Кавказ и Чечня – обзор европейских ученых. Caucasus and Chechnya – a review of European scientists. Муслим Махмедгириевич Мурдалов
Читать онлайн книгу.die sich der Strafe für irgend welche Vergehen entziehen wollten.
Man wird vor allem auch annehmen müssen, daß die Tschetschenen bei ihrem Vordringen nach O in ein z. T. wenigstens schon besiedeltes Gebiet kamen. Vielleicht wohnten schon daghestanische Stämme dort. Laudajew erwähnt jedenfalls ausdrücklich (S. 11 u. 12), daß das Land awarischen Chanen gehört hätte, von deren Zinsherrschaft die Tschetschenen sich erst im Laufe der Zeit freigemacht hätten, zumal die Aucher. Auch heute noch wohnt der awarische Stamm der Salauter am Nordlang der Andischen Kette; jedoch nur in einem etwa 30 km breiten Streifen westlich des Ssulak; westlich des Aktasch wohnen nur Tschetschenen.
Die Volkszahl der Tschetschenen dürfte also früher viel geringer gewesen sein als heute, und damit auch ihre politische Bedeutung.
In der Ssunscha-Ebene wohnten vor den Tschetschenen auch schon Russen. Semenow schreibt ausdrücklich S. 206: «Aus vielen Anzeichen geht zweifelsfrei hervor, daß seit der Mitte des 16. Jahrhunderts auf tschetschenischem Gebiete auch orthodoxe Russen siedelten». Als dieselben, wohl aus Sicherheitsgründen, sich hinter den Terek zurückzogen, folgten die Tschetschenen nach. Eine Vermischung mit ihnen erfolgte jedenfalls nicht.
Beim Vordringen in die Ebene hatten die Tschetschenen Reibereien mit den Kalmüken, teilweise auch – im W – mit den Kabardinern. Von einer Verschmelzung mit jenen istnichts verlautet. Rein mongolische Merkmale habe ich z. B. unter den Tschetschenen nicht beobachtet.
Die Kurgane schreiben sie einem Volke Ani zu, das einst in der Ebene gewohnt haben soll. Der Name des Feldes Ani-irsau südwestlich Urus-Martan erinnert daran. (G. A. Wertepow, Lit. Verz. 41, S. 11—21).
Während bischer nur die Rede von der Aufnahme fremder Volksbestandteiledurch die Tschetschenen war, so sei hier auch ein Fall erwähnt, in dem sie ihrerseits in Nachbarvölkern aufgegangen sind. So wurde mir die interessante Tatsache erzählt, daß ein beträchtlicher Teil der Bewohner der Stanize Tscherwljonaja am Terek von Tschetschenen des Itschkerischen Dorfes Guni abstamme, die jetzt aber vollkommen russifiziert und echte Kosaken geworden wären. Diese Tatsache beweist aufs neue, wie nachhaltig der Einfluß der Kaukasusvölker auf die Kosaken gewesen ist, nicht nur in Lebensweise, Kleidung und allgemeiner Geistesrichtung, sondern auch durch Blutmischung. Die erwähnten Tschetschenen sollen einst zu den Kosaken geflüchtet sein, um der Bekehrung zum Islam zu entgehen.
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Hierzu sei noch bemerkt, daß die Einteilung der Ausbreitungsgeschichte der Tschetschennen in drei Perioden von mir stammt. In den erwähnten Veröffentlichungen ist sie aber ohne weiteres gegeben und auch in Anbetracht der vorhandenen Zeitngaben erscheint sie mir berechtigt und vor allem geeignet, einen besseren Überblick über die Entwicklung zu bieten.
Entscheidend für die Geschicke des tschetschenischen Volkes wird dann die Bekehrung zum Islam, die im 18. Jahrhundert vom Daghestan aus begann, wo er schon im 8. Jahrhundert durch die Araber hingebracht worden war, wenn auch die völlige Islamisierung, besonders des Nordwestens, sicher erst viel später abgeschlossen war. Die Tschetschenen gerieten dadurch auch unter den Einfluß des Müridismus, im besonderen Schamils, der ihre völlige Bekehrung dann durchführte. Teils freiwillig, teils gezwungen durch die Despotie Schamils, nahmen sie an den erbitterten Kämpfen gegen die Russen teil, die um die Mitte des vorigen Jahrhunders mit ihrer Unterwerfung endeten. Eine starke mohammedanische Bewegung ging noch einmal nach dem Zusammenbruch des Zarenreiches durch das Land, als, wie schon erwähnt, der Tschetschene Dischninski das Nordkaukasische Emirat gründete, in dem ich selbst tätig war. Emir war ein Aware Usun-Hadschi, ein wie ein Heiliger verehrter Greis; Dischninski nannte sich pompös Großwesir. Man wollte die Zeit des in den Bergen unvergessen Schamil wieder erneuern und kämpfte gegen die Kosaken. Die Sowjets beseitigten dieses Emirat bald wieder, ermordeten den ihnen infolge seiner Begabung unbequemen Dischninski und errichteten 1923 das Autonome Gebiet der Tschetschenen.
