Edgar Wallace - Gesammelte Werke. Edgar Wallace

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Edgar Wallace - Gesammelte Werke - Edgar Wallace


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und halb«, erwiderte Manfred, während er am Tisch Platz nahm. »Ich war in der Fleet Street und habe die Berichte der Sportzeitungen durchgesehen.«

      »Wie kommst du denn auf diese Idee?« Gonsalez sah ihn erstaunt an.

      »Zufällig traf ich auch Mr. Fare. Er erzählte mir, daß keine Spur von Gift in dem Körper des Toten gefunden wurde. Die Polizei wird Stephen Tableman heute verhaften.«

      »Das fürchtete ich«, sagte Gonsalez ernst. »Aber warum hast du die Sportzeitungen durchgesehen?«

      Manfred beantwortete die Frage nicht, sondern erzählte weiter.

      »Fare ist davon überzeugt, daß der Mord von Stephen Tableman begangen wurde. Er nimmt an, daß die beiden eine heftige Auseinandersetzung hatten, daß Stephen seine Selbstbeherrschung verlor und seinen Vater erwürgte. Scheinbar ergab die Untersuchung der Leiche, daß die Kehle des Professors mit außerordentlicher Gewalt zugedrückt wurde. Alle Blutgefäße am Hals sind zusammengepreßt. Fare sagte mir auch, daß die Ärzte zuerst Vergiftung annahmen. Aber es wurde nicht, die geringste Spur von Gift entdeckt. Die Ärzte erklären, daß ein Gift, das den Tod unter derartigen Symptomen hervorruft, bisher vollständig unbekannt ist. Stephen Tableman ist schwer belastet, weil er sich in den letzten Monaten intensiv mit dem Studium geheimer Gifte beschäftigt hat.«

      Gonsalez lehnte sich in seinen Stuhl zurück und steckte die Hände in die Taschen.

      »Ob er nun diesen Mord begangen hat oder nicht«, sagte er nach einer Weile, »sicher wird er früher oder später zum Mörder werden. Ich erinnere mich an einen Arzt in Barcelona, der die gleichen Zähne hatte. Er war ein guter Christ, ein allgemein bekannter Mann, Junggeselle, hatte viel Geld. Es lag für ihn nicht der geringste Grund vor, zu morden, und doch beging er dieses Verbrechen. Er tötete einen Kollegen, der ihm drohte, einen Irrtum aufzudecken, den er bei einer Operation gemacht hatte. Ich kann dir nur sagen, George, wenn ein Mann solche Zähne hat –« Er machte eine Pause und legte die Stirn in Falten. »Ich werde Fare um die Erlaubnis bitten, daß ich einige Stunden allein in Tablemans Laboratorium zubringen darf.«

      »Warum denn?« begann Manfred, aber er unterbrach sich selbst. »Aber du wirst natürlich schon Grund dafür haben, Leon. Im allgemeinen fällt es mir ja nicht schwer, solche Rätsel zu lösen, aber diesmal bin ich doch etwas verwirrt. Ich glaube übrigens, daß du das Geheimnis bereits erraten hast. Nur sind gewisse Nebenumstände bei diesem Verbrechen außerordentlich verblüffend. Warum hat der alte Mann zum Beispiel die dicken Handschuhe angehabt?«

      Gonsalez sprang plötzlich auf, seine Augen leuchteten.

      »Was für ein Narr bin ich doch, daß ich das nicht gesehen habe! George, bist du sicher? Hatte er dicke Handschuhe an?« fragte er begierig.

      Manfred nickte und lächelte über die Erregung seines Freundes.

      »Nun habe ich es!« Gonsalez schnippte mit den Fingern. »Ich wußte doch, daß noch irgendein Irrtum in meiner Theorie war. Waren es dicke, wollene Handschuhe?« Plötzlich wurde er nachdenklich. »Ich bin nur neugierig, wie, zum Teufel, er den alten Mann dazu bringen konnte, sie anzuziehen?« sagte er halb zu sich selbst.

      Mr. Fare gewährte Leons Bitte gern, und die beiden Freunde gingen zum Laboratorium, wo sie von John Munsey erwartet wurden.

      »Ich entdeckte die Brille neben dem Bett meines Onkels«, sagte er gleich, als Gonsalez eintrat.

      »Ach ja, die Brille«, erwiderte Leon zerstreut. »Kann ich sie vielleicht einmal sehen?« Er nahm sie in die Hand. »Ihr Onkel war aber sehr kurzsichtig. Ich bin erstaunt, daß er sie nicht immer bei sich trug.«

      »Ich glaube, er ging in sein Schlafzimmer, um sich umzukleiden, wie er es gewöhnlich nach dem Abendessen tat«, erklärte Mr. Munsey. »Er hat sie dann wohl dort liegenlassen. Gewöhnlich hat er im Laboratorium ein Reserveglas. Aber aus dem einen oder anderen Grunde scheint er es nicht aufgesetzt zu haben. Möchten Sie allein im Laboratorium bleiben?«

      »Ja, das war meine Absicht«, entgegnete Leon. »Vielleicht sind Sie so liebenswürdig, meinen Freund zu unterhalten, während ich mich umsehe?«

      Als die beiden gegangen waren, schloß er die Verbindungstür zwischen dem Laboratorium und dem Haus und suchte dann nach der Brille, die der alte Professor trug, wenn er an der Arbeit war.

