Kiss and Cook in Schottland. Tanja Neise

Читать онлайн книгу.

Kiss and Cook in Schottland - Tanja Neise


Скачать книгу

      »Ja, das hab ich im Fernsehen gesehen, doch schön ist das nicht. Nehmen Sie es mir nicht krumm, aber ich finde eine Hose ohne Löcher sehenswerter, ob modern oder nicht.« Mrs Reid schenkte ihr ein bezauberndes Lächeln und ein Zwinkern, sodass Fiona gar nicht böse auf sie sein konnte.

      »Okay, verstanden. Dennoch verstehe ich nicht so ganz, warum ich mich umziehen soll.« In dem Moment, als sie die Frage gestellt hatte, fiel ihr wieder das erwähnte Dorffest ein.

      Mrs Reid bestätigte ihre These: »Na, das große Fest, Schätzchen. Sie kommen natürlich mit und auf dem Weg dorthin erzählen Sie mir mal von dem Job, der Ihnen durch die Lappen gegangen ist. Vielleicht können wir da ja noch etwas dran ändern. Aber jetzt muss ich mich erstmal selbst ein wenig schick machen. Auch ältere Frauen sollten zu einer gesellschaftlichen Veranstaltung entsprechend gekleidet sein. Vor allem, wenn sie ohne Ehemann sind. Stimmt´s?« Wieder lächelte sie und Fiona lächelte selig zurück. Diese Frau war ein wahrer Wirbelwind und der Traum von einer Schwiegermutter. Für eine Großmutter, selbst wenn sie den Job gut ausübte, war sie ein wenig zu jung.

      Na schön, damit sich die gute Dame nicht mit ihr schämen müsste, würde ein Kleiderwechsel eben von Nöten sein. Und vielleicht könnte sie auch ausnahmsweise die extrem auffallenden Ohrringe rausnehmen und schlichtere wählen. Dies war ein Kuhkaff in Schottland, vermutlich hatten die Leute hier noch nie einen Menschen mit mehr als zwei Ohrlöchern gesehen, geschweige denn mit acht und dann noch ein Nasenpiercing obendrauf. Ihre schwarz gefärbten Haare mit den lila Strähnen waren an diesem Ort wahrscheinlich schon Herzinfarkt gefährdend für die älteren Leutchen. Okay, also heute die brave Tour.

      Sie bürstete sich das Haar ordentlich aus - dahin war die kunstvoll toupierte Frisur - stattdessen steckte sie alles zu einem einigermaßen hübschen Dutt hoch und wechselte die Kreuze und Totenköpfe an ihrem Ohrläppchen gegen Perlenstecker aus. Schließlich konnte sie auch anders, zumindest wenn sie wollte. Ihre rebellische Phase war schon Monate oder eher Jahre vorbei, aber bisher hatte sie sich noch nicht aufraffen können, ihr Aussehen komplett umzustellen.

      In ihrem Koffer fand Fiona eine enge weiße Röhrenjeans und rundete das Outfit mit einer langen schwarzen Tunika ab. Eine Perlenkette dazu und sie sah aus, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Die lila Strähnchen blitzten zwar verräterisch zwischen den schwarzen Haaren hervor, aber das würden die kurzsichtigen Rentner dieses Dorfes hoffentlich nicht bemerken. Das starke Make-up wusch sie vorsichtshalber auch vom Gesicht und legte lediglich einen Hauch Mascara und Lipgloss auf. So hätte man sie fast für eine Einheimische halten können - fast.

      KAPITEL 6

      Adam

      Die Beats des neuen Songs, an dem er gerade arbeitete, dröhnten durch das Wohnzimmer. Er spielte das Stück nun schon zum hundertsten Mal ab. In der Melodie fehlte ihm noch der letzte Schliff, aber er konnte das Problem im Moment nicht erkennen, seine Gedanken wanderten immer wieder zu dem bevorstehenden Abend, an Konzentration war nicht zu denken. Das Dorffest lag ihm seit einigen Stunden schwer im Magen und insgeheim überlegte er sich bereits eine Ausrede, doch er bezweifelte, dass irgendetwas ihn vor diesem gesellschaftlichen Ereignis retten könnte.

      Der Song war zu Ende und bisher hatte er keine zündende Idee, weder was die Musik betraf, noch wegen des Dorffests. Frustriert schnaubend stand er auf und bekam sofort Besuch. Aus einem der anderen Zimmer schoss sein Hund ins Wohnzimmer, als wäre er von einer Tarantel gestochen worden. Im Normalfall wich ihm der kleine Rüde nicht von der Seite, außer Adam war in seinem Tonstudio oder hatte die Musik so laut aufgedreht, wie gerade eben. Dann verkrümelte sich sein tierischer Mitbewohner immer.

