Multisystem-Erkrankungen erkennen und verstehen. Sibylle Reith

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Multisystem-Erkrankungen erkennen und verstehen - Sibylle Reith


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Dazu gehören: Herbizide („Unkraut“vernichtung) als quantitativ stärkste Gruppe, sowie Fungizide (gegen Pilzbefall), Insektizide (gegen Insekten) und Akarizide (gegen Spinnen).

       Biozide: Substanzen und Produkte, die im nicht-agrarischen Bereich gegen Insekten, Mäuse oder Ratten, aber auch Algen, Pilze oder Bakterien eingesetzt werden.

      Die Zulassung von Pestiziden wird vom Landwirtschaftsministerium koordiniert, das sich mit weiteren vier Behörden abstimmt. Das schwerfällige Verfahren führt zu erheblichen, teils jahrelangen Verzögerungen der Überprüfungen.

      Pestizidbelastung durch Abdrift

      Im September 2020 wurde eine Studie zur Pestizidbelastung durch Luftverfrachtung (fachsprachlich: Abdrift) veröffentlicht, die das Umweltinstitut München gemeinsam mit dem Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft (dem 45 Bio-Unternehmen, die Bürgerinitiative Landwende und die Schweisfurth-Stiftung angehören) in Auftrag gegeben hatte. An 116 Standorten in ganz Deutschland wurde die Luft auf Pestizide untersucht, darunter auch Schutzgebiete. Gesammelt wurde in u.a. durch Passivsammler und mit Hilfe von Luftfiltermatten aus Passivhäusern. Das Umweltinstitut informierte:

In nahezu allen Proben wurden Rückstände von mehreren Pestiziden gefunden – egal, ob auf dem Land, in Schutzgebieten oder in der Stadt untersucht wurde.

       Insgesamt fanden sich in den verschiedenen Sammelmedien 124 unterschiedliche Pestizidwirkstoffe sowie 14 Abbauprodukte von Pestiziden.

       Darunter waren auch fünf Substanzen, für die – nach Einschätzung der für die Bewertung von Pestiziden zuständigen Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA – die Luftverfrachtung nicht zu erwarten war.

       30 % der nachgewiesenen Pestizidwirkstoffe waren in Deutschland zum jeweiligen Messzeitpunkt nicht mehr (DDT, Lindan) oder noch nie zugelassen.

      Die Studie und Informationen zum Thema finden Sie auf den Webseiten des Umweltinstituts München. 3.3.1/3 Umweltinstitut München

      Und die Behörden?

      Von staatlicher Seite gibt es – bei einer jährlichen Verwendung von mittlerweile jährlich durchschnittlich mehr als 30.000 Tonnen an Pestizid-Wirkstoffen – keine umfassenden behördlichen Untersuchungen zur Luftverfrachtung. Am 6. August 2020 – im Jahr 128 nach der Ausbringung des ersten synthetischen Pestizids Dinitrocresol im Jahr 1892 – informierte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit BVL, dass ein Gutachten zur Darstellung und Erörterung der Verfrachtungsproblematik geplant sei. 3.3.1/4 BVL Vorgeschlagen wird ein bundesweites Monitoring zur Verfrachtung von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen über die Luft. Am 28.08.2020 kam das BVL dem mehrfach geäußerten Wunsch nach einer Veröffentlichung der Machbarkeitsanalyse nach. 3.3.1/5 BVL

