Hauptwerke: Der Kaufmann von Venedig, Der Widerspenstigen Zähmung, Die Komödie der Irrungen, Ein Sommernachtstraum, V.... William Shakespeare
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Straße.
Antipholus von Syrakus tritt auf.
ANTIPHOLUS.
Das Gold, das ich dem Dromio gab, liegt sicher
Mir im Zentauren, und mein treuer Diener
Ist ausgegangen, um mich aufzusuchen.
Nach Zeit und Stund' und meines Wirts Bericht
Konnt' ich mit Dromio nicht gesprochen haben,
Seit ich vom Markt ihn schickte. – Sieh, da kommt er!
Dromio von Syrakus kommt.
Nun, Freund? ist dir der Übermut vergangen? –
Nun spaße wieder, wenn du Schläge liebst!
Du kennst den Gasthof nicht? Bekamst kein Gold?
Dich schickt die Frau, zum Essen mich zu rufen?
Ich wohn' im Phönix? Sag mir, warst du toll,
Daß du mir solche tolle Antwort gabst? –
DROMIO VON SYRAKUS.
Welch eine Antwort, Herr? Wann war das alles?
ANTIPHOLUS.
Jetzt eben hier, kaum vor 'ner halben Stunde.
DROMIO VON SYRAKUS.
Ich sah Euch nicht, seit Ihr das Gold mir gabt
Und mich damit heimsandtet zum Zentauren.
ANTIPHOLUS.
Schlingel, du leugnetest des Golds Empfang
Und sprachst von einer Frau mir und von Mahlzeit;
Doch hoff' ich, fühlst du noch, wie mir's gefiel.
DROMIO VON SYRAKUS.
Es freut mich, Euch so aufgeräumt zu sehn;
Was meint Ihr mit dem Scherz? Erzählt mir's, Herr!
ANTIPHOLUS.
Ei, sieh! du höhnst und neckst mich ins Gesicht?
Denkst du, ich scherze? Da! und hier noch eins!
Schlägt ihn.
DROMIO VON SYRAKUS.
Halt, Herr, ich bitt' Euch, Euer Spaß wird Ernst:
Um welchen Handel ernt' ich solches Handgeld?
ANTIPHOLUS.
Weil ich wohl manchmal in Vertraulichkeit
Als meinen Narr'n dich brauch' und mit dir schwatze,
Wird frech dein Scherz, der Freundlichkeit vertrauend,
Und stört durch Marktgeschwätz die ernsten Stunden.
Die muntre Mücke tanz' im Strahl der Sonne,
Doch kriech' in Ritzen, wenn der Glanz sich birgt;
Eh' du mich neckst, betrachte meinen Blick,
Und modle deinen Witz nach meiner Miene,
Sonst schlag' ich die Manier in deine Schanze.
DROMIO VON SYRAKUS. Schanze nennt Ihr's? Wenn Ihr nur mit Sturmlaufen aufhören wolltet, möcht' es lieber Kopf bleiben; und fahrt Ihr noch lange so mit Schlägen fort, so muß ich mir eine Schanze für meinen Kopf anschaffen und ihn einschanzen, oder ich werde meinen Witz in meinen Schultern suchen. Aber mit Vergunst, Herr, warum werd' ich geschlagen?
ANTIPHOLUS. Das weißt du nicht? –
DROMIO VON SYRAKUS. Nichts, Herr, als daß ich geschlagen werde.
ANTIPHOLUS. Soll ich dir sagen, warum?
DROMIO VON SYRAKUS. Ja, Herr, und wofür; denn wie man sagt, hat jedes Warum sein Wofür.
ANTIPHOLUS.
Zuerst, warum? Fürs Necken; dann, wofür?
Weil du's zum zweiten Mal mit mir versuchst.
DROMIO VON SYRAKUS.
So komm' ich ohne Recht und Fug zu solchem barschen Gruß,
Denn Eu'r Warum und Eu'r Wofür hat weder Hand noch Fuß.
Nun gut, ich dank' Euch.
ANTIPHOLUS.
Dankst mir, Freund? Wofür? –
DROMIO VON SYRAKUS. Meiner Treu, Herr, für etwas, das ich für nichts bekam.
ANTIPHOLUS. Ich will's nächstens wieder gut machen und dir nichts für etwas geben. Aber sag mir, Freund, ist es Essenszeit?
DROMIO VON SYRAKUS. Nein, Herr, denn unser Fleisch ist noch nicht, was ich bin.
ANTIPHOLUS. Und was wäre das?
DROMIO VON SYRAKUS. 's ist noch nicht mürbe.
ANTIPHOLUS. Dann wird's also noch hart und trocken sein?
DROMIO VON SYRAKUS. Ja, und wenn das ist, so bitte ich Euch, eßt nicht davon!
ANTIPHOLUS. Dein Grund?
DROMIO VON SYRAKUS. Es möchte Euch cholerisch machen, und Ihr schlügt mich noch einmal.
ANTIPHOLUS. Siehst du? Lerne zu rechter Zeit spaßen; jedes Ding hat seine Zeit.
DROMIO VON SYRAKUS. Den Satz hätte ich wohl geleugnet, ehe Ihr so cholerisch wurdet.
ANTIPHOLUS. Nach welcher Regel?
DROMIO VON SYRAKUS. Nun, nach einer Regel, die so klar ist als die klare kahle Platte des uralten Gottes der Zeit.
ANTIPHOLUS. Laß hören!
DROMIO VON SYRAKUS. Wenn einer von Natur kahl wird, so gibt es keine Zeit für ihn, sein Haar wieder zu bekommen.
ANTIPHOLUS. Auch nicht durch Prozeß und Restitution?
DROMIO VON SYRAKUS. O ja; durch den Prozeß eines Perückenkaufs oder durch die Restauration, die man durch das abgeschnittene Haar eines andern erlangt.
ANTIPHOLUS. Warum ist doch die Zeit ein solcher Knicker mit dem Haar, das sonst ein so reichlicher Auswuchs ist?
DROMIO VON SYRAKUS. Weil's ein Segen ist, mit dem sie das Vieh begabt; was sie dem Menschen an Haar entzieht, das ersetzt sie ihm an Witz.
ANTIPHOLUS. Und doch hat mancher Mensch mehr Haar als Witz.
DROMIO VON SYRAKUS. Kein einziger, der nicht so viel Witz hätte, sein Haar zu verlieren.
ANTIPHOLUS. Du machtest aber den Schluß, starkbehaarte Menschen seien täppische Gesellen ohne Witz?
DROMIO VON SYRAKUS. Je täppischer der Gesell gewesen, desto schneller verliert er's; aber mit dem allen verliert sich's mit einer Art von Lustigkeit.
ANTIPHOLUS. Aus welchem Grund?
DROMIO VON SYRAKUS. Aus zwei Gründen, und gesunden dazu.
ANTIPHOLUS. Gesunden wohl eigentlich nicht!
DROMIO VON SYRAKUS. Oder sichern.
ANTIPHOLUS. Auch nicht sichern, in einer so mißlichen Sache.
DROMIO VON SYRAKUS. Gewissen denn, also.
ANTIPHOLUS. Und die sind?
DROMIO VON SYRAKUS. Der erste, weil er das Geld fürs Haarkräuseln sparen kann; und der zweite, weil ihm beim Essen das Haar nicht in die Suppe fallen wird.
ANTIPHOLUS. Du wolltest alle die Zeit her beweisen, nicht jedes Ding habe seine Zeit.
DROMIO VON SYRAKUS. Nun