Wandlerin zwischen den Welten. Bianca Wörter
Читать онлайн книгу."Er hätte dich nicht verletzen dürfen. Er kann dich eigentlich gar nicht verletzen. Das bereitet mir Angst."
Ich kombinierte: "Klar. Ihr seid ja nicht in Wirklichkeit hier. Ihr könnt hier niemanden verletzen und wir können euch nicht verletzen, wenn wir Menschen in eurer Welt sind - wenn wir träumen."
Yan nickte: "Ja. In unserem gegenseitigen Besuch sind wir zwar stofflich, können berühren und berührt werden, aber wir können nie Schaden zufügen oder zugefügt bekommen."
Ich überlegte weiter: "Was, wenn ihr durch irgendeinen Zufall wie der Sohn von diesem Parim mit dem Körper hierher gekommen seid? Wenn ihr nun nicht mehr zurück könnt? Hier...gefangen seid?"
Yan wurde bleich im Gesicht: "Das hoffe ich nicht. Aber das glaube ich auch nicht. Das würden wir doch fühlen müssen und es fühlt sich nicht anders an, wie die Male zuvor..."
Ich gab ihnen zu Bedenken: "Ihr habt es aber auch nie mitgemacht. Daher könnt ihr auch wissen, wie es sich anfühlt ganz hierher zu kommen."
Ich wandte mich von den Dreien ab, rieb meinen Hals, der an der kleinen Bissstelle etwas pochte, lief herüber zum Pool, stieg hinein und tauchte in dem herrlich frischen Wasser unter, um einen freien Kopf zu bekommen. Ich tauchte wieder auf und vernahm das gedämpfte Gemurmel der Männer. Ich versank in meinen Gedanken und schwamm ein paar Bahnen, aber da ich mir auf das Gehörte keinen Reim machen konnte, gab ich es auf und stieg wieder aus dem Pool. Die ganze Geschichte klang so unglaublich, dass ich überzeugt davon war, dass sie der Wahrheit entsprach. Und schon wieder hatte ich einen Traummann gefunden, musste aber feststellen, dass er wirklich nur in meinem Traum existierte. Zwar aus einer Welt, die real, aber so weit entfernt war, dass sie auch nur einem Traum hätte entspringen können. Ich seufzte. Ich griff mir mein Handtuch, das auf der Liege neben dem Pool lag, trocknete mein Gesicht kurz ab, rubbelte mein Haar durch, lief zu den Männer und setzte mich.
Neugierig blickte ich David an, der wieder seine menschliche Gestalt angenommen hatte und fragte: "Kannst du deine Gestalt wechseln, wann du willst? Kannst du, wie ein Vampir, auch einen Menschen in einen 'Symbionten' verwandeln?"
"Ich kann meine Gestalt immer wechseln, wann ich will. Und ja, ich könnte einen Symbionten aus dir machen."
Ich richtete mich auf: "Kann ich dann auch fliegen?"
David lachte: "Ja, könntest du."
Ich lehnte mich wieder zurück: "Und wie könntest du mich zu einem Symbionten machen?"
David beugte sich zu mir herüber: "Ich hatte vorhin, als ich dich geküsst hatte, ein sehr starkes Verlangen nach dir. Deswegen habe ich mich auch in meine Symbiontengestalt verwandelt, ohne dass es mir bewusst war. Wenn wir gegenseitig ein wenig Blut von uns getrunken hätten, dann hätten wir den Grundstein für deine Verwandlung gelegt."
Yan fuhr uns dazwischen: "David, hör endlich auf damit. Wir haben schon genug Probleme. Alena wird kein Symbiont und fertig!"
Ich musste auf einmal fürchterlich lachen. Ich konnte und konnte nicht mehr damit aufhören. Ich fand es plötzlich lustig, dass wir hier saßen, von zwei Welten in jeweils anderen Dimensionen redeten, von Verwandlungen in vampirähnliche Wesen und scheinbar auch noch alle daran glaubten! Ich betastete meine kleine Wunde am Hals und wusste, dass es die Realität war, die ich gerade erlebte.
Es war die Wahrheit!
Ich hörte mit Mühe auf zu lachen und trank noch einen Schluck Wein, dann blickte ich entspannt in die Runde und meinte: "Was nun?"
David sah Yan an: "Wir müssen zurück und einige Fragen stellen."
Yan blickte auf den Tisch: "Aber nur einer könnte uns helfen, und der wird nicht sehr glücklich sein."
David nickte: "Ja, das wird er nicht."
Ich war neugierig: "Wer könnte euch helfen? Ein Zaubermeister?"