⇒ Weitere InformationenDie EU-Chemikalienverordnung REACH2007 trat die EU-Chemikalienverordnung REACH in Kraft. REACH steht für Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals/Deutsch: Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, die von der Europäischen Chemikalienagentur ECHA umgesetzt wird. Derzeit können in einem Zeitraum von fünf Jahren die Unterlagen von ca. 1.000 Chemikalien geprüft werden. Informationen z. B. vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. 3.3.1/6 BMUEine „Kandidatenliste“ der als „besonders besorgniserregende Stoffe“/„Substances of Very High Concern/SVHC“ identifizierten Chemikalien kann bei der Europäischen Chemikalienagentur/ECHA eingesehen werden. Stand am 11.11.2020: 209 SVHC. 3.3.1/7 ECHAPestizidfreie KommuneDas Umweltbundesamt hat internationale Informationen und weiterführende Links zum Thema „pestizidfreie Kommune“ zusammengestellt. 3.3.1/8 UBASchadstoffe als Ursache oder Auslöser endokriner StörungenSchulte-Uebbing, C., Landenberger, M., Pfab, F., Antal, L.: Schadstoffe als Ursache oder Auslöser endokriner Störungen und chronischer Erkrankungen. Aminosäuren in der Prävention oder Therapie dieser durch Schadstoffe (mit) ausgelösten Erkrankungen. 3.3.1/9 Schulte-Uebbing et al.
⇒ Tipps für VerbraucherUmweltinstitut MünchenDas Umweltinstitut München fordert ein europaweites Komplettverbot chemisch-synthetischer Pestizide. Sie können ein „Pestizid-Infopaket“ anfordern und sich über die Europäische Bürgerinitiative Bienen und Bauern retten informieren. 3.3.1/10 Umweltinstitut MünchenAsk REACH„Hersteller und Händler müssen Verbraucherinnen und Verbraucher auf Anfrage über „besonders besorgniserregende Stoffe“ in Produkten informieren. Die UBA-App Scan4Chem wurde im Rahmen des EU-LIFE-Projektes AskREACH mehrfach überarbeitet. Die neueste Version steht seit Oktober 2020 in Deutschland zum Download bereit. Die App ist mittlerweile in insgesamt 15 europäischen Ländern verfügbar.“ Zitat aus der Webseite. 3.3.1/11 UBABUNDDer Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland/BUND hat mit Unterstützung des Umweltbundesamts ein Internetportal entwickelt, auf dem man beim Anbieter eines Produktes nachhaken kann, ob gefährliche Chemikalien enthalten sind. Dort kann die Artikelnummer eines Produkts in ein Online-Formular eingegeben werden. Der entsprechende Hersteller wird dann automatisch ermittelt und eine Anfrage wird erstellt. Hersteller und Händler sind verpflichtet, Auskunft zu geben. 3.3.1/12 BUND Der BUND hat zur Vermeidung gefährlicher Chemikalien im Alltag zehn Tipps veröffentlicht. 3.3.1/13 BUNDThe ECOTOXicology Knowledgebase/ECOTOXECOTOX ist eine US-amerikanische öffentlich zugängliche Wissensdatenbank. Die ECOTOX-Datenbank enthält die über 30 Jahre archivierten Daten zu gemeldeten chemischen Auswirkungen auf ökologische Arten. 3.3.1/14 ECOTOX

      3.3.2 Schwermetalle

      Schwermetalle gelangen hauptsächlich durch menschliche Aktivitäten in die Umwelt. Der natürliche Eintrag, z. B. durch Verwitterung oder durch Vulkane ist relativ gering.

      Unter dem Begriff „Schwermetall“ werden im allgemeinen Sprachgebrauch schädigende Metalle verstanden, streng chemisch gesehen sind auch Leicht- oder Halbmetalle darunter. Metalle wie Zink, Selen, Magnesium, Kupfer, Mangan und Kobalt sind essenzielle Spurenelemente, d.h. wir sind darauf angewiesen, sie in kleinsten Mengen aufzunehmen. Viele Schwermetalle wirken jedoch toxisch, manche schädigen uns hormonell und/oder wirken neurotoxisch. Für elf Substanzen ist eine hirnschädigende Wirkung eindeutig belegt. Dazu gehören Blei, Mangan, Quecksilber, Fluor- und Chlorverbindungen, sowie mehrere Pestizide und Lösungsmittel. Für weitere 214 Substanzen gibt es starke Hinweise, dass sie neurotoxisch wirken. Davon wird mindestens die Hälfte in großen Mengen produziert. Ob und wie diese Faktoren unser Erbgut verändern, wissen wir nicht. Die Hinweise mehren sich, dass Umweltfaktoren bei manchen Genen eine zunehmende Methylierung nach sich ziehen und so die Aktivitäten dieser Gene drosseln.

Schwermetalle schädigen uns doppelt: sie sind hochgiftig und sie entziehen uns lebenswichtige Mikronährstoffe. Der Einfluss von Schwermetallen wird unterschätzt, weil er, außer bei akuten Vergiftungen, nicht unmittelbar wahrgenommen werden kann.Schwermetalle können, einmal in das Körperinnere gelangt, über Jahrzehnte gespeichert werden. Sie reichern sich lebenslang vor allem in Fettzellen an und sind durch die üblichen Urin- oder Serumblut- Untersuchungen kaum nachweisbar.

      Ein makabres Detail am Rande: Krematorien müssen mit Spezialfiltern ausgestattet werden, weil die Toten schadstoffbelastet sind. Das hochtoxische Gemisch aus Schwermetallen, Dioxinen, Quecksilber und (Chemo-)Medikamenten, das sich am Ende eines Lebens im Körper angehäuft hat und bei der Verbrennung des Leichnams übrigbleibt, muss in Salzstöcken endgelagert werden.

      Zum Beispiel: Blei

      Exemplarisch für die Toxizität von Schwermetallen wird hier Blei beschrieben. Die organische Bleiverbindung Tetraethylblei wurde bis Ende der 1980er Jahre als Antiklopfmittel Benzin beigemischt und auch heute noch wird das Weichmetall Blei aus vielen Quellen in die Umwelt entlassen. Die Umweltprobenbank des Bundes fasst zusammen:

      „Für viele Bleiverbindungen gelten folgende umweltrelevante Merkmale:

       Toxisch für Menschen

       Toxisch für aquatische und terrestrische Organismen

       Im Tierversuch kanzerogen, teratogen und reproduktionstoxisch

       Eventuell endokrin wirksam

       Bioakkumulationspotenzial:


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