      »Tyler, du weißt ehrlich gesagt nicht, wie gut du es hast.« Der Hund sah ihn schwanzwedelnd an und antwortete ihm mit einem Hecheln, was eher so aussah, als würde er Adam auslachen. »Du kleiner Racker! Du hast gut lachen, musst ja schließlich nicht mit und kannst es dir stattdessen auf der Couch gemütlich machen.«

      Kopfschüttelnd ging er in die Küche und füllte den Fressnapf mit einer ordentlichen Portion für seinen besten Freund, der sich sogleich darüber hermachte. Der Hund verstand ihn besser, als so mancher Mensch.

      Mit gemischten Gefühlen ging Adam in sein Schlafzimmer und öffnete den Kleiderschrank. Ganz rechts außen hing der Kilt, den sie ihm letztes Jahr aufgenötigt hatten. Den würde er ganz bestimmt nicht anziehen. Traditionen hin oder her, Adam Ward trug keine Röcke! Schulterzuckend zog er sich ein frisches T-Shirt an und ein Hemd darüber, die Leute würden ihn vermutlich terrorisieren und immer wieder fragen, wo sein Kilt war.

      Wohl oder übel musste Adam heute in den sauren Apfel beißen. Vielleicht hatte er ja Glück und Erin hätte in der Zwischenzeit die Grippe erwischt, dann wäre dieses Weib wenigstens nicht da und niemand würde versuchen, sie miteinander zu verkuppeln. Vermutlich würden die alten Leute erst Ruhe geben, wenn er oder Erin verheiratet wären - als Paar oder mit jemand anderem. Vielleicht sollte er allen erzählen, dass er schwul sei. Das wäre eventuell eine Waffe gegen die Kuppelei, aber dann würden sie ganz bestimmt mit alleinstehenden homosexuellen Männern bei ihm antanzen. Nein, das war auch keine Option.

      Für ein oder zwei Stunden musste er da durch. Er hoffte inständig, dass es nicht so schlimm werden würde, wie er dachte, und griff nach dem Schlüsselbund.

      Die Klänge einer Geige schlugen ihm entgegen, als er die große Eichentür des Rathauses öffnete und unweigerlich fingen seine Beine an, im Takt der gälischen Töne zu zucken. Die rasante Melodie ließ sein Herz schneller schlagen und die gute Laune unter den bereits anwesenden Menschen war greifbar und zum Teil auch ansteckend. In dem großen Raum, der für Feierlichkeiten vorgesehen war, herrschte eine ausgelassene Stimmung und von überall erklang das Lachen der Feiernden.

      Das Licht war leicht gedimmt, sodass er einen Moment brauchte, bis sich seine Augen daran gewöhnt hatten. Wie erwartet trugen fast alle Männer in diesem Raum einen Kilt. Adam musste zugeben, dass das Kleidungsstück bei den meisten recht ansehnlich war. Vielleicht würde er im nächsten Jahr eine Ausnahme machen und auch einen tragen, schließlich gehörte er jetzt hierher.

      An der linken Seite erblickte er ein großes Buffet. Traditionell brachten alle Besucher eine Speise mit und die Getränke wurden durch eine Kasse finanziert, in die jeder einen Obolus hineinwarf. Man vertraute hier einander und bisher war ihm noch nie zu Ohren gekommen, dass dieses System nicht funktioniert hätte.

      Da er in Sachen Kochen eine absolute Niete war, hatte er mit den Organisatoren bereits beim letzten Mal die Vereinbarung getroffen, sich lediglich mit einer ordentlichen finanziellen Spende zu beteiligen. So würde er auch dieses Jahr einfach seinen Obolus ein gutes Stück größer ausfallen lassen, als es üblich war. Insgeheim vermutete Adam, dass eh niemand etwas essen würde, wenn er sich selbst an den Herd gestellt hätte. Kochen oder besser gesagt die Zubereitung von essbaren Lebensmitteln, war definitiv nicht seins. Außerdem waren die Einwohner in diesem ruhigen Dörfchen teilweise sehr rückständig, was ihre Sichtweise der Geschlechterrollen betraf. Ein Mann grillte, aber kochte doch nicht. Und wenn, dann war es eher in die Ecke des Ungenießbaren einzusortieren. Also sparte er sich die Mühe. Außerdem war er wirklich kein Künstler in der Küche, die Leute hatten recht, zumindest was ihn anging.

      »Hey Junge!« Vor ihm stand der nette Mr Duncan - klein, untersetzt, mit Glatze und immer ein Lächeln auf den Lippen - man musste ihn einfach mögen. Außerdem stellte er in seiner Gartenlaube den besten Selbstgebrannten her, den Adam je getrunken hatte. »Schön, dass du gekommen bist!«

      Als wenn ich eine Wahl gehabt hätte, dachte Adam sarkastisch, aber das sagte er ihm nicht. Der ältere Mann konnte schließlich nichts für das herrische Verhalten der Frauen in diesem Dorf. Vermutlich hatte er früher, als junger Bursche, auch unter der Kuppelei leiden müssen. Diese Tradition machte aus den Männern hier in Kinloch Rannoch Leidensgenossen. Stattdessen antwortete Adam: »Das konnte ich mir doch nicht entgehen lassen.«

      Mr Duncan lachte laut auf. »So ist´s


Скачать книгу