DER ELEGANTE MR. EVANS. Edgar Wallace

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DER ELEGANTE MR. EVANS - Edgar Wallace


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skrupellosen Machenschaften der Tippgeber auf die schiefe Bahn des Diebstahls kam. Ich bin durch Tipps ruiniert worden, und wenn es eine Gerechtigkeit gibt, dann müsste neben mir noch ein anderer hier stehen.«

      Im Hintergrund des Gerichtssaales wand sich Educated Evans wie ein Aal.

      »Ich habe eine Frau«, fuhr ‚Nosey’ fort, »wie man sie nur einmal im Leben findet. Ich habe zwei liebe kleine Kinder und ich bitte Euer Ehren zu bedenken, wie ich wegen der Pferderennen und der Wetten und wegen dieses Tippgebers in Versuchung geriet.«

      »Sechs Monate Zwangsarbeit«, sagte der Richter, ohne aufzuschauen.

      Auf der Straße vor dem Gerichtsgebäude wartete Mr. Evans geduldig, bis der Müller erschien.

      »’Nosey’ hat in seinem Leben niemals mehr als einen Shilling für die Wette auf ein Pferd gehabt«, sagte er bitter, »und er hat Schulden! Mir wird das Brot durch Verleumdungen und Verdrehungen vom Mund weg-genommen; glauben Sie, Mr. Challoner, das kommt alles in die Zeitung?«

      »Bestimmt«, sagte der Müller erheitert und Educated Evans stöhnte auf.

      »Dieser Mann ist schlimmer als Lucreature Burgia*, die berühmte Giftmischerin«, sagte er, »über die Shakespeare ein Stück geschrieben hat. Er ist eine wahre Schlange. Und glauben Sie doch nicht, ich hätte ihm den Tipp mit ‚Penwiper’ für das Manchester-Rennen im November gegeben! Ebenso wenig hat er mich jemals gefragt, ob ich vielleicht Geld brauche! Mr. Challoner, ich bitte Sie!«

      Challoner drehte sich weg und gab es auf.

      »Es war dieser Yardley, oder? Ich meine, der Trainer?«

      Der Müller schaute ihn vorwurfsvoll an.

      »Es kann sein, dass ich allmählich alt werde und mein Gedächtnis nachlässt«, sagte er, »aber ich meine mich zu erinnern, dass du mir letztens den Tipp mit ‚Tellmark’ gegeben hast; dabei erwähntest du, ein persönlicher Freund von Mr. Yardley zu sein. Und die Art und Weise, wie er darauf bestanden haben soll, dass du ihn an etlichen Wochenenden besuchst, nanntest du ein öffentliches Ärgernis.«

      Educated Evans zuckte nicht einmal mit der Wimper.

      »Das war sein Bruder«, sagte er.

      »Dann muss er gelogen haben, als er mir sagte, er habe gar keinen Bruder«, erwiderte der Müller.

      »Sie haben sich gestritten«, antwortete Educated Evans unbekümmert. »Tatsächlich hat keiner jemals den Namen des anderen in den Mund genommen. Sehr traurig, wenn Brüder sich streiten, Mr. Challoner. Ich habe mein Bestes versucht, sie wieder zu versöhnen – aber was soll’s! Über ‚Amboya’ hat er kein Wort verloren, stimmt’s?«

      »Er sagte nichts, was ich dir erzählen könnte«, war die unbefriedigende Antwort; damit ließ er Evans zurück, sich Mittel und Wege zu überlegen, wie er mit dem Zauberer von Stotford näheren Kontakt aufnehmen könnte.

      Was Publicity anging, wurden alle seine Befürchtungen wahr. Eine Abendzeitung titelte:

      Durch Tippgeber ruiniert

      Ein vormals erfolgreicher Kaufmann muss wegen Diebstahls ins Gefängnis.

      Und ein Morgenblatt mag stellvertretend für den Rest der anderen Zeitungen erwähnt werden:

      Tippgeber verantwortlich

      Die Pest des Turf vernichtet ein Zuhause

      Detective-Sergeant Challoneer sprach im Midland Hotel vor, wo er auf Mr. Yardley traf.

      »Nein, danke sehr, Sir.« Der Müller blieb fest. Er vergaß nie, dass er als Schuljunge in dem Ruderboot saß, das gegen Eton gewonnen hatte. Auch sonst war er in mancherlei Beziehung etwas eigen.

      Also steckte Mr. Yardley den vorbereiteten Fünfer wieder in seine Tasche.