Beide blickten mich ernst an und David erklärte: "Ja. Eine Art Zaubermeister. Er heißt Xamor und wohnt in unserer Stadt."
Ich sah ihm in die Augen: "Wieso wird er nicht sehr glücklich über eure Fragen sein?"
Yan lachte, aber es klang nicht fröhlich: "Er hatte uns gewarnt. Er wusste von unseren nächtlichen Ausflügen auf die Erde und befürchtete Nebenwirkungen."
"Welcher Art?", wollte ich wissen.
"Er war der Meinung, dass der Durchgang von unserer Welt zur Erde durch häufiges Durchqueren erweitert wird. Die Folgen sind seiner Meinung nach nicht abzuschätzen. Aber eine mögliche Folge könnten wir heute erlebt haben. Dass wir hier schon zu sehr Wirklichkeit sind, dass wir die Menschen verletzen können."
Ich verstand: "Wie wollt ihr jetzt zurück? Ihr schlaft in eurer Welt, wie wollt ihr aufwachen?"
Yan lachte: "Das ist nicht schwer. Wir wissen schließlich, dass dies hier ein Traum ist, also bringen wir unseren Körper dazu aufzuwachen. Wir haben das schon so oft gemacht, da dürfte es uns nicht schwerfallen."
Ich mahnte: "Bis auf die Tatsache, dass David heute seine Symbiontengestalt annehmen und mich verletzen konnte."
Wir blickten betrübt auf den Tisch. Yan und David standen auf.
David lächelte bitter: "Vielleicht dürfen wir nie wieder hierher kommen."
Ralf stand auf: "Das ist doch noch gar nicht sicher. Redet mit Xamor. Vielleicht hat er eine Idee, was heute geschehen ist."
Beide Männer aus der anderen Welt schienen nicht überzeugt.
Yan ging auf Ralf zu und sagte: "Wir danken dir für alles, was du für uns getan hast. Wenn wir nicht mehr zurückkommen können, werden wir dich nie vergessen. Pass gut auf Alena auf!"
Auch David ging zu Ralf, nahm ihn in die Arme und verabschiedete sich so, als ob er nie wieder kommen würde.
Yan wandte sich mir zu: "Ralf ist ein besserer Partner für dich, er wird wenigstens immer hier sein."
David blieb ganz ruhig und horchte in sich hinein.
Plötzlich bewegte er sich, packte Yan am Arm und sagte aufgeregt: "Ich hab ein komisches Gefühl, wir sollten uns beeilen! Alena, darf ich dich nochmal küssen?"
Ich nahm ihn in die Arme: "Aber pass auf deine Zähne auf!"
Er erwiderte die Umarmung und küsste mich sanft. Nach diesem kurzen Kuss gingen sie außer Sichtweite und fast meinte ich zu spüren, dass sie nicht mehr auf der Erde weilten.
Als die beiden weg waren, herrschte zwischen Ralf und mir ein betretenes Schweigen. Ich schenkte mir erneut ein Glas Wein ein, nippte kurz daran, zündete mir eine Zigarette an und als ich einen tiefen Zug genommen hatte, spürte ich Ralfs Hand, die sich auf meinen Arm legte. Ich war so betroffen über das plötzliche Ende dieses Tages. Ich fühlte mich benommen.
Da lernte ich zwei wunderbare Männer kennen, die aus einer anderen Welt stammen und kaum offenbart sich mir das Geheimnis, das dahinter steht, schon ist es zu ende. Das war pure Ironie!
Ich war den Tränen nahe und konnte doch nicht ganz beschreiben, warum mir das so nahe ging. Ich hätte glücklich sein sollen, dass ich so etwas erleben durfte, aber ich war traurig, denn ich hatte ganz tief in meinem Inneren das bittere Gefühl, dass die Geschichte so nicht hätte enden dürfen.
Ich schloss die Augen, versuchte meine in mir brennenden Tränen zu ersticken und als ich mir sicher war, dass ich nicht weinen würde, öffnete ich die Augen wieder, drehte meinen Kopf und blickte Ralf an: "Ich vermisse die beiden. Hoffentlich finden sie einen Weg um zu uns zurück zu kommen."
Ralf musterte mich neugierig: "Glaubst du an das, was wir dir heute Abend erzählt haben?"
Ich lächelte: "Ich glaube es, aber es kommt mir trotzdem wie ein Traum vor."
Ralf lächelte zurück: "Es ist keiner. Es hat mich am Anfang wahnsinnig gemacht, als ich versuchte darüber nachzudenken, versuchte zu begreifen. Aber wenn man einfach seinen Bauch, sein Herz fragt, dann fällt es sehr leicht. Weißt du, wenn sie hier waren, hatten sie immer Zeit.