hatten wir die Leiche entdeckt. Der Mörder musste an uns vorbeigegangen sein.

      Keller grummelte mich an: »Hättest du früher mit dem Turteln begonnen, dann hättest du den Mord verhindert.«

      Diese Bemerkung war unsinnig, und das wusste er selbst. Aber ich nahm es ihm nicht übel. Keller war gehörig im Stress. Ich merkte das daran, wie er auf seinem kalten Zigarillo herumkaute.

      Bisher hatte er Karin ignoriert, nun fauchte er sie grob an: »Und wer sind Sie eigentlich?«

      »Staatsanwältin Karin Brunner«, stellte ich gelassen vor.

      Wenn man Keller richtig überraschte, konnte man an jedem Muskel seines zerfurchten Gesichtes ablesen, welche Fortschritte seine Denkarbeit gerade machte. Und jetzt arbeitete sein Gehirn sehr hart. Eine Staatsanwältin? Hier am Tatort? So schnell? Und eine, die er gar nicht kannte?

      Ich erlöste ihn.

      »Staatsanwältin Karin Brunner aus München, auf Privatbesuch in Schwäbisch Hall«, klärte ich auf.

      Keller lockerte sich sichtlich und schaute Karin interessiert an.

      »Dann haben wir ja professionelle Hilfe aus der Großstadt«, lächelte er sie an. Tatsächlich, er lächelte. Das sah man selten bei ihm. Gelegentlich grinste er, meistens süffisant, gelegentlich bösartig. Aber lächeln? Ich schrieb das der späten Stunde zu und dem Druck, unter dem er stand.

      Der Arzt verabschiedete sich. Keller gab ihm seine Nachtarbeit mit auf den Weg: »Ich brauche die Ergebnisse unbedingt bis morgen früh. Sie wissen, das ist eine ganz besondere Tote.«

      Jeder verstand, was er meinte, nur Karin nicht.

      »Was ist bei dieser Toten anders als bei anderen?«, fragte sie Keller leicht indigniert.

      Ich sprang Keller bei, er hatte genug um die Ohren. »Andrea war bei den Siedern.«

      »Das hab ich schon kapiert.«

      »Und die Sieder feiern drei Tage lang ihr großes Fest …«

      »Deshalb bin ich ja hier.«

      »… mit rund 500 Akteuren.«

      »Da wird sich doch noch ein Ersatz für diese Andrea finden lassen.«

      »Das ist bestimmt nicht das Problem«, meinte ich. »Das liegt woanders. Auf dieses Pfingstwochenende arbeiten die Sieder das ganze Jahr hin. Drei Tage lang sollen sie Stimmung machen und wollen selber fröhlich sein und heftig feiern. Die Stimmung dürfte schon etwas leiden, wenn eine der Ihren ermordet worden ist.«

      Glücklicherweise,


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