      Merkwürdigerweise ging er gerade auf die Stelle zu, wo sie lag – er fand sie in einem großen Aschenkasten, der neben der Treppe stand, die zu dem Laboratorium führte. Es waren nur Scherben zu sehen, auch die Horneinfassung war an zwei Stellen gebrochen. Leon sammelte die Stücke auf, trüg sie in das Laboratorium und legte sie auf den Tisch. Dann ging er ans Telefon und sprach gleich darauf mit Stephen Tableman.

      »Natürlich«, erwiderte der junge Mann erstaunt. »Mein Vater trug seine Brille während unserer ganzen Unterhaltung.«

      »Ich danke Ihnen, mehr wollte ich nicht wissen.« Gonsalez hängte den Hörer wieder an.

      Er trat zu einem der vielen Apparate, die in einer Ecke des Raumes standen, und arbeitete eineinhalb Stunden lang angestrengt. Dann ging er wieder zum Telefon. Als noch eine halbe Stunde vergangen war, zog er ein paar dicke, wollene Handschuhe aus seiner Tasche, schloß die Tür auf, die zum Haus führte, und rief Manfred.

      »Bitte auch Mr. Munsey, hereinzukommen«, sagte er.

      »Ihr Freund interessiert sich wohl sehr für die Wissenschaft«, meinte dieser, als er Manfred begleitete.

      »Ich glaube, er ist einer der klügsten Männer auf seinem Spezialgebiet«, erwiderte Manfred.

      Er trat vor Munsey in das Laboratorium. Zu seinem Erstaunen stand Gonsalez in der Nähe des Tisches und hielt ein kleines Likörglas in der Hand, das mit einer fast farblosen Flüssigkeit gefüllt war. Es war nur eine schwache, blaue Färbung wahrzunehmen, und auf der Oberfläche der Flüssigkeit lag ein schwacher Dunst. Manfred schaute seinen Freund an, der dicke, wollene Handschuhe angezogen hatte.

      »Haben Sie Ihre Nachforschungen beendet?« fragte Mr. Munsey lächelnd, als er hinter Manfred eintrat. Als er aber Leon sah, erstarb das Lächeln auf seinen Zügen. Sein Gesicht erschien plötzlich hager und eingefallen, seine Augen lagen tief, und er atmete nur mit Mühe.

      »Wollen Sie nicht einen kleinen Schluck aus diesem Glas nehmen, mein lieber Freund?« fragte Leon liebenswürdig. »Ein wunderbares Getränk. Sie könnten es mit irgendeinem alten Likör verwechseln – besonders wenn Sie ein kurzsichtiger, zerstreuter Gelehrter sind, dem jemand die Brille weggenommen hat.«

      »Was meinen Sie?« fragte Munsey heiser. »Ich – ich verstehe Sie nicht.«

      »Ich versichere Ihnen, daß dies ein ganz unschädliches Getränk ist, es enthält nicht das geringste Gift – es ist so rein wie die Luft, die Sie atmen.«

      »Verdammt!« schrie Munsey. Aber bevor er auf den Mann losspringen konnte, der ihn so höhnisch anredete, hatte ihn Manfred gepackt und zu Boden geworfen.

      »Ich habe an den ausgezeichneten Mr. Fare telefoniert, er wird gleich hier sein, ebenso Mr. Stephen Tableman. Ah, da sind sie schon.«

      Es hatte geklopft.

      »Willst du bitte öffnen, George? Ich glaube nicht, daß sich unser Freund hier rühren wird. Und wenn er es doch versuchen sollte, werde ich ihm den Inhalt dieses Glases ins Gesicht schütten.«

      Mr. Fare trat ein, Stephen Tableman und ein anderer Beamter von Scotland Yard folgten ihm.

      »Hier übergebe ich Ihnen Ihren Gefangenen, Mr. Fare«, sagte Gonsalez. »Und hier zeige ich Ihnen das Mittel, mit dem Mr. Munsey den Tod seines Onkels herbeiführte. Er wurde vermutlich durch die Aussöhnung seines Onkels mit Mr. Stephen Tableman zu der Tat getrieben. Er hatte es so gut einzurichten verstanden, daß das Testament zu seinen Gunsten geändert wurde – und nun war all seine Mühe vergeblich gewesen.«

      »Das ist eine Lüge«, stieß John Munsey hervor. »Ich habe nur für dich gearbeitet – das weißt du doch am besten, Stephen. Ich tat alles, was in meinen Kräften stand –«

      »Auch


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