D) Anthropologische Beobachtungen
Das tschetschenische Volk ist rassisch genau so wenig einheitlich wie irgend ein anderes. Ebenso aber wie bei den meisten Völkern ein bestimmter Typ herausgebildet wird, der als die charakteristische körperliche Erscheinungsform empfunden wird, so auch bei den Tschetschenen. Und zwar zählt dieser unstreitig zur vorderasiatischen Rasse. Die Tschetschenen machen darin keine Ausnahme von den übrigen kaukasischen Völkern, deren anthropologischer Grundstock ebenfalls von dieser Rasse gebildet wird. Deren Merkmale sind bekannt. Es handelt sich also um mittel- bis großwüchsige kräftige Menschen mit kurzem, steilem Kopf, starker Adlernase und gewöhnlich dunklem Haar und Augen.
Man muß jedoch auch innerhalb der hellen nordwesteuropäischen Rasse z. B. schon getan hat. Innerhalb der mir näher bekannten Völker mit vorderasiatischer Rassengrundlage – den Nordarmeniern, Ostgeorgiern mit Pschawen und Chewsuren, aserbeidschaner Tataren, einer Reihe daghestanischer Völker, Inguschen und in geringerem Maße Kumüken und Osseten – habe ich jedenfalls sehr deutlich unterschiedene Schläge dieser Rassen geglaubt feststellen zu können.
Um den tschetschenischen Vorderasiaten zu kennzeichnen, möchte ich mich zunächst negativ ausdrücken. Sein Profil hat nicht die übertriebene vorderasiatische Form, wie sie etwa bei den Armeniern so häufig beobachtet werden kann. Ein derartiges Profil, etwa wie das des von v. Luschan aufgenommenen Armeniers, um ein bekanntes, in viele rassenkundliche Bücher übergegangenes Bild zum Vergleich heranzuziehen, kommt bei den Tschetschenen überhaupt nicht vor. Freilich ist es auch nach meinen Beobachtungen unter den Armeniern durchaus eine Seltenheit. Der von mir aufgenommene Tschetschene, Abb. 5 und 6 rechts, dürfte innerhalb seines Volkes wohl das Extrem an vorderasiatischer Gesichtsbildung darstellen. Den tschetschenischen Normaltypus zeigt etwa Abb. 7. Es ist also ein durchaus gemildertes vorderasiatisches Profil mit zwar großer, doch mäßig geschwungener und nicht fleischiger Nase und mit leidlich gebildetem Kinn, letzteres besonders im Gegensatz zu Abb. 5, auf der, wie allgemein bei ausgesprochen vorderasiatischen Profilen, das Kinn weiter zurücktritt und flacher ausgebildet ist, als es unserem Schönheitssinne entspricht. Das Profil Abb. 7 wirkt nicht auffällig, sondern ausgeglichen und gefällt durch seinen Schwung und kühnen großen Schnitt. Auch der rechts sitzende Mann auf Abb. 8 ist ein guter Vertreter hierfür. Sein Gesicht wird man ohne Einschränkung als männlich schön bezeichnen können. Die Gesichter sind durchaus häufig, die an das Raubvogelhafte des vorderasiatischen Typs kaum noch erinnern, sondern eine fast gerade und schmale Nase haben und bei denen nur der kurze, steile Schädel des vorderasiatische Erbe andeutet. Diese ebenmäßigen Gesichter sind es, die den alten Ruhm kaukasischer Schönheit begründet und seiner Zeit wohl auch Blumenbach u. a. veranlaßt haben, seinen Begriff der kaukasischen Rasse aufzustellen. Man hat früher, besonders zur Zeit der kaukasischen Kriege, als Bodenstedt im Kaukasus weilte, die Kaukasusvölker zu sehr idealisiert, insbesondere ihre körperliche Schönheit vielleicht über Gebühr gerühmt. Später ist man in den umgekehrten Fehler einer allzu nüchterne Betrachtungsweise verfallen. Irreführend wirken hierbei oft Veröffentlichungen anthropologischer Aufnahmen, bei danen naturgemäß gern extreme Typen ausgewählt werden. Das gilt z. B. von dem in Günthers Rassenkunde veröffentlichen Bilde eines Imeretiners aus Kutais, das wohl einen der häßlichsten Männer darstellt, die in dieser Stadt zu finden waren. Demgegenüber muß wieder einmal betont werden, daß die Kaukasusvölker und unter ihnen besonders die Nordkaukasier an körperlicher Schönheit ihre Nachbarvölker auf jeden Fall übertreffen. Man braucht sich nur einmal von Rostow her dem Kaukasus zu nähern und man wird beobachten können, wie sich auf den Stationen die reinen Kaukasiergesichter mit ihren großen und geraden Zügen aus der Masse der unklareren russischen Physiognomien herausheben.
Was den Körperbau anbelangt, so fand ich bei Armeniern, Ostgeorgien, Chewsuren und Daghestanern in der Hauptsache mittelgroße, kräftige Gestalten, oft weniger schlank als untersetzt, auf keinen Fall großwüchsig; stellenweise ist der Menschenschlang ausgesprochen klein, wie in manchen Gebieten Daghestans, z. B. Kasikumuch, Gumbet. Ihnen gegenüber fallen die Tschetschenen entschieden durch höheren Wuchs auf. Man braucht nur einmal vom letzten Chewsurendorf Schatil nach dem Kistendorf Dscharego zu wandern und man staunt gerazedu über den plötzlichen anthropologischen Wechsel: bei den Chewsuren robuste, breite Gestalten, bei den Kisten hochgewachsene, schlanke, ja elegante Erscheinungen. Diese Beobachtung wird mir bestätigt durch die Berichte Radde’s. (Lit. Verz. 36).
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