      »Ich setze einen Zehner auf alles, was mir gerade einfällt«, sagte er. »Übrigens, wer ist dieser Tippgeber- dieser Kerl, den der Gefangene meinte?«

      Der Müller lächelte.

      »Educated Evans«, sagte er und fügte eine Beschreibung hinzu. Mr. Yardley nickte.

      Auf der Reise nach Lincoln übernachtete er in London und langweilte sich ein bisschen. Er hatte den ‚Racing Calendar’ gelesen, von der Rennliste des laufenden Jahres angefangen bis zur letzten Seite mit dem aktuellen Hindernisrennen. Er hatte geistig die überraschenden Qualitäten von Zuchthengsten verarbeitet, die für 48 und 1 Guineas (ca. 1000 Shilling = ca. 50 Pfund; d.Ü.) versorgt und gepflegt werden und die Liste der Vertragsstrafen von Aaron bis Znosberg hätte er fast schon auswendig hersagen können. Er sehnte sich sehr nach Abwechslung, als endlich ein Hotelpage ihm eine Visitenkarte brachte.

      Es handelte sich um eine große Karte, geschmackvoll umbrämt mit pinkfarbenen und grünen Rosen. Hinter seinem goldenen Rand standen diese Worte gedruckt:

      J. T. E V A N S

      (besser bekannt als »Educated Evans«!)

      In der Welt führender Turfratgeber und Renn-Experte

      c/o Jockey Club, Newmarket, oder direkt:

      81 Bayham Mews, S.W. 1

      «Der Mann, der den Tipp für ‘Braxted’ gab!!

      Was für ein Prachtexemplar!« siehe PRESSE

      Mr. Yardley las den Text und blieb bei den Druckfehlern hängen.

      »Page, bringen Sie den Gentleman hinauf«, sagte er.

      So trat Educated Evans vor ihn, in würdiger Pose und vor allem entschlossen.

      »Ich hoffe, Sie finden mein Geschäft wichtig genug, dass Sie mein Eindringen entschuldigen können.« Mit dieser Einleitung einzutreten hatte er sich vorgenommen.

      »Nehmen Sie Platz, Mr. Evans«, sagte Yardley und Educated Evans legte seinen Hut unter den Stuhl und setzte sich.

      »Ich denke viel über die Dinge nach in der Abgeschiedenheit meiner Höhle...«, begann Evans nach einem anfänglichen Hüsteln.

      »So sind Sie auch noch ein Löwenbändiger?«, fragte der Zauberer von Stotford interessiert.

      »Nun, mit dem Wort ‚Höhle’ oder ‚Bau’ meinte ich natürlich mein Arbeitszimmer«, sagte Evans würdevoll. »Um nicht wie die Katze um den heißen Brei zu laufen, wie ein bekanntes Sprichwort sagt, ich habe da von einem Coop gehört.«

      »Ein – was?«

      »Ein Coop«, sagte Evans

      »Also ein Hühnerstall?«, fragte der Zauberer verwirrt.

      »Es ist ein französisches Wort und bedeutet Betrug«, sagte Evans.

      »Oh, ich verstehe. ‚Coup’ – es wird ‚Ku’ ausgesprochen, Mr. Evans.«

      Educated Evans runzelte die Stirn.

      »Das ist Jahre her, seit ich in Paris war«, sagte er; »und ich nehme an, dass sich die Bedeutung geändert hat. Es hieß doch immer coop, aber diese Franzosen murksen ständig mit den Wörtern herum.«

      »Und wer ist nun mit diesem Betrug beschäftigt?« fragte der Trainer höflich, indem er die alte französische Bedeutung von ‚coup’ übernahm.

      »Higgson.«

      Educated Evans sprach das Wort absichtlich mit deutlicher Betonung aus. Hinter Higgson verbarg sich ein weiterer geheimnisvoller Trainer. Auch seine Pferde gewannen immer dann, wenn man es am wenigstens erwartete. Und nach einem solchen Sieg versammelten sich immer kleine Grüppchen von Leuten am Sattelplatz und fragten sich gegenseitig, wo die Stewards ihre Augen gehabt hatten und warum man Higgson nicht hinausgeworfen hatte.

      »Sie interessieren mich«, sagte der Trainer von ‚Amboy’. »Meinen Sie, dass er mit ‚St. Kats’ gewinnen wird?«

      Evans nickte mit noch größerem Nachdruck.

      »Ich halte es für


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